Porträt eines Süchtigen als junger Mann
Augenblick klopft jemand an die Tür. Es ist ein lautes, nachdrückliches Klopfen, und als ich zur Tür gehe und durch den Spion schaue, steht Noah da.
Wo
Grundschule
: Krankenschwesterklo. Das Klo liegt am Ende eines Gangs, hinter dem Sprechzimmer der Schulschwester, und ist abschließbar. Nachteil: Auf das Klo geht der Rektor. Vorteil: Im Sprechzimmer ist nie einer. Auch nicht die Krankenschwester.
Highschool
:
Krankenschwesterklo. Mittags heikel. Alternative: Jungenklo neben Französischraum im Altbau, erster Stock. Fast immer leer außer morgens vor Unterrichtsbeginn.
Zu Hause
: Am besten das Klo neben Dads Zimmer hinten im Haus, ganz weg vom Wohn- und Esszimmer (nur wenn Dad nicht da ist). Im Frühling, Sommer und Herbst, bei schönem Wetter und wenn Dad zu Hause ist: der Wald. Im Winter und bei schlechtem Wetter, wenn Dad zu Hause ist: das Kinderklo oben, aber Beeilung.
Bei Freunden
Derek
:
Klo im Souterrain.
Jenny
: Hinterm Pferdestall oder Klo im Souterrain.
Michael
: Klo im ersten Stock, zwischen Michaels und Lisas Zimmer, über der Garage. Wenn die Eltern weg sind oder draußen auf dem Hof, ihr Klo hinten im Haus. Bei vollem Haus hinter der Scheune.
Adam
: Die Kirche seines Vaters auf der anderen Straßenseite, Klo im Erdgeschoss.
Patrick
: Unbenutztes Klo unten im Haus, wo seit Jahren gebaut wird.
Kenny
: DAS SCHWIERIGSTE HAUS . Nur zwei Toiletten, beide da, wo die Leute immer sind. Such dir eine aus und bete, dass es schnell geht.
Merke
:
Möglichst Toiletten im Erdgeschoss (Leute unter dir hören dich springen).
Läufer, Badematten und Handtücher vors Klo legen, um die Hüpfer zu dämpfen.
Wenn du gezwungen bist, oben aufs Klo zu gehen: Nicht über Zimmern, in denen Leute sind; mehr Handtücher, Badematten und Läufer.
Nicht mit zu viel Klopapier saubermachen. Es verstopft das Klo.
Wenn eine Wand in Beckennähe ist, mit dem Rücken zur Wand pinkeln.
Neue Tür
Als er sieben ist, zieht seine Familie um. Es ist der Sommer zwischen dem zweiten und dritten Schuljahr, und das Haus, das sie beziehen, liegt am Ende einer langen Zufahrt, fast am Ende einer langen Straße, fünfzehn lange Minuten entfernt von einem Ort in den Bergen Connecticuts, in dem es keine Ampeln gibt. Das Haus zu renovieren dauert Jahre; seine Eltern erweitern es um Schlafzimmer, Veranden sowie ein Wohn- und ein Esszimmer mit wunderschönem Holzboden, die niemals benutzt werden. Für oben, wo die Schlafzimmer sind, fehlt dann das Geld, so dass die Räume nie einen richtigen Fußboden oder Teppichboden erhalten. Zum Schutz vor Splittern werden Teppichproben und Läufer auf dem Sperrholz verteilt. Aus dem weitläufigen eingeschossigen Farmhaus wird ein großes graues Herrenhaus im holländischen Kolonialstil,
eines der größten von Connecticut
, sagt sein Vater, und von der Anhöhe, auf der es steht, überblickt es sechzehn Hektar Wald und Wiese.
Auch die Türenlandschaft ist neu – ein anderes Schwesternklo in der Schule, ein anderer Wald, in den man verschwinden, andere Scheunen, hinter die man gehen kann, die Häuser anderer Freunde, mit diversen Fallen und abgelegenen Örtchen, wo man springen, in Panik geraten und schließlich aufatmen kann.
Im dritten Schuljahr sind nicht viele. Rund zwanzig insgesamt, rund zehn in seiner Klasse. Er ist erst ein paar Monate dort, als ein neues Kind auftaucht, ein Mädchen. Sie ist klein, blond, vogelartig und ihm sofort vertraut – wie eine Schwester oder eine kleine Mutter. Vom ersten Augenblick an gebietet sie über ihn, aber sie tut es sanft und unauffällig. Er begreift, dass sie vornehmer und klüger ist als er und doch zu ihm gehört. Sobald sie in die Klasse kommt, beugt er sich ihr, blickt zu ihr auf, und selbst wenn er sie einmal nicht beachtet, sorgt er sich um ihre Anerkennung. Katherine.
Sie liest. Sie liest immer. Sie fragt ihn, was er von den Büchern hält, die sie für die Schule lesen. In der vierten Klasse ist das ein Buch über eine unsterbliche Familie und ein Mädchen, das sich in jemanden aus dieser Familie verliebt, nachdem sie ihm im Wald hinter ihrem Haus, wo er aus einer Quelle trinkt, zufällig begegnet ist. In der fünften folgt eine Reihe weitschweifiger Allegorien über eine Handvoll englischer Kinder, die das um sich greifende Böse in der Welt bekämpfen müssen. Später, zu früh, lässt sie Brontë und Dickens in seiner Räuberhöhle liegen. Er verschlingt alles, grämt sich wegen der Wörter,
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