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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Aussichtspunkten, und überall nur Palmen und bereits verblühte tropische Pflanzen, die Wyatt suggerieren sollten, dass er sich in einem Urlaubsparadies befinde. Der Ort kam prahlerisch daher, verantwortlich dafür nicht etwa Esprit, sondern Genuss-Sucht und eine von der Sonne gezügelte Gefräßigkeit. Doch unter der Oberfläche lauerte Verzweiflung, wenn Ruheständler aus dem Süden versuchten, außerhalb der Saison mit ihren kleinen Pensionen hier über die Runden zu kommen. Hatte man Geld und war nicht ganz blöd, ließ man sich eine Art Gangsterfestung in den Bergen errichten. Laut Cassandra Wintergreen genau das, was De Lisles Haus ausmachte.
    Wyatt ließ sich an einem kleinen Autoverleih absetzen, der nicht größer war als eine Hutschachtel und sich ganz hinten auf dem Gelände einer Caltex-Tankstelle befand. Er hatte den Wagen von Sydney aus telefonisch reserviert, hielt Führerschein und Bargeld bereit und nannte dem Angestellten als Adresse ein Motel auf der Esplanade. In der Tankstelle kaufte er einen Stadtplan, fuhr anschließend zu einem knapp fünfhundert Meter entfernten Einkaufszentrum und checkte De Lisles Adresse im Telefonbuch einer Telefonzelle. Es war um die Mittagszeit und die Stadt rüstete sich für das geschäftliche Treiben am Nachmittag; PKWs, LKWs und Transporter waren eine zusätzliche Belastung zum Starkverkehr auf dem Pacific Highway, der die Stadt von den Hügeln trennte.
    Spontan wählte Wyatt De Lisles Nummer. Er ließ es zehnmal klingeln und fragte sich, ob das bedeute, dass De Lisle noch auf dem Weg nach Coffs Harbour war oder dass er bereits wieder unterwegs war, als sich plötzlich eine Stimme ungehalten mit »Ja?« meldete.
    Wyatt versuchte, die Stimme einzuschätzen. Jemand, der es nicht gewohnt war zu telefonieren? Ein Fahrer, Gärtner oder Bodyguard? Er wollte den Mann nicht aufschrecken, indem er auflegte, also schlug er einen lockeren Ton an und sagte: »Hallo, wie geht’s? Mein Name ist Jason. Ich rufe vom Pacific Spa Fitness Center an. Diesen Monat bieten wir — «
    »Der Chef ist nicht da. Rufen Sie ein anderes Mal an.«
    Es wurde aufgelegt. Wyatt legte ebenfalls auf und ging zu seinem Wagen. Die Straße, auf der er von der Küste landeinwärts fuhr, führte ihn vorbei an steil ansteigenden Bananenplantagen, über einen Fluss und vorbei an einem Regenwald. Hinter jeder Kurve stieß man auf Straßenhändler mit ihren Ständen, deren Schilder in falscher Orthographie Mangoe’s, Pineapple’s, Tomatoe’s anpriesen.
    Nach zwanzigminütiger Fahrt auf Asphalt bog Wyatt in eine unbefestigte Straße ein. Vor einem Jahrhundert hatte man hier den Wald gerodet und entlang der Straße Stümpfe riesiger Gummibäume stehen lassen, an den Bächen und Schluchten Gruppen von Jakaranda und einheimischer Pinie — abgesehen von kurz geschnittenem, saftigem Gras, von dem das Vieh fett wurde, die einzige Vegetation. Hier und da an den Hängen entdeckte Wyatt große Häuser mit Blick über den Pazifik.
    De Lisles Anwesen machte den Eindruck einer großzügigen, gepflegten Parkanlage. Das Haus selbst stand weit entfernt von der Einfahrt. Ein imposantes, sanft schimmerndes Schieferdach thronte über dem glänzenden Blattwerk der Bäume und verschlungenen weiß blühenden Rankenpflanzen. Alles roch nach einem Emporkömmling, der nicht wollte, dass Fremde auf das Grundstück gelangten: Das gesamte Grundstück war von einem drei Meter hohen Sicherheitszaun umgeben, der am oberen Ende zusätzlich mit Stacheldraht versehen war, und ein gewaltiges Tor verschloss die Einfahrt. Dieses Tor wirkte völlig unpassend in De Lisles protzig-geschmackloser Umgebung — ein Doppeltor aus massivem Holz, höher als der Sicherheitszaun und so gestaltet, dass es in einen Torbogen gepasst hätte. Sehr alt, sehr abgenutzt, aber robust genug, um einem Rammbock standzuhalten, hätte es das Tor zum Innenhof eines italienischen Palazzos aus dem 17. Jahrhundert gewesen sein können, das Kutschen und Männern hoch zu Ross Einlass gewährt hatte.
    Wyatt fuhr zurück nach Coffs Harbour. Den Rest des Nachmittags verbrachte er mit Einkäufen, musste allerdings für das eine oder andere mehr hinblättern, weil er nicht die notwendigen Formulare und Genehmigungen vorweisen konnte. Dann legte er sich aufs Ohr.
    Um fünf Uhr früh, eine Stunde vor Sonnenaufgang, war er wieder an De Lisles Hang, stellte den Wagen hinter einer verlassenen Wellblechhütte ab, die er in einer Schlucht unterhalb des Hauses entdeckt hatte, unweit

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