PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa
befähigen uns ... Änderung unserer Körper.«
»Organe ... abgesehen? Was bedeutet ... Sind die Sayporaner etwa Kannibalen? Oder Leichenfledderer?«
Schlagartig erinnerte sich Shamsur Routh an ein Bild, an Szenen auf Terra, im Gnauplon, dem Pagodenzelt, auf dem Hamburger Friedhof ...
*
Im Hintergrund stand auf drei Beinen ein dreieckiger Tisch, auf dessen Fläche etwas wie ein Holzklotz lag, ein längliches, teigig-unebenes Gebilde, offensichtlich organisch, dunkel und amorph.
»Was ist das?«, hatte Routh gefragt.
Puc hatte mitgeteilt: »Ich versuche das Bild ein wenig glatt zu rechnen.«
Die Umrisse des Bildes schärften sich unwesentlich. Eine der Längsseiten des Blocks wies eine kreisrunde, andersfarbige Fläche auf. Aus der anderen Längsseite quollen Bänder oder Schleifen. Die Konturen gewannen noch mehr Deutlichkeit. Routh schluckte.
»Das ist der Torso eines Menschen«, sagte Puc. »Ein Teil einer Leiche.«
»Ja«, bestätigte Routh.
»Wahrscheinlich kürzlich exhumiert.«
*
Die Spiegelin zögerte, schwieg eine Weile. Dann flüsterte sie mit einer fahlen Stimme, rau wie eine Korundfläche, einige unverständliche Worte.
»Sie betrachten die Organe nicht als Speisen ... und keine Rituale oder Ähnliches. Nein, Shamsur ... ganz anderes Interesse ... vielleicht Notwendigkeit ... sie nehmen die Organe fremder Intelligenzen aus Notwendigkeit. Warum? Weiß ich nicht. Weiß vielleicht ... niemand. Vielleicht wird dadurch die genetische Varianz ihrer Art ... erweitert ... und deswegen waren sie damals ... glaubten wir ... an uns interessiert. Also an unseren Körpern, Shamsur.«
Routh zuckte zusammen und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Er hatte niemals sayporanische Kinder gesehen. Deutete das darauf hin, dass er es mit einem sterbenden Volk zu tun hatte? Vielleicht mit einem, das sich Langlebigkeit durch Kinderlosigkeit erkauft hatte, so, wie es bei anderen Völkern auch der Fall gewesen war? Zu viele Vielleicht. Ein anderer Verdacht suchte ihn heim. Gesetzt den Fall, dass die Sayporaner eine längere Lebensspanne hätten, als Lebewesen sie normalerweise hatten, älter, als es die Natur gestattete, dienten die fremden Organe ... frische, aktive Biosubstanz hochkomplexer Natur ... Vielleicht dienten sie dazu, auf natürlichem oder künstlichem Weg das Leben der Sayporaner zu verlängern, ihre Gesundheit sozusagen stabil zu halten? Waren ihre Körper tatsächlich in der Lage, artfremde Biosubstanz zu adaptieren?
Routh wandte sich wieder der Spiegelin zu. Sie hatte sich, offensichtlich mit letzter Kraft, halb aufgerichtet. Auch ihr Gesicht war nicht länger das einer menschlichen Frau. Sie hob mit der linken Hand das Schemenkleid von ihrem Körper und begann zu sprechen. Ihre Stimme war mehr ein Röcheln als ein Flüstern.
»Ich brauche den Symbionten nicht mehr, Shamsur. Nimm das Schemenkleid ... intuitiv gebrauchen. Oder dein Implantmemo hilft dir ... muss schlafen ... wird für immer ...«
Als Routh sich vorbeugte, um den Schleier an sich zu nehmen, sank 1113 Taomae zurück. Im Sterben verschwand auch der letzte Eindruck der humanoiden Gesichtszüge. Die Sterbende hatte die türkisfarbene Gestalt einer schönen, schlanken Libelle zurückerhalten.
Routh hängte sich das letzte Vermächtnis der Vae-Vaj wie einen Schal um die Schultern und suchte in Gedanken nach dem besten und schönsten Platz, an dem er Taomae würdig begraben konnte. Zuletzt fiel ihm in einer der oberen Galerien jener metallene Hohlkörper ein, der einem offenen Sarkophag glich.
Er hob den Körper auf und trat den Weg zum Ausgang des Regulariums an. Als er Puc. Aktiv! dachte, war die letzte Kommunikationsstörung vorbei.
Das Implantmemo berichtete, dass die fliegende Landschaft langsamer geworden war und in kurzer Zeit Anboleis erreicht haben würde.
*
Die letzten zwei Steine aus der halb zerfallenen Mauer am Eingang legte Routh besonders behutsam zu den anderen. Die Vae-Vaj lag unter verschieden großen und verschiedenfarbigen Steinen in der stählernen Wanne, und als habe Routh sich die Zeit besonders geschickt eingeteilt, hatte sich das Abendlicht tiefrot gefärbt.
Morgen früh wird die Onuudoy Vae-Bazent anhalten. Ich habe den kürzesten und einfachsten Weg gefunden; wir verlassen die fliegende Landschaft durch eine Kaverne. Anboleis, die Stadt ohne Geheimnisse, wirst du morgen betreten können. Aber ob du dort Anicee finden wirst, großer Bruder, steht in den Sternen.
Die ich so viele
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