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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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letzten halben Stunde hatte sich unser Verhältnis drastisch verbessert. Wenn ich nur geahnt hätte, daß es so leicht sein würde, unsere langjährige Freundschaft wieder zu kitten! Dann hätte ich schon vor Tagen einen Verdächtigen erfunden, ihn mit einem Namen versehen und Petro Gelegenheit gegeben, statt meiner diesem Phantom nachzujagen.
    »Um dir die Beschattung zu ersparen«, sagte ich, zuvorkommend wie ich nun einmal bin. »Ich hole jetzt Papa in den Saepta ab, dann verbringen wir den Rest des Vormittags in irgendeiner hochherrschaftlichen Villa im Siebten Bezirk. Aber Punkt zwölf werden wir – sofern mein Erzeuger seinen eisernen Gewohnheiten nicht untreu wird – in die Saepta zurückkehren, damit er das verzehren kann, was ihm der Rotschopf fürs Mittagessen eingepackt hat.«
    »Woher diese plötzliche Vaterliebe bei dir? Wann hast du je soviel Zeit in Geminus’ Gesellschaft verbracht wie jetzt?«
    Ich grinste widerstrebend. »Tja, weißt du, er bildet sich seit neuestem ein, daß er Schutz bräuchte – und da war er so dumm, mich zu engagieren.«
    »Was für eine Freude, die Familie Didius endlich wieder vereint zu sehen!« gluckste Petronius.
    Ich sagte ihm ruhig und ohne jede Bitterkeit, was ich von ihm hielt, und ging meiner Wege.
XLII
    Aulus Cassius Carus und seine Gemahlin Ummidia Servia bewohnten ein Haus, dessen unauffällig schlichte Fassade von ganz besonderem Wohlstand zeugte. Es war eines der wenigen hochherrschaftlichen Anwesen, die zu Neros Zeit nach dem großen Brand überhaupt noch von Privatleuten errichtet worden und später sowohl von Plünderern wie von Brandstiftern des nach Neros Tod ausbrechenden Bürgerkrieges verschont geblieben waren. Das Haus, vor dem wir jetzt standen, war von Leuten erbaut, denen der Erfolg auch in schweren Zeiten treu geblieben und denen es sogar gelungen war, ungeschoren davonzukommen, obwohl Nero, dieser halb wahnsinnige Kaiser, doch sonst mit Vorliebe Untertanen hinrichten ließ, die es wagten, sich mit künstlerischem Gespür und gutem Geschmack neben ihm zu behaupten.
    Carus und Servia waren der lebende Beweis für eine höchst ungewöhnliche Kombination: Anscheinend war es doch möglich, zugleich Römer und dezent zu sein.
    Mich überraschte immer wieder, daß es in einer Stadt, in der Abertausende zusammengepfercht in riesigen Wohnsilos hausten, doch noch so viele Leute gab, die weitläufige Grundstücke besaßen und dort in prächtigen Villen lebten, ohne daß die breite Masse auch nur eine Ahnung davon hatte. Carus und Servia war das Kunststück sogar im klassisch römischen Stil gelungen. Sie wohnten scheinbar geschützt und abgeschirmt hinter kahlen Mauern, doch in einer Atmosphäre, die jedem Besucher signalisierte, er sei hier ein gern gesehener Gast, sofern er nur einen plausiblen Grund für sein Erscheinen vorweisen könne. Nach ein paar Worten mit dem Türsteher hatten Vater und ich unser Anliegen vorgebracht, und das von außen so bescheiden und spartanisch wirkende Haus erschloß uns seine prunkvollen Räume.
    Ein Sklave eilte, seiner Herrschaft unsere Bitte um Audienz zu übermitteln. Uns ließ man, während wir auf Antwort warteten, ungehindert in der Villa herumspazieren.
    Ich hatte mich zwar zu der von Papa gewünschten Toga durchgerungen, war aber ansonsten ganz der alte.
    »Du hättest dir wenigstens die Haare kämmen können!« zischte Geminus. Mißtrauisch beäugte er die Toga, doch die hatte einmal Festus gehört, mußte also seinen gehobenen Ansprüchen genügen.
    »Das mache ich nur für den Kaiser oder eine besonders hübsche Frau!«
    »All ihr Götter, was für einen Barbaren hab ich da aufgezogen?«
    »Du hast dabei hauptsächlich durch Abwesenheit geglänzt! Trotzdem bin ich ein guter Junge geworden, und darum will ich mich auch nicht bei Schlägern einschmeicheln, die meinem alten Herrn die Rippen eintreten!«
    »Mach jetzt keinen Ärger, sonst erreichen wir nämlich gar nichts.«
    »Ich kann mich sehr wohl anständig benehmen, wenn’s drauf ankommt!« versetzte ich in einem Ton, der klarmachte, daß ich nicht unbedingt vorhatte, mich auf meine Kinderstube zu besinnen.
    »Wer eine farbige Tunika zur Toga trägt, hat von Benimm und Anstand keinen Schimmer!« erklärte Didius Geminus kategorisch.
    Soviel zu meinem indigofarbenen Lieblingsgewand.
    In der Eingangshalle waren wir an einer Senatorenstatue vorbeigekommen, die aber vermutlich keinen Ahnherrn der Familie darstellte, denn unsere Gastgeber gehörten zum Bürgertum.

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