Power and Terror
den Machtinteressen Israels im Wege. Israel ist ein Außenposten der amerikanischen Macht und muß es bleiben, um seine eigenen Interessen durchsetzen zu können.
Clintons Plan war also nur heiße Luft.
Keineswegs. Hat man im Zusammenhang mit diesem Plan
jemals eine Landkarte gesehen? Nein, und der Grund dafür liegt auf der Hand. In der gesamten Presse ist niemals eine Karte veröffentlicht worden, denn sonst hätte man sofort erkannt, worauf der Plan hinauslief: Das Westjordanland sollte in vier großenteils voneinander getrennte Kantone aufgeteilt werden, wobei Ost-Jerusalem – das Zentrum des palästinensischen Lebens und eines der Kantone – von allen anderen abgeschnitten sein würde. Dazu käme dann noch der Gaza-Streifen, der, gleichfalls isoliert, auch in Kantone unterteilt werden sollte. Das war noch schlimmer als die südafrikanischen Bantustans.
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Auf welche Weise dient Israel den Interessen der Vereinigten Staaten?
Das ist eine lange Geschichte. Bereits 1958 meinten US-Geheimdienste, daß die Unterstützung für Israel eine »logische Begleiterscheinung« des israelischen Kampfs gegen den unabhängigen arabischen Nationalismus sein müsse. Israel könnte eine Macht werden wie die Türkei oder der Iran unter dem Schah; eine Macht, die die auf Unabhängigkeit bedachten Kräfte in den arabischen Ländern im Zaum halten würde.
Damals schenkten die USA dieser Möglichkeit keine
sonderliche Beachtung.
1967 jedoch erwies Israel den Vereinigten Staaten einen großen Dienst: Es zerschlug den arabischen Nationalismus, besiegte Nasser, der hier die treibende Kraft war und zudem die Herrschaft der saudi-arabischen Elite bedrohte. Nun avancierte Israel zum bevorzugten Bündnispartner der USA und zugleich zum Liebling der amerikanischen liberalen Intellektuellen, die sich vorher nicht weiter um Israel gekümmert hatten.
1970, während des Schwarzen September,17 verschärfte sich die Situation noch. Damals sah es für kurze Zeit so aus, als würde Syrien Aktionen zum Schutz der Palästinenser
unternehmen, die in Jordanien niedergemetzelt wurden. Die USA konnten nicht eingreifen, weil sie bis zum Hals im Vietnamkrieg steckten und unbedingt Kambodscha
bombardieren mußten. Sie baten Israel, die Luftwaffe zu mobilisieren und Syrien unter Druck zu setzen. Das tat Israel, und Syrien lenkte ein. Die Palästinenser wurden weiterhin ermordet, und die Militärhilfe an Israel vervierfachte sich.
Als 1979 der Schah, eine Hauptstütze der US-amerikanischen Macht, ins Exil gehen mußte, wurde Israels Rolle noch gewichtiger. Das ist bis heute so geblieben. Die größte 75
ägyptische Tageszeitung veröffentlichte vor kurzem einen Artikel mit der Überschrift »Achse des Bösen«. Gemeint waren die USA, Israel und die Türkei. Diese Mächte richten sich gegen die arabischen Staaten; es ist ein festes Bündnis, das auch gemeinsame Militärmanöver abhält. Israel ist der verläßlichste und stärkste Partner und mittlerweile vollständig in die amerikanische Militärökonomie integriert.
Im Gegensatz dazu sind die Palästinenser für die US-
Regierung etwa so wertvoll wie die Bevölkerung von Ruanda.
Gefährdet dieses Bündnis nicht die Beziehungen zu einigen arabischen Staaten, die anderenfalls sehr viel engere Bindungen zu den USA eingehen würden?
Genau deshalb hat Washington Scharon sehr höflich gebeten, die Panzer und Truppen aus den palästinensischen Städten wieder abzuziehen, weil sonst Dick Cheneys Mission hätte fehlschlagen können. Nun ja, Washington spricht und Israel gehorcht. Die Streitkräfte wurden tatsächlich sofort abgezogen.
Doch darf man nicht vergessen, daß die politischen Führer der arabischen Staaten nicht völlig anti-israelisch eingestellt sind, weil sie wissen, daß Israel zu dem System gehört, das sie vor ihrer eigenen Bevölkerung schützt.
Und sie hätten gerne eine Entschuldigung für ihre stärkere Unterstützung der US-Politik, wenn Israel sie nur ließe.
Sie würden es lieber sehen, wenn Israel sich zurücknähme und nicht so viele Menschen umbrächte. Schließlich dreht sich in dieser Region alles ums Öl.
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4. Was können wir tun?18
Der UN-Beauftragte für Ruanda, General Romeo Dallaire, hat sich in einer Rede sehr enttäuscht über das Desinteresse der großen Mächte am Völkermord in Ruanda und anderen afrikanischen Staaten gezeigt und von einem inhärenten Rassismus gesprochen, der solche Vorkommnisse ermögliche.
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