Post Mortem
sorgt dafür, dass die nervösen Gefühle verschwinden.«
Zweifel machten die blassgrünen Augen schärfer. »Sie haben gesagt, dass die Angewohnheiten nervös wären.«
»Du hast absolut recht, Tanya. Das hast du ganz toll gemacht.«
»Ich hab nicht alles gemacht«, sagte sie. »Jemand hat dir geholfen.«
Nachdrückliches Kopfschütteln. »Ich hab nicht alles beim ersten Mal gemacht.«
»Du hast es zum Teil gemacht.«
Sie wandte sich von mir ab. »Ich hab unter dem Bett nachgesehen. Ein bisschen. Ich hab meine Hände ein paar Mal gewaschen. Beim zweiten Mal hab ich nicht unter dem Bett nachgesehen, und ich hab meine Hände nur einmal gewaschen. Ich musste sie waschen. Um sauber zu sein. Mommy sagt, ich soll Seife und Wasser benutzen, bevor ich schlafen gehe, und mir die Zähne putzen.«
»Klingt wie eine gute Idee.«
»Nur einmal waschen ist eine gute Idee«, erwiderte sie. »Mehr ist blöd.«
»Hat Mommy gesagt, es sei blöd?«
»Nein! Das sage ich selber zu mir.« Sie nahm einen Bleistift in die Hand, drehte ihn zwischen den Fingern, stach damit gegen das Puppenhaus.
»Ich bin wirklich beeindruckt, Tanya.«
Keine Reaktion.
»Du musst stolz auf dich sein.«
»Angewohnheiten zu haben hat mich müde gemacht«, sagte sie leichthin.
»Und jetzt kannst du mit ihnen umgehen.«
»Wenn ich nervös werde, sage ich mir: »Du bist nervös, du brauchst diese Angewohnheiten nicht.«
»Perfekt«, sagte ich. »Du könntest Ärztin sein.«
Sie machte mit Puppen herum. Strengte sich an, ein Pokerface zu bewahren. Hielt inne und ergab sich einem Lächeln. »Mommy sagt, niemand ist perfekt, aber ich bin nahe dran.«
»Da müsste Mommy sich auskennen.« Kichern. »Ahm . . . darf ich zeichnen?«
Beim zweiten Mal, drei Jahre später, rechnete ich mit Niedergeschlagenheit wegen des Rückfalls und war überrascht darüber, dass sie mit geradem Rücken und stolzem Schritt mein Büro betrat. Sie war immer noch klein für ihr Alter und zog sich älter an - gebügelte Khakihose, weißes Hemd unter einem dunkelblauen Pullover mit V-Ausschnitt, makellose braune Halbschuhe. Ihre Haare waren ausgebürstet und glatt. Andeutungen von Reife machten die Konturen ihres Gesichts allmählich fester.
Der Spieltisch, der sie im Alter von sieben beschäftigt hatte, wurde mit einem Seitenblick abgetan. Sie ließ sich in einem der Ledersessel nieder, schlug die Beine übereinander und sagte: »So, da bin ich wieder.«
»Schön, dich wiederzusehen, Tanya.«
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe es wieder getan.«
»Deine Angewohnheiten?«
»Nein. Ich meine, sie sind verschwunden.«
»Du hast dich wieder selbst geheilt.«
»Mommy hat gesagt, ich solle trotzdem zu Ihnen gehen.«
»Da gibt es nichts, was dir leidtun sollte.«
»Ich sollte eigentlich vor ein paar Wochen zu Ihnen kommen, aber ich hatte zu viele Klassenarbeiten, und deshalb bin ich . . . «
»In der Zwischenzeit hast du den Job selbst erledigt.«
»Ich will Ihre Zeit nicht verschwenden. Und Mommys Geld auch nicht. Mommy wollte trotzdem, dass ich zu Ihnen gehe. Sie möchte sich versichern, dass es mir gutgeht.«
»Fühlst du dich gut?«
»Jep.«
»Dann geht es dir vermutlich auch gut«, sagte ich. »Mann, du hast es sogar schneller gemacht als beim ersten Mal. Ich bin beeindruckt.«
»Beim ersten Mal haben Sie es in Wirklichkeit gemacht«, sagte sie. »Sie haben mir erklärt, dass ich all diese Dinge getan habe, weil ich nervös war. Jetzt verstehe ich das.« Sie setzte sich noch aufrechter hin. »Ich weiß nicht, warum ich wieder angefangen habe. Wenigstens war es diesmal nicht so schlimm. Ich habe damit angefangen, mich oft zu waschen und meinen Schrank zu putzen, aber ich habe nicht nachgesehen.«
»Warst du aus irgendeinem Grund nervös?«
»Eigentlich nicht.«
»Mommy hat mir erzählt, ihr wärt umgezogen.«
»Mir gefällt es da.«
»Manchmal kann auch ein Wechsel zum Guten jemanden nervös machen.«
Darüber dachte sie nach. »Mir gefällt es da.«
»Wie ist es in der Schule?«, fragte ich.
»Ziemlich leicht«, antwortete sie. »Langweilig. Ich hatte eine schwere Erkältung, bevor es mit den Angewohnheiten wieder losging. Mommy dachte, ich wäre vielleicht müde geworden und das wäre der Grund.«
»Das kann manchmal passieren.«
»Jedes Mal, wenn ich eine Erkältung bekomme, muss ich aufpassen?«
»Nein«, sagte ich. »Aber jedes Mal, wenn du dich wirklich über etwas aufregst, wäre es eine gute Idee, Entspannungsübungen zu machen - benutzt
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