Post Mortem
eine Privatschule gegangen, aber jetzt ist er in einer staatlichen, was daran liegt, dass ich derzeit leichte finanzielle Unannehmlichkeiten habe. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Philip hat Probleme in seiner neuen Schule.«
»Die anderen Kinder scheinen ihn nicht recht zu schätzen«, sagte Fortuno. »In staatlichen Schulen hat man es mit ein paar knallharten kleinen Ratten zu tun. Ein Junge, der selber hart ist, ein widerstandsfähiger Junge, würde damit zurechtkommen. Philip, still, wie er ist, kommt damit nicht so gut zurecht. Falls ich da wäre, könnte ich ihm vielleicht helfen, aber ich bin nicht da, und das erfüllt mich mit Bedauern. Seine Mutter sagt mir, dass Philip weinend nach Hause kommt. Manchmal schläft er nicht gut.« Er räusperte sich. »Er hat außerdem angefangen, sich kleine…
Missgeschicke zu leisten. Klein und groß. Was seine Beliebtheit bei seinen Altersgenossen nicht gerade erhöht. Da ich nicht mehr im Bilde bin, fühle ich mich zum Teil für all das verantwortlich. Dann stelle ich fest, dass Sie mich besuchen werden, und siehe da, ich erlebe eine Epiphanie: Sankt Agnes hat mir jemanden geschickt, der dem Problem abhelfen kann.«
»Philip kann gerne zu mir kommen.«
»Wie bereits gesagt, sind meine finanziellen Ressourcen begrenzt. Ich sehe jedoch, das sich dass irgendwann in der Zukunft ändern wird, und wenn diese Zeit kommt, werden Sie angemessen entschädigt.«
»Ich verstehe.«
Fortuno klatschte in die Hände, als wolle er einen Bediensteten herbeirufen. »Ausgezeichnet. Wann werden Sie Philip sehen?«
»Seine Mom soll mich anrufen.«
»Das wird sie tun. Sie wohnen in Santa Barbara.«
»Das ist neunzig Meilen entfernt. Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich dort für Sie einen Therapeuten finde.«
Fortunos Mund wurde angespannt, und seine Augen waren schwarze Striche. »Vielleicht nicht.«
»Das ist eine lange Fahrt für ein junges Ki-«
»Sie fahren zu Philip«, sagte er. »Wenn ich in der entsprechenden Lage bin, werde ich Sie für Ihren Sprit und Ihre Zeit großzügig entschädigen. Mir geht es nicht um eine langfristige Psychoanalyse nach Freud oder Jung. Ein Besuch, vielleicht zwei, drei, vier - eine Konsultation. In einem der Artikel, die Sie geschrieben haben, heißt es, ein Großteil der Kindertherapie könne kurzfristig erledigt werden. Im Journal of Clinical and Consulting -«
»Das kann ich nicht in jedem Fall garantieren, Mr. Fortuno.«
»Ich bitte Sie nicht um eine Garantie, Dr. Delaware. Zwei Sitzungen, vielleicht drei, vier. Falls Sie danach den Eindruck haben, dass Philip am besten von einem Experten vor Ort behandelt werden sollte, werde ich das akzeptieren. Aber Sie bringen den Ball ins Rollen, Dr. Delaware. Lernen Sie meinen Sohn persönlich kennen, und geben Sie mir Feedback. Er ist ein sehr stiller Junge.«
»Okay«, sagte ich.
Noch ein Klatschen. »Ausgezeichnet. Wann?«
»Sagen Sie seiner Mutter, sie soll mich anrufen.«
»Ich hätte es gern etwas genauer.« Ein Befehl, keine Bitte. Er saß etwas aufrechter, dank dem Auftrieb, den ihm das Fitzelchen Macht verschaffte.
»Sie soll mich anrufen, und ich verspreche, dass ich sobald wie möglich hochfahre und mich mit Philip zusammensetze«, sagte ich. »Sie haben getan, was Sie können, der Rest hängt von ihr ab.«
Fortuno atmete scharf ein. »Sie wird Sie bald anrufen. Vielleicht kann Philip Sie in diesem netten hübschen weißen Haus besuchen. Die hübschen Fische in Ihrem Teich bewundern.«
Mein Bauch verkrampfte sich. »Ich würde sie ihm gern zeigen.«
»Genug Smalltalk«, sagte Petra.
28
»Blaise De Paine«, sagte Mario Fortuno. »Ein verdorbener Junge.«
»Inwiefern?«
»Ich halte nichts von Diebstahl. Andererseits…«- er räusperte sich - »… bin ich im Zuge meines Berufs gezwungen, mit Personen zu verkehren, deren Moral zweifelhaft ist. Ganz ähnlich wie bei Ihnen, Detectives.« An mich gewandt: »Bei Ihnen ebenfalls, wenn man Ihre lange Zusammenarbeit mit der Polizei in Betracht zieht. Mein Philip wird da die reinste Erholung sein.«
»Welche Geschäfte haben Sie mit De Paine gemacht?«, fragte Petra.
»Sein Beruf, wenn man es so nennen will, führt ihn in verschiedene Clubs und dergleichen. Viele dieser Nachtlokale besitzen so genannte VIP-Räume, wo Hemmungen abgelegt werden können, ganz zu schweigen von Toiletten, die von Personen mit fragwürdigen Moralvorstellungen heimlich mit Gucklöchern und versteckten Kameras ausgerüstet wurden.«
»Er hat Ihnen
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