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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hinaus, deren gesamtes Leben sich um Ordnung gedreht hatte und die sich nun mit der ultimativen Unordnung konfrontiert sah?
    Zu Tanyas erstem Besuch war es kurz nach dem Umzug in die Bedard-Villa gekommen. Geraume Zeit vor dem Tod des Colonels, aber vielleicht hatte sie mitbekommen, wie angespannt Patty gewesen war, weil sie sich um den alten Mann kümmern musste.
    Hab ihn umgebracht.
    Milo hatte die Euthanasie-Hypothese aus der Luft gegriffen, aber sein Instinkt war gut. Hatte Patty, ein grundanständiger Mensch, mit den Nachwirkungen einer impulsiven, vernichtend endgültigen Handlung zu kämpfen gehabt?
    Woher wusste ich, dass Patty grundanständig war?
    Weil jeder das behauptete. Weil ich es glauben wollte.
    »Eingeschränktes Denken«, sagte ich laut.
    Blanche schaute hoch, klimperte mit den Wimpern. Ließ sich zurücksinken und nahm ihren angenehmen Hundetraum wieder auf.
    Ich spielte noch ein bisschen in Gedanken damit herum, erinnerte mich, dass Tanyas Symptome zwei Jahre, bevor Patty sie zu mir brachte, begonnen hatten. Als sie noch auf der Cherokee wohnten.
    Die zweite Episode hatte nach dem Umzug von der Fourth Street nach Culver City stattgefunden.
    Also lagen Tanyas Anspannung vielleicht Übergangsprobleme zu Grunde, und sie hatte nichts mit irgendeinem Verbrechen zu tun. Blanche schaute wieder hoch.
    »Du musst häufiger vor die Tür, Blondie. Machen wir einen kleinen Ausflug.« An einem Samstag war die Hudson Avenue herrlich imposant und zutiefst still.
    Das Schieferdach der Villa wurde vom Nachmittagslicht versilbert. Der Rasen schien grünes Marzipan zu sein, die Fachwerkbalken, die die Fassade schmückten, frische Schokoladenriegel. Bis auf ein paar versprengte Zitronen, die auf der Eingangstreppe lagen, war alles makellos.
    Der Bentley und der Mercedes standen an derselben Stelle wie gestern.
    Die Wagen - die gesamte Umgebung - stanken förmlich nach altem Geld, aber es gab keinen Grund für die Annahme, dass Colonel Bedards Familie das Haus behalten hatte. Ich nahm Blanche auf den Arm und ging zur Haustür. Die Klingel ließ Debussy oder etwas Ähnliches erklingen. Schnelle Schritte gingen einem Klick hinter dem Guckloch voraus, und dann öffnete das Hausmädchen die Tür, das gestern das Eichhörnchen verjagt hatte.
    Ende vierzig, niedrig gebaut, Haut in der Farbe starken Tees, schwarze Haare zu glänzenden Schnecken geflochten. Misstrauische schwarze Augen. Die rosafarbene Uniform hatte keinen einzigen Fleck und war mit weißer Spitze gesäumt. Die Beine in den Nahtstrümpfen waren so krumm, als hielten sie ein Cello. Mit einer Hand umklammerte sie ein Poliertuch, das mit Silberputzmittel befleckt war.
    Blanche schnurrte und zog ihre Smiley-Nummer ab. Der Gesichtsausdruck des Dienstmädchens wurde milder, und ich brachte mein Abzeichen als LAPD-Berater zum Vorschein.
    Es ist ein eingeschweißtes Teil zum Anstecken, seit langem abgelaufen und ziemlich nutzlos, aber sie war immerhin so beeindruckt, dass ihr ein missbilligendes Schnalzen im Hals stecken blieb. Tanya hatte den Namen der Haushälterin erwähnt, die gleichzeitig mit Patty hier gearbeitet hatte… Cecilia. Diese Frau war alt genug, um vor zwölf Jahren hier gewesen zu sein.
    »Sind Sie Cecilia?«
    »Nein.«
    »Sind die Eigentümer zu Hause?«
    »Nein.«
    »Mr. and Mrs. Bedard?«
    »Nicht Hause.«
    Blanche hechelte.
    »Aber sie wohnen hier?«
    »Welche Sorte Hund?«
    »Eine Französische Bulldogge.«
    »Teuer?«
    »Ihr Geld wert.«
    Sie runzelte die Stirn.
    »Erinnern Sie sich an Colonel Bedard?«, fragte ich.
    Keine Antwort.
    »Der alte Mann, der -«
    »Ich nicht für ihn arbeiten.«
    »Aber Sie kannten ihn.«
    »Cecilia für ihn arbeiten.«
    »Sie kennen Cecilia?«
    Keine Antwort. Ich zückte den Ausweis.
    »Meine Schwester«, sagte sie.
    »Wo kann ich Ihre Schwester finden?« Längere Pause.
    »Sie ist nicht in Schwierigkeiten, ich möchte ihr nur ein paar Fragen stellen.«
    »In Zacapa.«
    »Wo ist das?«
    »In Guatemala.«
    Blanche schnurrte noch ein bisschen.
    »Nette Hund«, sagte die Frau. »Wie eine kleine Äff.«
    Als sie zurücktrat, um die Tür zu schließen, sagte eine Männerstimme: »Wer ist da, America?«
    Bevor sie antworten konnte, riss ein junger Mann den zweiten Türflügel so weit auf, dass sich der Blick auf einen Eingangsbereich aus Kalkstein und Marmor öffnete, der als Rollschuhbahn hätte fungieren können. Wandnischen boten den Büsten von Männern Unterkunft, die schon lange tot waren. Die Rückwand wurde vom

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