PR 2630 – Im Zeichen der Aggression
höheres Verständnis für die taktischen Eigenschaften eines Einsatzes verfügten. Aber er hatte noch nie von einem Dosanthi gehört, der mit verbundenen Augen den Waffengürtel eines Badakk-Roboters in seine Einzelmodule zerlegen, ihre Funktionen benennen und anschließend wieder fehlerfrei zusammensetzen konnte.
Sieben Wochen nach seiner Ankunft in der NYCORMO, unmittelbar nach der Schlacht von Korun'ghar, verlangte der Reparat Vetela ihn zu sprechen.
»Ist der Ehrenbadakk in Schwierigkeiten?«, fragte Haseta mit hämischem Unterton.
»Vielleicht will er mich befördern?«, gab Tokun in derselben Stimmlage zurück.
Im zentralen Antigravschacht schwebte Tokun in die Bughalbkugel des Raumers, wo sich Reparat Vetela aufhielt. Zwei Xylthen nahmen ihn in Empfang. Sie wiesen ihn an, in einem auf xylthische Körpermaße ausgelegten Besprechungsraum auf den Reparat zu warten.
Tokun hatte längst in den Schulungsunterlagen gelernt, was Tische und Stühle waren.
Xylthen zogen es vor, für die Essensaufnahme, bei Gesprächen und für stationäre Arbeit oberhalb des Bodens zu arbeiten. Dabei setzten sie sich auf die Stühle und verwendeten die Tische als eine Art erhöhten Boden. Besonders interessant erschien Tokun die Tatsache, dass in Verhandlungssituationen jeweils nur die Hälfte des Gesprächspartners einsehbar war. Die untere Körperhälfte wurde durch die Tischplatte verdeckt.
Er fragte sich, was die Xylthen voreinander zu verbergen hatten, dass sie zu solchen Verfahrensweisen griffen. Wahrscheinlich würde er die Antwort nie erfahren, da er weder sich selbst noch einen anderen für mutig genug hielt, einen Xylthen auf dieses Thema anzusprechen.
Geschlagene zwei Stunden ließen sie Tokun warten. Ein ordinärer Dosanthi hätte allein in dieser künstlich-kalten Umgebung wahrscheinlich ernsthafte psychische Probleme bekommen.
Der junge Agal-Atimpal ließ es gar nicht erst zu, Angst zu empfinden. Er konzentrierte sich auf seine Aggressionen, fühlte das Calanda in seinem Innern brennen wie eine starke Flamme.
Es half ihm, die unwirkliche Situation zu überstehen.
Ohne Vorwarnung wurde die Tür aufgerissen. Ein mächtiger Xylthe trat schweren Schrittes in den Raum. Er hatte einen kahlen weißen Schädel und stechend nachtschwarze Augen und überragte Tokun Gavang trotz Agalaria-Zustand um etwa zwei Handbreit.
»Setz dich!«, befahl Vetela barsch.
Tokun wich sicherheitshalber einen Schritt zurück, bevor er sagte: »Die ... Stühle sind nicht für meine Körpermaße ausgelegt!«
»Ich weiß.«
Verdutzt sah Tokun den Koloss in der schwarzen Uniform an. Vetela verschränkte die beiden Arme vor der breiten Brust. An den Oberarmen traten beeindruckende Muskelpakete heraus.
»Setzen!«
Tokun schluckte. Er zog einen der Stühle zurück und nahm auf der Sitzfläche Platz. Dann zog er die Beine hoch, wie er es immer tat, wenn er im weichen Moos eines Höhlenbodens saß.
Der Dosanthi bezweifelte nicht, dass er durch die unnatürliche Sitzhaltung innerhalb kürzester Zeit Schmerzen haben würde. Höchstwahrscheinlich legte Vetela es aber genau darauf an.
Der Xylthe blieb drohend vor Tokun aufgerichtet stehen. Seine verschränkten Arme sollten wohl eine ablehnende Haltung signalisieren. Tokun war sich aber nicht sicher. Abgesehen von den Kämpfern, die sie bei Missionen begleiteten, hatte er kaum je die Gelegenheit, die Körpersprache von Xylthen zu studieren.
»Erklär mir, weshalb du hier bist!«, befahl Vetela.
»Ich ... ich ...«, begann Tokun unsicher.
»Stottere nicht, sondern sprich, Dosanthi!«
Tokun sog scharf die Luft ein. Es brachte nichts, wenn er wegen des Reparats vor Angst und Respekt kaum sprechen konnte. Wenn er mit halbwegs erhobenem Haupt aus dieser Situation kommen wollte, musste er sich auf seine Stärke berufen: seine Aggression.
Der Agal-Atimpal blickte auf. »Du wirst meine Akte genau kennen, Reparat. Ich bin hier, weil mich der Calanshan-Meister Skyl Skopen von meinem Heimatplaneten Meloudil im Pytico-System weggeholt hat. Dort wird die Dauererregung als Behinderung angesehen. Mein Ausbilder Xoren Ferup wollte mich den Weg der Gelassenheit lehren, während Skopen der Meinung war, dass ich innerhalb der Schutztruppe meine Begabung schulen und sinnvoll einsetzen könnte.«
»Du hast recht!«, blaffte Vetela zurück. »Diese rührende Geschichte kenne ich tatsächlich aus den Unterlagen. Trotzdem frage ich dich erneut: Weshalb bist du hier? Was versprichst du dir davon? Und noch viel
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