Poseidon - Der Tod ist Cool
Zittern und Beben. Speichel quoll aus seinem Mund, der ihm seitlich in Fäden herab lief. Er röchelte. Seine Stirn bedeckte Schweiß.
Kalt. Klebrig.
Mein kleiner Frenzel. Wie hilflos du daliegst. Es war nie anders.
Frenzel krümmte sich abrupt und stöhnte auf. Er blutete nach wie vor stark aus seinen Kopfverletzungen. Teile der Rückbank glänzten in Rot. Falk hielt ihn an den Schultern fest, damit er nicht vornüber kippte. Er fixierte den Bewusstlosen mit dem Sicherheitsgurt.
Geduld, mein Freund. Nur Geduld.
Falk legte die Finger an Frenzels Hals. Sein Puls raste.
Ein gutes Zeichen.
Lächelnd ließ er sich zurückfallen.
Es beginnt.
Die Essenz in Frenzels Organismus entließ ihre Informationen, sendete sie in jeden Winkel. Zellen teilten und vernetzten sich, bildeten neues Gewebe, neues Blut. Wunden verheilten, Knochen wuchsen wieder zusammen. Die Schnelligkeit und Komplexität der Vorgänge ließen ihn erglühen. Eine letzte Welle jagte durch Frenzels gepeinigte Hülle. Er erbrach sich über seinen Schoß.
Es ist vollbracht.
Prüfend fuhr Falk mit der Hand über Frenzels Schädel. Er nickte zufrieden.
Falk trat auf die Straße hinaus. Seine Schuhe und Hose bedeckte nasser Ackerboden. Der Rest der Kleidung, die Hände und das Gesicht - durchtränkt von Blut - glitzerten im Abendlicht. Die untergehende Sonne kleidete die Szenerie in Feuer. Es loderte in seinen Augen, vermischte sich mit Wahnsinn. Falk streckte die Arme mit geballten Fäusten dem Himmel entgegen. Worte und guturales Lachen stiegen aus seiner Kehle.
Wahrlich, ich bin Gott!
Die Botschaft schwang sich in die Lüfte empor – ein apokalyptischer Reiter auf unsichtbaren Flügeln, bereit, die Menschheit zu knechten.
Er fuhr mit seiner Beute davon.
40. Kapitel
Seine Lider wogen schwer. Sie besaßen noch nicht die Kraft, sich ganz zu öffnen.
Nichts.
Er sah nichts.
Nur dieses eintönige Grau, das sich als Schleier über sein Gesichtsfeld legte und die wenigen intakten Erinnerungen auszuhöhlen drohte.
Frenzel schloss das Auge. Sein Schädel brummte. Er sammelte sich für einen weiteren Versuch. Die Sekunden zerflossen zu einem zähen Strom, der ihn mit sich nahm. Er schlief ein.
Als Frenzel erneut erwachte, fühlte er sich besser. Das Grau materialisierte sich zu einem Bild.
Fliesen.
Er lag regungslos da und blickte nachdenklich vor sich hin. Die Puzzleteile in seinem Kopf setzten sich allmählich zusammen.
Michaels Beerdigung. Der Streit mit Mutter. Die Fahrt durch den Regen über die Autobahn. Der schleudernde Wagen. Der Aufprall. Dunkelheit.
Frenzel versuchte, sich zu rühren.
Ich spüre meinen Körper nicht mehr! Ich bin gelähmt!
Panik stieg in ihm hoch. Er rief um Hilfe. Kein Ton verließ seinen Mund - er konnte ihn nicht einmal öffnen. Er unternahm einen zweiten Anlauf für eine Bewegung, ein Wort. Ohne Erfolg.
Wieso kann ich nicht sprechen?
Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren.
Bin ich im Krankenhaus?
Wo sind die Ärzte, die Schwestern?
Warum liege ich auf dem Bauch – wegen Verletzungen an der Wirbelsäule?
Wie lange befinde ich mich schon hier?
Wieso ist es so ruhig?
Die Fragen stürzten auf ihn ein, doch die Antworten versandeten in der Stille des Raumes. Frenzel blieb nichts weiter übrig, als vor sich hin zu starren und abzuwarten.
Da roch er ihn.
Den unverkennbaren Hauch des Todes. Er wehte in unregelmäßigen Wellen zu ihm herüber. Übelkeit überkam ihn.
Jetzt nur nicht kotzen. Sonst ersticke ich daran.
Er schluckte schwer.
Wenigstens das bekomme ich noch hin.
Wo kommt dieser erbärmliche Gestank her?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in einem Krankenhaus dermaßen riecht. Aber wo sonst? In einer Leichenhalle? In der Gerichtsmedizin? Halten die mich etwa schon für tot?
Der bloße Gedanke an diese Möglichkeiten erschreckte ihn. Trotzdem nährte er seine Hoffnung, in der nächsten Zeit mit einer Person in Kontakt zu kommen.
Ich gebe ihnen ein Zeichen. Nur wie?
Nervosität ergriff Frenzel.
Sie werden mich auf den Rücken legen. Ganz sicher werden sie das tun! Das tun sie doch immer! Dann sehen sie mein geöffnetes Auge. Sie müssen es sehen! Wieso sollten sie auch nicht? Ich blinzle sie einfach an. Ständig. Das ist meine einzige Chance. Ich muss nur lange genug aushalten, darf nicht wieder einschlafen. Jetzt nicht schlapp machen! Du schaffst das schon. Halte durch, Peter.
Die Zeit verstrich.
Frenzel wartete vergebens.
41. Kapitel
Die Stunde des
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