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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Lillecrapp war von Nutzen gewesen, jetzt aber entwickelte er sich zu einer Belastung. Springett fragte sich, ob es etwas bringe, ihn auszuzahlen. Wahrscheinlich nicht. Lillecrapp würde mehr wollen oder würde sich in angesoffenem Zustand vor anderen brüsten, oder der Groll würde ihn langsam auffressen. Vielleicht konnten Niekirks Jungs einen Unfall arrangieren?
    Der Schaffner zeigte sich in der offenen Tür der Straßenbahn, reckte seinen Daumen und signalisierte der Wagenkolonne, sie möge vorbeifahren. Er hatte fettiges Haar, war unrasiert und trug Turnschuhe. Wie konnte so einer seinen Job behalten? Springett gab Gas und zeigte dem Schaffner den Mittelfinger, als er an der Straßenbahn vorbeifuhr.
    Der große Falcon, den er kutschierte, stammte aus dem Fuhrpark der Abteilung. Springett liebte es, beim Fahren beide Füße gleichzeitig einzusetzen, den einen für das Gaspedal, den anderen für die Bremse, eine Art Eiertanz, der sein Blut in Wallung brachte. Das war das Schöne am Automatikgetriebe.
    Er entdeckte seinen Orientierungspunkt, einen Möbelschuppen gegenüber einer Moschee, und bog von der Sydney Road ab in ein Geflecht enger Seitenstraßen. Die Rücklichter des Falcons leuchteten auf, während Springett Gas gab, bremste, Gas gab, bremste und sich seinen Weg bahnte, vorbei an dicken Schlitten vor winzigen, blitzblanken Häusern mit frisch verschalten Außenmauern und feuchtem Zement davor, die Luft erfüllt von Gerüchen und der Musik des Mittleren Ostens.
    Springett hatte Hunger. Er wollte bald etwas essen, aber erst, wenn er mit Jardine fertig war. Er brauchte dieses Gefühl aufkeimenden Ärgers, wenn die Unterzuckerung sich anbahnte.
    Laut Liz Redding lebten Jardine und seine ledige Schwester zusammen in einem gemieteten Haus. Er ging selten aus. Er war krank. Die Schwester kümmerte sich um ihn. Springett nagte an seiner Unterlippe. Um die Schwester war es schade. Sie hatte nichts damit zu tun, das hatte Jardine selbst gesagt — so stand es in Liz Reddings Bericht. Schade, dass er sie genau wie ihren Bruder erschlagen musste.
    Als er in Jardines Straße war, ging Springett vom Gas und fuhr langsam an den Häuserreihen vorbei. Natürlich keine Hausnummern, nicht an den Eingangstüren, nicht an den Gartenpforten, also war er auf Reddings Überwachungsfotos angewiesen. Da: das weiße Weatherboard-Haus, eine traurige Ruine inmitten von Affodillen. Er fuhr vorbei, wendete und fuhr wieder heraus aus der Straße, suchte nach dem Weg, der hinter den Häusern verlief. Reddings Fotos zeigten eine hintere Gartenpforte aus Eisenblech, die mit einem Stück gebogenem Draht verschlossen wurde. Vor jedem Haus befand sich ein hoher Zaun und von keinem Haus aus konnte man den Weg überblicken. Das würde Springett helfen, unbemerkt in Jardines Haus einzudringen und ihn und seine Schwester mit heruntergelassenen Hosen zu erwischen, möglicherweise nicht nur bildlich gesprochen.
    Redding war gründlich, zumindest das konnte Springett von ihr behaupten. Pech, dass sie einen Tunnelblick hatte. Pech auch, dass Wyatt und Jardine mit ihr statt mit einem echten Hehler Kontakt aufgenommen hatten, denn inzwischen dürfte das Tiffany-Schmuckstück wieder verschwunden sein. Aber es hatte sie nun mal getroffen und sie glauben gemacht, sie sei der berüchtigten Magnetbohrergang auf der Spur. Tunnelblick. »Keine Sorge, Chef«, hatte Redding gesagt, »ich werde die Sache bis zum bitteren Ende verfolgen.«
    Bitter stimmte. Eine Kugel zwischen die Augen, dank Lillecrapp. Und ein Ende, das früher kam, als sie erwartet hatte.
    Springett stieg aus, schloss den Wagen ab, überquerte die Straße und bog in den Weg ein. Wäre es Liz Redding möglich gewesen, Wyatt und Jardine festzunehmen, wäre es ihr möglich gewesen, sie zu bearbeiten, sie in einen Befragungsraum zu stecken, hätte Springett kaum noch eingreifen können. Einer von ihnen hätte geplaudert, hätte es mit einem Deal versucht, und früher oder später wäre De Lisle als Schlüsselfigur in einem Reigen von Leuten aufgetaucht, die alle etwas mit der Beute aus dem Bankraub in Brighton zu tun hatten.
    Springett hatte sich für Jardine und seine Schwester einen missglückten Einbruch ausgedacht. Es sollte aussehen wie eine dieser zufälligen, unerquicklichen Alltagstragödien, die sich in den Armenvierteln der Städte dieser Welt abspielen. Er wollte verhindern, dass sich die Jungs von der Mordkommission ihre Köpfe über eine ungewöhnliche Schießerei zerbrachen; er wollte

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