positiv verliebt (German Edition)
Sorgen. Der Karton mit dem Raupenfahrzeug steht noch immer auf meinem Tisch. Es wäre ein guter, wenn auch leicht durchschaubarer Vorwand, um sich davon zu überzeugen, dass es Fabian gut geht. Aber irgendetwas in mir verweigert sich und ich rede mir ein, dass es gut so ist, wie es eben ist. Niemand denkt freiwillig über HIV und Aids nach. Jeder weiß, dass es das gibt, fühlt sich möglicherweise sogar perfekt aufgeklärt oder eher verklärt genug, um zu denken, dass er alles im Griff hat und nichts passieren kann. Im Grunde habe ich bisher ebenso gedacht. Es ist etwas anderes, die Krankheit so dicht an sich heranzulassen. Selbst wenn man weiß, der oder die trägt das Virus in sich, ist es immer noch weit genug entfernt. Aber Fabian kann wohl niemals weit genug weg sein, denn er hockt in meinem Herzen und deutlich tiefer auch und aus irgendeinem Grund will er dort nicht verschwinden.
Womöglich bin ich für Gesellschaft viel zu schlecht gelaunt, aber ich lenke mein Auto trotzdem in die freie Parklücke. Diesmal werde ich nicht von Max am Nebeneingang abgefangen, obwohl ich heute zum Frustabbau sogar den ganzen Hof aufräumen würde.
Mein Puls erhöht sich ein wenig, als ich die Kneipe betrete. Die Musik dröhnt unangenehm in meinen Ohren. Der Sänger kreischt eigentlich nur, keine Ahnung, wieso sich manche Leute so etwas anhören. Max steht hinter der Theke und lächelt mich an. Er schüttelt leicht den Kopf und sein Blick verfinstert sich. Das ist wohl das Zeichen, dass Fabian wirklich nicht hier ist. Ich setze mich auf einen der Barhocker und noch ehe ich etwas sage kann, schlingt Max mir schon die Arme um den Hals, während er sich halb über den Tresen schiebt.
„Schön, dass du da bist“, flüstert er mir ins Ohr und küsst meine Wange.
„Das nenne ich mal eine überschwängliche Begrüßung“, erwidere ich lachend und schiebe ihn wieder zurück. Er wird eindeutig rot und sortiert nervös einige Flaschen.
„Was willst du trinken?“
„Ein Bier.“
Max stellt eine Flasche hin und ich betrachte irritiert das Etikett.
„Alkoholfrei? Das ist nicht dein Ernst!“
„Doch, du bist mit dem Auto hier und ich will nicht, dass dir was passiert!“, brummt er und stellt mir ein Glas dazu.
„Dir ist schon bewusst, dass du nicht meine Mutter bist und dass ich vor allem alt genug bin, um das selbst zu entscheiden?“ Amüsiert stelle ich fest, dass er noch eine Spur dunkler im Gesicht wird. Als Antwort bekomme ich nur ein Schulterzucken.
Seufzend gebe ich mich mit dem Bier zufrieden und bestelle einen Hamburger.
„Das ist echt toll mit Lukas und Daniel, oder?“, fragt Max mit leuchtenden Augen.
„Was meinst du?“, erwidere ich verwundert.
„Lukas ist total verliebt und schwärmt die ganze Zeit von Daniel.“
„Ich hoffe, dass er sich da nicht in irgendwas hineinsteigert“, wiegele ich ab und spüre, wie mir ganz flau im Magen wird.
„Wie meinst du das?“ Jetzt sieht mich Max verunsichert an.
„Na ja, ich kenne Daniel schon echt lange und auch wenn… wenn er nur selten mehr als einmal… hat das nicht unbedingt etwas zu bedeuten.“, antworte ich vorsichtig.
„Denkst du, er spielt nur mit Lukas?“
„Nein, so etwas macht Daniel nicht. Für gewöhnlich ist er immer ehrlich und lässt niemanden über seine Absichten im Unklaren. Hat er denn zu Lukas irgendetwas in der Richtung gesagt?“ Eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass ich die Antwort kenne, und als Max den Kopf traurig schüttelt, bestätigt er meine Annahme.
„Soll ich ihn besser warnen?“
„Würde das denn was nützen?“
„Aber er ist mein bester Freund und ich kann ihn doch nicht…“ Max bricht ab und starrt mit riesigen Augen an mir vorbei. Sein Gesicht wechselt im Sekundentakt die Farbe. Er sieht mich kurz an, dann geht er mit schnellen Schritten nach vorn. Ein merkwürdiges Gefühl beschleicht mich, als ich mich umdrehe und ihm hinterher sehe. Für einen Moment weigert sich mein Gehirn, das Bild zu verarbeiten, bäumt sich mein Körper regelrecht auf. Der Mann, der von Max so stürmisch begrüßt wird, ist Fabian.
Vermutlich setzt mein Herz ein paar Schläge aus, dann überschlägt es sich. Das Blut rast mit einer Höllengeschwindigkeit durch meinen Körper. Es rauscht in meinen Ohren und die Umgebung verschwimmt vor meinen Augen. Am liebsten möchte ich aufspringen und den Raum verlassen, aber ich traue meinen Beinen nicht und überhaupt scheint mein Körper nicht dazu bereit zu sein, sich zu bewegen. Im
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