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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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reflexartiges Lächeln, ein Lächeln für jeden Anlass, um Wut, Verletzungen, Freude oder Hoffnung auszudrücken, um vor den Medien den Aufgeräumten zu geben oder um sich bei seinen Vorgesetzten einzuschmeicheln, und mitunter drückte es überhaupt nichts aus. Zwar hatte der andere Typ die .38er, aber der hier, auf den musste Niekirk ein Auge haben.
    »Was für Dinge?«
    Wieder dieses Lächeln. »Dies und das. Dinge, die abhanden gekommen sind.«
    Die Stimme kam tief aus der Brust, ein sonorer Bariton, der sich gern selbst reden hörte. Niekirk sagte: »Ich habe das Recht auf einen Telefonanruf.«
    Der Mann stand auf. Er war groß, bereits etwas älter und wirkte ein wenig steif. Mit einer übertriebenen Geste seiner langen, wohl geformten Hand wies er auf das Telefon neben dem Bett.
    »Tun Sie sich keinen Zwang an.«
    Niekirk hatte die Nummer im Kopf, die er anrufen sollte, wenn ihn die hiesigen Bullen schnappten. Er stand mehr, als dass er auf dem Bett saß, mit dem Gesicht zum Zimmer und das Telefonkabel ungeschickt quer über der Brust. Er wartete auf das Freizeichen und hämmerte die Nummer in die Tasten. Sofort vernahm er das Rufzeichen in der Leitung und gleichzeitig ein sanftes Summen im Zimmer. Lächelnd fischte der elegante, ältere Mann ein kleines schwarzes Mobiltelefon aus der Tasche.
    Niekirk legte den Hörer auf. »Sie sind derjenige, welcher?«
    Das asketische Gesicht blieb bei seinem Lächeln. »Dem muss wohl so sein.«
    »Haben Sie auch einen Namen?«
    Für einen Moment der Überlegung verschwand das Lächeln. »Springett.«
    »Sie haben doch einen Dienstgrad«, hakte Niekirk nach.
    Das Lächeln kehrte zurück. »Inspector.«
    »Wer ist der Cowboy an der Tür?«
    »Lillecrapp.«
    »Ist nicht wahr!«
    »Ein Zungenbrecher. Setzen Sie sich. Aufs Bett.«
    Niekirk fügte sich. Springett zog es vor, stehen zu bleiben, jedes Haar an seinem Platz, einen perfekten Knoten in der leuchtenden, wirr gemusterten Krawatte unter seinem Kinn. Der Anzug war dunkel, das Hemd blütenweiß.
    »Welche Dinge sollen abhanden gekommen sein?«
    »Denken Sie mal an Ihren ersten Coup, den Bankraub im Februar.«
    »Und weiter?«
    »Sie erinnern sich an den kleinen, mit Diamanten besetzten Schmetterling aus Gold?«
    »Halten Sie mich für einen Banausen? Ich weiß, dass er von Tiffany war.«
    »Genau, von Tiffany. Nun, er ist wieder aufgetaucht.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich habe gestern Nachmittag erfahren, dass ein kleiner Gauner versucht, das Stück an den Mann zu bringen, und zwar hier in Melbourne.«
    Niekirks Gedanken überschlugen sich. Dass Riggs und Mansell etwas aus den Schließfächern eingesteckt haben könnten, war unmöglich, schließlich hatte er alles eigenhändig eingepackt. Sie konnten es auch nicht in der Gasse hinter dem Gebäude verloren haben. Und es war mehr als unwahrscheinlich, dass es zwei Schmetterlinge gegeben hatte. De Lisle war nicht so dumm und bot das Stück einem drittklassigen Hehler an. »Der Kurier«, sagte er.
    »Ich frage mich gerade, woher ich gewusst habe, dass Sie das sagen würden«, bemerkte Springett.
    »Ich habe den Transport abgewickelt. Weder meine Männer noch ich haben das Schmuckstück mitgehen lassen.«
    Springett ließ ihn nicht aus den Augen. Er war auf der Hut, misstrauisch, ungeachtet seines Lächelns. »Sie scheinen sich dessen ziemlich sicher zu sein.«
    »Verdammt, ich bin mir sicher. Ich würde den Kurier überprüfen.«
    Springett schwieg eine Weile, als wäge er die verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander ab. »Ich nehme an, Sie kennen einen Mann namens De Lisle?«
    Niekirk nickte. »Da kommen wir der Sache ja schon näher. Ja, ich kenne ihn.«
    »Das dachte ich mir. De Lisles Unternehmung funktioniert nach einem Schema, das Ihren Beitrag von meinem trennt und unser beider Beitrag von dem des Kuriers, quasi ein Stromkreislauf mit Sicherungen, für den Fall, dass einer von uns einen Fehler macht. Doch was geschieht, wenn einer von uns im Alleingang agiert? Sie verstehen, was ich meine?«
    Niekirk musterte ihn. »Es gefällt Ihnen nicht, wenn die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Mir geht’s genauso. Mir gefällt vor allem nicht, dass Sie meinen Namen kannten, ich aber nicht Ihren. Hat De Lisle Ihnen meinen Namen genannt?«
    »Ich habe darauf bestanden. Falls irgendetwas passiert und es darum geht, etwas zu vertuschen, muss ich schließlich vorbereitet sein ... wenn Ihr Name zum Beispiel in einem Festnahmeprotokoll genannt wird.«
    »Na wunderbar!

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