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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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noch heiß, die Haut war schwarz und knusprig, sie sahen aus wie ein Strauß silberner Blumen, deren Blüten und Stängel sich nach oben bogen. Die Katze sprang hoch, schnappte sich gierig eine Sardine und zerkaute die weichen Gräten, während sie ihren dicken Bauch bequem auf den Tisch bettete.
    Die Jungen konnten jeden Tag kommen. Ihr Bauch war prall, die Brustwarzen waren rosig und geschwollen, ihr Körper gehörte nicht mehr ihr selbst. Sie streckte sich ein wenig, wobei eine wellenförmige Bewegung durch ihren Bauch lief. Eine Nase oder Pfote stieß von innen gegen die Haut, als wollte das Kätzchen heraus.
    Ich strich ihr mit der Hand über den Rücken, und sie hörte auf zu fressen und schaute mich warnend an. Ich verstand den Wink und überließ sie ihrer Mahlzeit. Dann machte ich eine Runde durch die Wohnung, überprüfte sorgfältig die alten Schränke, schob die Hand zwischen Toilette und Wand, suchte unter dem Bett und überall sonst, wo Rahim eine Rechnung versteckt haben könnte. Letztlich kam es mir sinnlos vor, weil es so unendlich viele Verstecke zu geben schien. Falls diese Rechnung überhaupt existierte.
    Gewiss hatte mir meine Erinnerung einen Streich gespielt. Ich dachte an die letzten gehetzten Augenblicke mit Rahim, der mir verzweifelt etwas sagen wollte. Zwei atemlose Wörter, daraus konnte ich nicht schließen, was er wirklich gemeint hatte. Andererseits hatte er mit dem Nachtsichtgerät auch recht gehabt.
    Die Katze sprang vom Tisch und landete mit einem dumpfen Rums auf den alten Dielen. Sie wankte durchs Zimmer, förmlich berauscht von den vielen Fischen. Neben dem Digitaldrucker blieb sie stehen und rieb die Schnurrhaare an einer Kante.
    Das Gerät inmitten der kahlen Wohnung störte mich. Es war ein ausgezeichneter Drucker, besser als der, den ich zu Hause hatte, und ganz gewiss fortschrittlicher als alles, was Rahim früher benutzt hatte. Kein Wunder, denn die Dokumente waren in den vergangenen zwölf Jahren sehr viel ausgeklügelter geworden, und Rahim musste mit der Zeit gehen.
    Es wollte mir nicht in den Kopf, dass Rahim ihn einfach so zurückgelassen hatte. Immerhin hatte er sich größte Mühe gegeben, die Wohnung auszuräumen. Ich an seiner Stelle hätte das Gerät jedenfalls mitgenommen.
    Ich hob noch einmal den Deckel und überprüfte die Glasplatte, zog das Papierfach heraus und ging die weißen Blätter durch. Nichts. Ich schob das Papier wieder hinein, und schaltete das Gerät ein. Die grüne Leuchte blinkte auf.
    Zuerst war es still, doch dann hörte ich im Inneren ein mechanisches Klicken. Der Kopierer summte, dann glitt ein Blatt Papier in die Ablage. Rahim hatte wohl mitten im Drucken den Stecker herausgezogen. Nun, da der Drucker wieder eingeschaltet war, spuckte er den gespeicherten Druckbefehl aus.
    Ich nahm das Dokument aus der Ablage, schaltete eine der hellen Lampen ein und legte das Papier auf den improvisierten Schreibtisch. Es war irgendeine Versandrechnung. Worum es ging, konnte ich nicht genau erkennen. Das Dokument war größtenteils in Russisch abgefasst, der Briefkopf hingegen Englisch. BSW AIR CARGO INTERNATIONAL. Die Anschrift: ein Postfach in Sharjah, Vereinigte Arabische Emirate. Das Datum: 11. April 2001.
    Sprachen sind ein wichtiger Aspekt beim Fälschen – zu meiner Zeit habe ich in Dutzenden von Sprachen gearbeitet –, aber man muss sie nicht fließend beherrschen. So wie Opernsänger ihre Rollen nach dem Gehör lernen, gestaltete ich meine Texte oft nach der Form der Buchstaben und lieferte perfekte Dokumente ab, ohne je zu erfahren, was darin stand.
    Nur Russisch hatte ich immerhin gut genug gelernt, um etwas zu trinken zu bestellen. Und von meinen wenigen Ausflügen in den sowjetischen Handel kannte ich die üblichen Floskeln geschäftlicher Korrespondenz. Allerdings war das alles lange her. Bei Solomon hatte ich mit Kyrillisch nichts zu tun; dafür gab es Spezialisten.
    Ich überflog das Dokument, hangelte mich durch den Text und versuchte, die Geister meines gebrochenen Russisch heraufzubeschwören. Das meiste hätte ebenso gut Chinesisch sein können, doch einige Wörter sprangen mir ins Auge und bestätigten meinen ersten Eindruck. An der Stelle, die der Beschreibung der Waren vorbehalten war, ließ mich mein Russisch völlig im Stich, doch die folgenden Zeilen konnte ich wieder entziffern. Herkunftsland: Transnistrien. Darunter Herkunftshafen: Odessa.
    Die nächsten Zeilen enthielten technische Angaben wie Gewichte und Abmessungen, doch

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