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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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dass er keine weiteren Ambitionen hatte, ihr künftig zu helfen, und nun bot er ihr doch Unterstützung an. Warum? Harald zog seine Hand wieder zurück. »Ich dachte, du wolltest kein Risiko eingehen.«
    Gudrun sah ihn kurz an, holte den Schlüssel aus ihrer Schürzentasche und hielt ihn ihm hin. »Bitte. Dann mach.«
    Zehn Minuten später steuerte der Jetta auf die Garage zu – ohne Licht. Harald hatte es für besser gehalten, die paar hundert Meter ohne Licht zu fahren, weil niemand den Wagen sehen sollte, wie er in Gudruns Garage einparkte. Gudrun dagegen glaubte, dies sei noch auffälliger, fügte sich aber drein. Harald tat sich schwer damit, den Wagen in die schmale Garage zu bugsieren, und während sie ihm ungeduldig dabei zusah, fragte sie sich, wie er es geschafft haben mochte, von Ungarn bis Lohdorf zu chauffieren, ohne Unfall. Der rechte Kotflügel schrammte an der Garagenmauer entlang, aber Harald schien das nicht zu registrieren. Konzentriert starrte er über das Lenkrad ins Dunkle und ruckelte den Wagen im ersten Gang hinein. Gudrun hörte, wie er mit Gewalt die Handbremse hochriss und schließlich den Motor abwürgte. Immerhin: Der Jetta war in Sicherheit. Sie zog von innen das Tor zu und sperrte ab. Harald zwängte sich aus der Fahrertür, er hatte zu nah an der Wand geparkt. Allerdings waren die Garagen früher offenbar für weniger breite und hohe Autos gebaut worden, der Jetta füllte den Raum fast zur Gänze aus. Harald setzte sich auf die Kühlerhaube und sah Gudrun an. Sie wich seinem Blick aus, sie wollte die Sache hinter sich bringen, Julius’ Leiche endlich entsorgt haben.
    »Komm, wir holen die Schubkarre.« Damit wendete sie sich von ihm ab und wollte in den Garten gehen. Aber er hielt sie auf.
    »Gudrun«, sagte er, und seine Stimme war ganz weich. Sie drehte sich um. In seinen Augen meinte sie, Trauer zu erkennen. Er streckte ihr eine Hand entgegen. »Komm«, flüsterte er, »komm doch mal her.«
    Sie musste sich am Türrahmen abstützen. Ihr Brustkorb krampfte sich zusammen. Sie wollte so gerne zu ihm gehen, sich von ihm in die Arme nehmen und trösten lassen. Sie würde die Augen schließen, für einen wunderschönen Moment seine starken Arme spüren und den Kopf an seine Brust legen. Sich ausruhen, geborgen sein. Dann würde sie ihre Augen wieder öffnen, und alles wäre gut. Es wäre ein schöner Tag im Spätsommer, sie hätte einen Zwetschgendatschi gebacken, sie säßen auf der Terrasse und würden Kaffee trinken. Das Haus wäre abbezahlt, es gäbe keinen Julius, keinen Gefangenen im Keller und auch keine Annette. Sie wäre glücklich mit ihm, mit der Liebe ihres Lebens. Mit Harald Tonndorff, dem stolzen Offizier der SS-Reiterstandarte Insterburg.
    Der Schmerz in ihrem Brustkorb wurde so stark, dass er sie in die Knie zwang. Aber Gudrun wollte nicht aufgeben, nicht niedergerungen werden von sentimentalen Gefühlen und trügerischen Träumen. Sie schüttelte den Kopf und drehte Harald den Rücken zu. Auf unsicheren Beinen ging sie zu dem Gebüsch, in dem die Schubkarre mit der Leiche von Julius Klinger stand. Es gab noch Arbeit heute Nacht.
    *
    Er hatte geschlafen. Kein tiefer Schlaf, er war an der Oberfläche geschwommen, jederzeit bereit, aufzuwachen und sich gegen Angreifer zur Wehr zu setzen. Er fühlte sich wie ein Tier, gejagt und immer wachsam. Die helle Neonröhre verhinderte seinen Schlaf nicht mehr so wie in den ersten Tagen, aber sie hielt ihn davon ab, in die Tiefschlafphase zu gleiten. Deshalb war er auch sofort wach, als sich der Schlüssel im Schloss drehte. Die Frau trat ein, die Tochter. Er fragte sich, wie er sie vor ein paar Stunden noch für einen Engel halten konnte, so derangiert sah sie jetzt aus. Die Haare hingen ihr ins Gesicht, und obwohl sie gewaschen waren, wirkten sie ungepflegt. Ihr Gesicht war schlaff, die Züge verzerrt, als hätte jemand unsichtbare Gewichte daran gehängt, die ihre Haut mit aller Macht nach unten zogen. Sie trug noch immer die weißen Klamotten, jetzt allerdings ohne Schuhe. Sie hatte eine Flasche Wein dabei und zwei Gläser. Vorsichtig kam sie in den Raum, dabei fixierte sie ihn ängstlich. Er nickte nur zu Begrüßung. Seine Kehle war trocken. Sie hob die Flasche hoch.
    »Ob Sie mit mir ein Glas trinken wollen?« Ihre Stimme war unsicher, ihre Zunge schwer. Er fragte sich, wie viel sie bereits intus hatte.
    »Habe ich eine Wahl?« Seine Antwort fiel schroffer aus, als er wollte, er hatte sich noch nicht ganz unter Kontrolle. Sie

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