PR 2624 – Todesfalle Sektor Null
und Schotte werden soeben geschlossen. Die Antriebssysteme durchlaufen den Countdown.
Alle Wissenschaftler sind an Bord.
Alle Strukturpiloten sind an Bord.
Sondercheck: Die Salkrit-Experimentalphysikerin Iris Shettle ist an Bord.
Sondercheck: Der Roboter von Captain Semwat Lenz ist an Bord.
Check over!«
»Danke, NEMO!«
Kasom wandte sich an die vier Charonii. »Ihr kennt das schon. Eine zusätzliche Bitte habe ich: Sucht den schnellsten Weg aus der Wolke. Es geht um mehr als tausend Menschenleben.«
Die vier bildeten einen Kreis und steckten die Köpfe zusammen. Strukturpiloten bildeten eine besondere Gruppe im Volk der Charonii. Sie entwickelten zwei unterschiedliche Fähigkeiten, die immer zusammen auftraten: den Pilotensinn und die Pilotenkraft. Nur damit war Raumfahrt innerhalb der Charon-Wolke möglich.
Der Pilotensinn ermöglichte den Strukturpiloten die Ströme von Raum und Energie zu erkennen, die im »Quirl« des Strukturgestöbers der Charon-Wolke herrschten; auf diese Weise wurden die Zonen gefunden, in denen das Fortkommen weniger Kraft kostete. Gute Piloten hatten Reichweiten bis zu einem Lichtjahr. Die Pilotenkraft ermöglichte ihnen, je nach individueller Leistungsfähigkeit, die Strömungen ringsum willentlich zu beruhigen.
Während des Raumflugs schafften die Strukturpiloten auf paranormalem Weg eine Zone vergleichbar einem Sturmauge, umgangssprachlich Strukturauge genannt. Diese stabile Blase »wanderte« entsprechend mit den Strukturpiloten; besonders fähige vermochten kugelförmige Strukturaugen von bis zu vier Kilometern zu schaffen.
Eine Sekunde Unachtsamkeit reichte in der Charon-Wolke, dann war alles vorbei. Deshalb arbeiteten die Strukturpiloten stets in Teams und somit mehrfacher Redundanz.
Bei rund zehn Prozent der Strukturpiloten kam als dritte Gabe die Explosive Kraft hinzu – diese schuf keine stabile Zonen im Strukturgestöber, sondern lenkte es in zerstörerischer Weise, weil die Explosive Kraft ausschließlich im Zusammenspiel mit dem Aggressionstrieb aktiviert werden konnte.
»Wir sind so weit«, sagte Kempo Doll'Arym.
7.
»Im Schiff gibt es mehrere Notfunkgeräte«, sagte van Doberen. »Leider sind alle Standorte zerstört.«
»Hier sieht es nicht nach Zerstörung aus.«
»Ich besitze keine Informationen darüber, Wahna. Ich kann dich nicht hindern, nachzusehen.«
»Bin schon unterwegs. Ist meine Gruppe bei euch eingetroffen?«
»Sie sind in der Nähe, passieren soeben eine Strukturlücke. Jetzt sind sie in der Zentralkugel.«
»Gut!«
»Wahna?«
»Sag jetzt nichts. Ich weiß genau, was ich tue.«
»Und ich weiß vor allem, warum du es tust.«
»Du brauchst es nicht jedem auf die Nase zu binden, oder?«
»Nein. Aber man wird mich befragen.«
»Dich trifft keine Schuld. Alles ist meine eigene Entscheidung.«
»Du machst es dir verdammt schwer, Wahna Porant. Und uns auch.«
»Ich beeile mich.«
»Wir sind startklar. Und wir können nicht ewig auf dich warten.«
»Dann gute Reise!«
Sie mussten der Zentralkugel den Weg freisprengen. Für ihn würde es den Tod bedeuten, weil es das Schiff komplett zerriss.
»Wahna! Es heißt nicht, dass wir schon starten. Noch gibt es Hunderte von Verwundeten herbeizuschaffen und nach weiteren Opfern zu suchen.«
Er gab keine Antwort. Mit den integrierten Modulen des SERUNS ortete er nach draußen, ob die Schiffe schon in der Nähe waren und mit der Evakuierung begannen.
Da war nichts. Die Besatzung war auf sich allein gestellt. Es kam keine Hilfe, weil sie nicht kommen konnte. Oder weil sie nicht mehr existierte. Der Funkspruch war sinnlos, er konnte ihn bleiben lassen.
Trotzdem machte er sich auf den Weg. Aus der Ferne drangen die Geräusche von Explosionen, immer wieder von einem merkwürdigen Fauchen unterbrochen. Porant vermutete, dass es sich um den von der Explosionshitze erzeugten Luftstrom handelte.
Er schaltete das Triebwerk des Anzugs ein und raste los, immer stärker gegen den Sturm, vorbei an Labortrakten, die völlig in Ordnung waren. Durch offene Türen sah er Versuchsanordnungen, die noch liefen oder außer Kontrolle geraten waren, weil die positronische Steuerung nicht mehr arbeitete. Porant entdeckte eine Kantine, in der halb aufgegessene Speisen auf dem Tisch standen. Ein paar Teller lagen am Boden.
Und er fand Blutstropfen, die aus einem Seitenkorridor kamen und in die Richtung führten, in die er ging. Die Tropfen glänzten leicht, waren folglich recht frisch. Der heiße Sturmwind
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