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Portrat in Sepia

Portrat in Sepia

Titel: Portrat in Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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zu
kontrollieren, und die übrigen machten sich auf gen Süden, um
ihre wohlverdienten Lorbeeren zu ernten, wobei sie hochmütig
über die nach Tausenden zählenden besiegten Soldaten
hinwegsahen, denen es gelungen war, ins Gebirge zu
entkommen, und die von dort aus den Kampf weiterzuführen
gedachten. Der Sieg war überwältigend gewesen, und die
chilenischen Generäle ahnten nicht, daß die Peruaner sie noch
drei lange Jahre hindurch bekriegen würden. Die Seele jenes
verbissenen Widerstandes war der legendäre General Cáceres,
der wie durch ein Wunder dem Tod entgangen war und sich mit
einer schrecklichen Wunde in die Berge zurückzog, wo er den
zählebigen Samen des Mutes wiedererweckte in einem
zerlumpten Heer von Vogelscheuchen und frisch rekrutierten
Indios, das er in einen blutigen Krieg mit Guerrillakämpfen,
Hinterhalten und Scharmützeln führte. Seine Soldaten - viele
barfuß, die Uniformen in Fetzen, unterernährt, verzweifelt
-
kämpften mit Messern, Lanzen, Knüppeln, Steinen und einigen
veralteten Gewehren, aber auch mit dem Vorteil, das Terrain zu
kennen. Sie hatten das Schlachtfeld gut gewählt, um einem
disziplinierten und gut bewaffneten, wenn auch nicht immer
ausreichend versorgten Feind entgegenzutreten, denn auf diese
schroffen Berge zu gelangen, wo die Kondore hausten, ging fast
über Menschenkräfte. Sie versteckten sich auf den verschneiten
Gipfeln, in Höhlen und Schluchten, in hochgelegenen
Gletscherspalten, wo die Luft so dünn war und die Einsamkeit
so ungeheuer, daß nur sie, die Männer der Sierra, dort überleben
konnten. Den chilenischen Truppen bluteten die Ohren, sie
brachen ohnmächtig zusammen aus Mangel an Sauerstoff und
erfroren in den eisigen Schlünden der Anden. Während sie kaum
noch die Berge hinaufsteigen konnten, weil das Herz der
Anstrengung nicht gewachsen war, kletterten die
Hochlandindios wie Lamas mit einer Last gleich ihrem eigenen
Gewicht auf dem Rücken, ohne mehr Nahrung als das bittere
Fleisch der Adler und eine grüne Kugel aus Kokablättern, auf
der sie kauten. Es waren drei Jahre Krieg ohne Waffenruhe und
ohne Gefangene, aber mit Tausenden von Toten. Die
peruanischen Kräfte gewannen eine einzige frontal geführte
Schlacht um ein Dorf ohne jeden strategischen Wert, das von
siebenundsiebzig chilenischen Soldaten besetzt war, von denen
mehrere an Typhus erkrankt waren. Die Besatzer hatten nur
hundert Kugeln pro Mann, aber sie schlugen sich die ganze
Nacht mit solcher Tapferkeit gegen Hunderte Soldaten und
Indios, daß in der trostlosen Morgenfrühe, als nur noch drei
Schützen übriggeblieben waren, die peruanischen Offiziere sie
dringlich baten, sich doch zu ergeben, weil es ihnen eine
Schande schien, sie zu töten. Aber sie ergaben sich nicht, sie
kämpften weiter und starben mit dem Bajonett in der Hand und
dem Namen ihres Vaterlandes auf den Lippen. Bei ihnen, so
erzählte man in Santiago, waren drei Frauen, die von den
Dorfbewohnern mitten auf den blutüberströmten Dorfplatz
geschleppt, vergewaltigt und niedergemetzelt wurden. Eine von
ihnen hatte die Nacht zuvor in der Kirche ein Kind geboren,
während ihr Mann draußen kämpfte, und auch das Neugeborene
wurde zerstückelt. Sie verstümmelten die Leichen, schnitten
ihnen den Leib auf und rissen die Eingeweide heraus, und die
Indios spießten die Innereien auf Stöcke, rösteten sie und aßen
sie auf. Bestialitäten der Art erzählte man sich auf beiden Seiten
in diesem Partisanenkrieg, und es gab wohl auch wirklich
unzählige Schandtaten. Die endgültige Kapitulation mit
Unterzeichnung des Friedensvertrages war schließlich im
Oktober 1883 erreicht, nachdem die Truppen von General
Cáceres in einer letzten Schlacht besiegt worden waren, einem
Massaker mit Messer und Bajonett, das über tausend Tote
forderte. Chile nahm Peru drei Provinzen. Bolivien verlor seinen
einzigen Zugang zum Meer und wurde gezwungen, eine
unbegrenzte Waffenruhe zu bestätigen, die sich über zwanzig
Jahre erstrecken sollte bis zur Unterzeichnung eines
Friedensvertrages. Severo del Valle wurde mit Tausenden
anderer Verwundeter per Schiff nach Chile gebracht. Während
in den improvisierten Feldlazaretten viele an Wundbrand oder
an Typhus und Ruhr starben, konnte er genesen, und das hatte er
Nivea zu verdanken, die, kaum hatte sie erfahren, was ihm
geschehen war, sich an ihren Onkel, den Minister Vergara,
wandte und so lange keine Ruhe gab, bis er Severo suchen ließ
und ihn mit dem

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