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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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kommst du darauf, dass er gestohlen sein könnte, Cass?«
    »Weil man mich vielleicht über diese Tatsache informiert hat?«
    De Lisle zügelte seine Ungeduld und atmete tief aus. »Ich höre.«
    »Ich sitz heute Abend im Büro, kümmer mich um meinen Kram, als niemand Geringeres als der Mann, der mich beraubt hat, plötzlich auftaucht.«
    »Hah«, sagte De Lisle.
    »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast? Der Typ hatte Stil, anders als die normalen Einbrecher. Er wollte mit mir reden, du weißt schon, wie ich an das Tiffany-Stück gekommen bin und so weiter und so weiter.«
    Schweigen. Dann fragte De Lisle: »Hast du’s ihm gesagt?«
    Ein hämisches Kichern. »Ich denke, das wirst du bald wissen.«
    Nutte. »Kann ich mal telefonieren, Cass?«
    »Aber du bist ja ganz blass geworden, Liebling.«
    De Lisle sah sie finster an, drehte sich auf dem Absatz um und ging in ihr Arbeitszimmer, in Gedanken schon bei der Planung seiner Flucht aus Australien. Er musste das Risiko, entdeckt oder abgefangen zu werden, möglichst gering halten. Gleich morgen mit Ansett nach Coffs Harbour, dort einen kleinen Jet chartern, um nach Suva zu kommen, scheiß auf die Kosten, mit der Pegasus nach Vila segeln, wo die Asahi-Sammlung auf ihn wartete.
    Allerdings konnte er nicht mehr zurück in sein Apartment und seinen Koffer holen. De Lisle erledigte seine Telefonate und fragte sich, wie viel Süßholz er wohl raspeln müsse, um Cassandra Wintergreen zu überreden, die Nacht bei ihr verbringen zu können.

DREIßIG

    Nach dieser verflixten Pechsträhne ging es wieder bergauf, Baker spürte das. Die Dinge kamen allmählich wieder ins Lot.
    Kurz vor Mittag machte er einen Abstecher bei der Goldman-Schlampe, und diesmal quetschte er sie über De Lisle aus. So ganz beiläufig, ohne groß Aufhebens davon zu machen, einfach nur Fragen wie: Ist De Lisle Australier? Hat er Frau und Kinder? Lebt er in einem Nobelvorort? Stimmt es, dass man ihn den Hin-Richter nennt? Wieso eigentlich Hin-Richter, wo doch die Todesstrafe abgeschafft wurde? Überhaupt, putzt er die Leute im Gericht immer so runter — wegen ihrer Namen und so — und demütigt sie? Vielleicht lebt er ja an der Nordküste? Wann fährt er eigentlich das nächste Mal in den Pazifik? Solche Sachen eben.
    Die Goldman tat wieder sehr beschäftigt und war ziemlich abwesend, während draußen, vor der Tür des kleinen, abgeteilten Büros, ein ganzer Haufen Kanaken miteinander quasselte und auf einen Pflichtverteidiger wartete. Im Hintergrund hörte Baker das Geklapper von Tastaturen, das Jammern von Druckern, das Klackern hoher Absätze, klingelnde Telefone, Justizangestellte, die Namen aufriefen, Termine nannten und darüber informierten, in welchen Gerichtssaal man zu gehen habe. Eine Menge, um das Miststück abzulenken, aber sie wich ihm aus und drückte sich um konkrete Antworten auf seine Fragen, meinte nur, De Lisles Name sei französisch, aber er selbst sei, soweit sie wisse, in Australien geboren; über sein Privatleben sei ihr nichts bekannt; ja, man sage ihm eine gewisse Härte nach, aber Hin-Richter sei nur so eine Art Spitzname; es tue ihr Leid, aber sie habe nicht die Absicht, sich über De Lisles Reisen oder wo er wohne zu unterhalten.
    Sie sah Baker eindringlich an. »Ich hoffe, Sie haben keine Dummheit vor, Terry.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ihn zu belästigen, zum Beispiel.«
    »Nun machen Sie mal ’nen Punkt!«, erwiderte er. »Wofür halten Sie mich?«
    »Für jemanden, der sauer ist, weil ein anderer ihn als arbeitsscheu bezeichnet hat«, sagte sie. »Für jemanden, der professionelle Hilfe wegen seines Drogen- und Alkoholproblems in Anspruch nehmen sollte, es aber nicht tut.«
    »Ja, ja, reiten Sie immer schön drauf rum«, meinte Baker verdrossen. Dann hellte sich seine Miene auf. »Übrigens — «, er grinste, » — ich kann ihn gar nicht im Telefonbuch finden.«
    Sie grinste zurück, aber es war ein säuerliches Grinsen.
    Okay, wenn sie ihm nicht verraten wollte, wo De Lisle wohnte, würde er sich dem Mistkerl eben an die Fersen hängen. Baker ging den Flur hinunter zum schwarzen Brett, warf einen Blick auf den aktuellen Aushang, wusste nun, in welchem Gerichtssaal De Lisle zu finden war, und setzte sich dort in die hinterste Ecke, wo er unbemerkt bleiben konnte.
    Er blieb den ganzen Nachmittag. De Lisle schien in Eile zu sein, so wie er durch die Verhandlungen hetzte. Jetzt lehnte er sich über das Pult, als wolle er dem armen Schwein, das vor ihm stand, gleich ins

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