Power and Terror
Israels und dann in den Vereinigten Staaten. Einiges davon findet sich in der Neuausgabe meines Buchs Fateful Triangle.14
Damals erwähnte ich nicht, wer mich auf meiner Reise begleitet hatte, weil man in Ländern, wo Unterdrückung herrscht, Personen, die verfolgt werden könnten, schützen muß.
Aber nach so vielen Jahren halte ich es für möglich und richtig, das Geheimnis zu lüften.
Zum ersten Mal begegnete ich Azmi um sechs Uhr morgens an einem Apriltag des Jahres 1988. Vor dem Gefängnis von Daharija, das als »Schlachthof« berüchtigt ist, fand eine Demonstration statt. Der »Schlachthof« ist eine Station auf dem Weg zum Gefängnis von Ketziot in der Negev-Wüste, einer schrecklichen Folterkammer, die gewöhnlich »Ansar III«
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genannt wird. Ansar I war ein ähnlich fürchterliches Gefängnis im Südlibanon, dessen Funktion enthüllt wurde, nachdem die israelischen Truppen das Land verlassen hatten. In Gaza gab es zudem noch ein Ansar II-Gefängnis.
Die Demonstranten bestanden aus Israelis und ausländischen Teilnehmern an einer akademischen Konferenz, zu denen auch ich gehörte. Nach der Demonstration kletterte ich in Azmis Wagen, und er fuhr mich den ganzen Tag durch das
Westjordanland. Wir starteten in Nablus, wo wir die Altstadt besuchten und in der Kasbah mit Aktivisten sprachen. Jeder, der einmal dort gewesen ist, muß angesichts der jüngsten Vorkommnisse Schmerzen empfinden. Man könnte die Straßen jetzt nicht mehr mit einem Auto passieren, nicht einmal mit einem Panzer.
Die Berichte aus Nablus sind noch düsterer als die aus Dschenin. Hier wie dort gab es massive Zerstörungen und viele Tote, und in Nablus sind darüber hinaus noch archäologische Schätze ruiniert worden, die bis in die Römerzeit zurückreichen.
Damals fuhren wir von Nablus aus zu verschiedenen
westjordanischen Dörfern; viele von ihnen waren Angriffsziele der israelischen Armee. Einige mußten wir verlassen, als Armee-Einheiten anrückten, weil die Dorfbewohner sich Sorgen machten, was wohl geschehen würde, wenn man Ausländer bei ihnen fände. Sie hatten damit schon in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht.
Wir besuchten auch Beita, das einige Tage zuvor traurige Berühmtheit erlangt hatte. Beita ist ein traditionell-konservatives Dorf in den Hügeln unweit von Ramallah und dürfte mit seinen Hunderte von Jahren alten Häusern sehr reizvoll gewesen sein.
Gleich nach Beginn der ersten Intifada erklärte Beita sich zur befreiten Zone, was einen Angriff der israelischen
Besatzungstruppen zur Folge hatte. Als wir dort waren, stand das Dorf unter Belagerung, aber mit Hilfe von Anwälten der in 67
Ramallah beheimateten Organisation Al-Haq (Gesetz im Dienst des Menschen) konnten wir über Seitenstraßen und, geleitet von Dorfbewohnern aus der Nachbarschaft, durch die Hügel dorthin gelangen. Wir verbrachten in Beita einige Stunden, bis die um 19 Uhr beginnende Ausgangssperre heranrückte, so daß ein längerer Aufenthalt lebensgefährlich geworden wäre.
Damals war Beita von israelischen Truppen angegriffen und teilweise zerstört worden. Der Grund dafür – und für die Belagerung – war folgender: Eine Gruppe israelischer Bewohner der nahegelegenen Siedlung Elon Moreh hatte die zu Beita gehörenden Felder betreten. Die Gruppe wurde von einem Mann namens Romam Aldubi angeführt, einem kriminellen
Extremisten. Er war der einzige Jude, dem die Militärbehörden jemals verboten hatten, arabisches Gebiet zu betreten. Die Israelis erschossen auf dem Feld einen Schafhirten. Dann wurden sie nach Beita gebracht, wo sie weitere Personen umbrachten.
Als die Mutter eines der Ermordeten Aldubi mit einem Stein bewarf, feuerte er und tötete dabei das israelische Mädchen Tirza Porat, die zu der Gruppe der Siedler gehörte. Das führte in Israel zu einer hysterischen Reaktion, und es wurden Forderungen laut, das Dorf zu zerstören und die Einwohner zu vertreiben. Zwar wußte die israelische Armee, was geschehen war und teilte es auch öffentlich mit, marschierte aber, vielleicht, um gewalttätige Ausschreitungen seitens der Siedler zu vermeiden, in das Dorf ein und verwüstete es.
Offiziell wurde bekanntgegeben, man habe fünfzehn Gebäude zerstört, zuvor jedoch die Einwohner rechtzeitig gewarnt. Das war eine komplette Lüge. Wir konnten sehen, daß mindestens doppelt so viele Häuser dem Erdboden gleichgemacht worden waren, und die Menschen hatten überhaupt keine Gelegenheit gehabt, das Dorf zeitig zu
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