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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Mann an zu brüllen, vor ihm standen die Bäume. Man würde davon ausgehen, dass er dorthin rannte. Also verkroch sich Wyatt unter der Veranda, und als zwei Männer im Galoppschritt die Stufen hinunterliefen und mit aufgeblendeten Taschenlampen in Richtung der Bäume jagten, stahl er sich wieder zurück und betrat das Haus durch die offene Tür.

    ZWEIUNDDREIßIG

    Wyatt ging durch das Haus, checkte blitzschnell jedes Zimmer, registrierte automatisch den Waffenschrank, der im Arbeitszimmer an einer Wand aus imitierten Feldsteinen hing. De Lisle war nicht da. Ein kleiner, sanfter Mann mittleren Alters, der fett zu werden begann, so hatte ihn die Wintergreen beschrieben. Inzwischen war die Morgendämmerung so weit fortgeschritten, dass Wyatt hatte erkennen können, dass es sich bei keinem der beiden Männer, die jetzt auf der Jagd nach ihm waren, um De Lisle gehandelt hatte. Sie hatten weder das entsprechende Alter noch die entsprechende Größe, wirkten eher wie Athleten oder Cops, die ihre Fitness noch nicht verloren hatten.
    Bodyguards? Das schien eher unwahrscheinlich. Aus dem Wohnzimmer hatten sie ein improvisiertes Lager gemacht, mit Bierdosen auf dem Teppich und verschmierten Verpackungsresten diverser in der Mikrowelle erhitzter Fertiggerichte auf dem Couchtisch. Sie hatten wohl abwechselnd auf dem Sofa geschlafen: An einem Ende lag ein Stapel Kissen, am anderen eine lose zusammengelegte Decke. Allem Anschein nach hatten sie auf De Lisle gewartet.
    Wyatt war nur mit Jardines kleiner .32er bewaffnet. Ansonsten befanden sich ein Seil und ein Stemmeisen in dem Rucksack auf seinem Rücken. Er musste seine Chancen vergrößern, insbesondere wenn sich bestimmte Aktivitäten nach draußen, auf das Grundstück, verlagern sollten. Er ging zurück zum Waffenschrank und brach die Tür mit dem Stemmeisen auf: eine Schrotflinte, zwei Gewehre mit Zielfernrohr, eine kleine .22er, um auf Kaninchen zu schießen. Er entschied sich für eines der Gewehre, ein Steyr-Mannlicher SSG, Kaliber .30, das aus einer Entfernung von fünfhundert Metern ein Einschussloch mit einem Durchmesser von sechs Zentimetern hinterließ, und wollte gerade eine Schachtel Patronen einstecken, als er unter seinen Füßen eine leichte Vibration wahrnahm. Die Männer gingen über die Veranda.
    »Sieh dir den Boden an, Manse. Ich hab doch gesagt, der Typ ist im Haus.«
    Wyatt blickte hinunter auf den Boden des Arbeitszimmers — der Rasen draußen war voller Tau, und so hatte er einen feuchten Beweis seiner Anwesenheit auf den Teppichen des Hauses hinterlassen. Die Männer betraten den Flur und folgten seinen feuchten Schuhabdrücken. Er entfernte Reste von Feuchtigkeit und nassem Gras von seinen Schuhen und blickte sich hektisch nach einem Ausweg um, ein Versteck, wo er bleiben konnte, bis er wusste, wo De Lisle zu finden war.
    Es gab etwas. Das große Bücherregal reichte fast bis zur Decke. Es war schwer, aus Mahagoni, mit Schubladen unter den Bücherborden und einem aufwändig geschnitzten Abschluss von vierzig Zentimeter Höhe. Wyatt kletterte das Regal hoch, legte als Erstes das Gewehr hinter den Abschluss und glitt hinterher.
    Einen Augenblick später kamen die Männer herein. Wyatt hörte Getuschel, Stoff raschelte, als sie sich bewegten, und dann das Geräusch von Schuhen auf dem dicken Wollteppich.
    Wieder wurde geflüstert. »Siehst du das da? Er hat sich bewaffnet.«
    »Das schmeckt mir überhaupt nicht, Riggs. Wer kann das nur sein? Scheiße.«
    Der Typ namens Riggs erwiderte schleppend: »Wir wissen, es ist nicht De Lisle. Wir wissen, er ist eine Bedrohung. Aus. Schluss. Ende.«
    »Bleib auf dem Teppich, okay?«
    Sie waren aus dem Zimmer gegangen und schlichen wispernd durchs Haus wie Gespenster. Wyatt wartete zehn Minuten, starrte an die Decke, während sich das Licht der Morgendämmerung nach und nach im Raum ausbreitete. Als die beiden zurückkamen, bemühten sie sich gar nicht erst, leise zu sein.
    »Er muss irgendwo da draußen sein. Schnapp dir die Schrotflinte. Ich nehm das Gewehr, denn ich denk nicht dran, ihn mit einer .38er anzugehen, nicht wenn der ein Gewehr hat.«
    »Wo soll er sein?«
    »Verdammte Scheiße, wie soll ich das wissen? Mein Gott, Mansell, sperr die Augen auf. Wenn er über den Rasen gelaufen ist, müssen Spuren da sein.«
    »Klar. Aber was dann? Hast du mal darüber nachgedacht?«
    »Na was wohl? Abdrücken wirst du doch noch können, oder?«
    Wyatt gab ihnen eine Minute, um das Haus zu verlassen und die ersten Bäume

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