Power and Terror
New Republic: »Die
Palästinenser werden, wie die Kurden oder die Afghanen, nichts weiter sein als eine zertretene Nation« und dergestalt wird das Palästinenserproblem, »das allmählich langweilt«, gelöst.
Diese Ansicht wurde im Mai 2002 von Dick Armey, dem
Vertreter der Mehrheit im Repräsentantenhaus, bekräftigt:
»Die Palästinenser sollten [die besetzten Gebiete] verlassen.«
Schließlich ist die Welt groß genug. So pflegt man mit
»bloßen Dingen« umzugehen, und das erklärt auch die
Korrelation zwischen amerikanischer Militärhilfe und greulichen Menschenrechtsverletzungen.
Ich könnte noch viele weitere Beispiele anführen, möchte mich aber einer anderen Kategorie von Terror zuwenden, nämlich der ökonomischen Kriegführung. In der westlichen Hemisphäre gibt es momentan zwei Staaten, die von den USA mit einem Embargo belegt sind. Zufälligerweise handelt es sich dabei um Länder, die früher zu den größten Importeuren von Sklaven gehörten – Kuba und Haiti.
Das Embargo gegen Kuba währt nunmehr vierzig Jahre und ist Bestandteil einer umfassenderen Kriegführung. Kuba wurde von den USA erst kürzlich wieder unter die führenden Terrorstaaten eingereiht, vielleicht, weil es seit vier Jahrzehnten zu den bevorzugten Zielen des internationalen Terrorismus gehört.
Die USA führen seit 1959 Krieg gegen Kuba. Bis 1989 hieß 55
es, wir müßten uns gegen diesen Tentakel des Sowjetreichs, der bereit sei, uns zu erwürgen, mit Terror und ökonomischer Kriegführung verteidigen. Dann verlor dieser Vorwand seine Bedeutung, und wir wechselten ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, gegen einen anderen aus. Wir verschärften das Embargo, nunmehr aus Liebe zur Demokratie. In Verletzung internationaler Menschenrechtsprinzipien ist sogar die Einfuhr von Lebensmitteln und Medizin verboten.
Das Embargo, so lautet die Standardauffassung in den Vereinigten Staaten, die erst vor ein paar Wochen von Expräsident Carter wiederholt wurde, nützt Castro, schadet aber nicht den Kubanern, sondern höchstens nordamerikanischen Farmern und Agrarexporteuren, die ihre Produkte gerne auch in Kuba vertreiben würden.
Andere Leute haben sich die Situation etwas genauer
angesehen. Im März 1997 veröffentlichte die American Association of World Health eine dreihundert Seiten
umfassende Dokumentation, die zu dem Schluß kam, daß das Embargo die Gesundheit und Ernährung der kubanischen Bevölkerung erheblich beeinträchtigt und zu einem Ansteigen von Krankheiten und Todesfällen geführt hätte. Nur das immer noch intakte Gesundheitssystem habe eine humanitäre
Katastrophe verhindert, dabei allerdings Ressourcen aus anderen Bereichen abgezogen, die dort dringend benötigt wurden.
Das Embargo war also, wie die Liquidierung der
Befreiungstheologie, ein Erfolg. Das andere, gegen Haiti verhängte Embargo trägt noch groteskere Züge. Haiti war im letzten Jahrhundert das bevorzugte Ziel US-amerikanischer und anderer Militärinterventionen und gehört jetzt zu den ärmsten Ländern der westlichen Hemisphäre.
1915 schickte Woodrow Wilson in einem Anfall von
»Wilsonianischem Idealismus« die Marines nach Haiti. Sie zerstörten dort das parlamentarische System, führten die Sklaverei wieder ein, töteten (haitianischen Schätzungen 56
zufolge) an die fünfzehntausend Menschen und machten das Land zu einer Plantage für US-Investoren. Außerdem
institutionalisierten sie die Nationalgarde, eine mörderische paramilitärische Macht, die seitdem das Land unter der Knute hatte.
Ich will hier nicht die ganze Geschichte aufrollen. Die Junta wurde noch zu Zeiten des schlimmsten Terrors von den Präsidenten Bush [sen.] und Clinton unterstützt, und in Queens, New York, lebt unbehelligt Emmanuel Constant, der ehemalige Führer der paramilitärischen Verbände, verantwortlich für den Tod von vier- bis fünftausend Menschen.
Haiti hat um seine Auslieferung ersucht, worauf die
Vereinigten Staaten jedoch nicht reagierten. Die Presse schweigt wie üblich. Warum sollten wir einen Killer ausliefern, der nur ein paar tausend Leute umgebracht hat und in Haiti vielleicht seine Beziehungen zu US-amerikanischen Hintermännern ausplaudert?
Nachdem 1995 die Junta endlich aus dem Amt gejagt worden war, wollten die Inter-American Development Bank und andere Institutionen zunächst das schwer angeschlagene Gesundheitssystem sanieren, um das Sinken der Lebenserwartung zu stoppen. (Haiti ist das einzige Land der westlichen Hemisphäre, wo die
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