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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Hand zu behalten, an denen er hatte zappeln und Risiken eingehen müssen, die er niemals hätte eingehen sollen. Er verfügte über genügend Geld, um davon leben zu können, niemand in Tasmanien hatte eine Ahnung, wer er war, und hatte er erst einmal seine Schuld bei Jardine beglichen, konnte er sich aus dieser Art Leben loskaufen.
    Gegen fünf Uhr am Nachmittag überquerte er den Derwent. Der Verkehr staute sich, doch das war nichts Besonderes in Hobart. Er fuhr einem Minibus hinterher, vorbei an den Rasenflächen vor dem Regierungsgebäude und schlängelte sich anschließend durch die Straßen der Innenstadt. Morgen würde er hierher zurückkommen, in die Innenstadt, sich einen Zahnarzt mit kleiner, aber frequentierter Praxis suchen und seinen Zahn behandeln lassen. Im Licht dieser Stunde, der letzten, bevor die Sonne hinter dem Mt. Wellington verschwände, erhoben sich die alten Sandsteingebäude warm und weich, überzogen von einem sanften Leuchten. Links unten sah Wyatt dieselben Masten im Yachthafen, dieselbe Mahnwache der Holzarbeiter vor dem Parlamentsgebäude. Er fuhr eine Steigung hoch, schlängelte sich nach oben und bog links ab nach Battery Point.
    Der Wohnblock in Battery Point war ein dreigeschossiger Sechziger-Jahre-Bau aus beigefarbenem Backstein mit Hanglage und Blick auf den Derwent. Touristen, Umweltschützer und Leute, die auf dem Hügel dahinter wohnten, waren der Meinung, das Gebäude sei ein Schandfleck in der Landschaft, aber den Mietern gefiel es, mit Blick auf das Wasser und den Berg zu leben. Wyatt hatte für ein Jahr eine Wohnung im Erdgeschoss gemietet — im Erdgeschoss, um schnellstmöglich die Flucht antreten zu können, sollte jemand in der Absicht, ihn zu verhaften oder zu töten, hier herumschnüffeln. Die Miete war niedrig, er konnte unbehelligt seiner Wege gehen, die Nachbarn kümmerten sich nicht um ihn. Es gab niemanden, dem es auffiel oder der sich den Kopf darüber zerbrach, wenn Wyatt für einen Tag, eine Woche oder einen Monat verschwand. Es kam keine Post, das Telefon klingelte nie und kein interessierter oder neugieriger Blick musterte ihn. Sollte jedoch irgendetwas in der Art geschehen, gäbe Wyatt Fersengeld, sofort.

    ZWÖLF

    Zwei Wochen nach seinem Zusammentreffen mit Springett war Niekirk wieder in Melbourne. Riggs traf am Abend ein, Mansell am darauf folgenden Morgen. Beide hatten sich einen Tag freigenommen. Es gehörte inzwischen zu ihren Prinzipien, niemals gemeinsam zu fliegen. Treffpunkt war ein Motelzimmer in der St. Kilda Road, und Niekirk musste erst einmal warten, bis Mansell sich über seinen Flug ausgelassen hatte. Wie die meisten Menschen war auch Mansell Konventionen unterworfen, die ihn zwangen, zuerst einige Minuten mit Floskeln zu verplempern, um sich dann der eigentlichen Arbeit zuzuwenden.
    Als Mansell fertig war, meldete sich Riggs zu Wort. »Worum geht’s diesmal?«
    Wortlos breitete Niekirk Grundrisse, Fotos, den Plan einer Alarmanlage und eine Seite aus einem Stadtplan auf dem Doppelbett aus. Mansell bückte sich, um nach einem Foto zu greifen, richtete sich stöhnend auf, bog den Rücken durch — er zog eine regelrechte Show ab.
    Riggs, unerschütterlich und kompakt wie ein Felsbrocken, ging hinüber zum Bett, um das Material zu sichten. »Ein Juwelenraub?«
    Mansell sah sich noch einmal das Foto an. »Wunderschöne Klunkern.«
    Niekirk nahm eine zweite Fotografie vom Bett auf, es war die einer Halskette; Weißgold, das das Licht sanft einfing, Smaragde, Rubine und Saphire, die sich klar und deutlich vom Weißgold abhoben, funkelnd wie Eissplitter in der Morgensonne. »Die Asahi-Sammlung«, sagte er, »eine Leihgabe aus Japan.«
    Wollte man den Zeitungen glauben, lag der Wert bei siebenhundertfünfzigtausend Dollar. Niekirk hatte überschlagen, was für ihn dabei herausspränge, wenn er versuchte, die Steine selbst an den Mann zu bringen. Zehn Cent pro Dollar? Er wusste, er würde das nicht tun. Es gab niemanden, dem er trauen konnte, und De Lisle hatte einen langen Arm.
    Niekirk beobachtete Riggs und Mansell. Riggs beschäftigte sich gerade mit den Grundrissen, und zwar derart intensiv, als sei er derjenige, der den Raub von A bis Z plane. Er hatte ruhige, geschickte Hände mit langgliedrigen Fingern, trug graue Cordhosen, ein kariertes Hemd und darüber einen dicken Troyer. Er hätte alles sein können — Dieb, Cop, Automechaniker —, doch in jedem Fall jemand, der Ruhe bewahrte und immer bereit war, aber auch jemand, der unberechenbar

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