PR 2667 – Der Diplomat von Maharani
nach. »Etwa Druck jener Art, den Bostichs Leute anwenden?«
»Ich habe lediglich in den Raum gestellt, dass ich die Ernährung der Gefangenen auf vegetarisches Essen und gesunde Rohkost umstellen könnte. Das genügte, nachdem ich feststellte, dass sie einen extrem hohen Eiweißanteil in ihrer Nahrung benötigen.«
»Bei einer Gemüsediät würden sie also verhungern.« Arun Joschannan schüttelte den Kopf. »Du drohst ihnen ...«
»Möchtest du den Moralapostel hervorkehren?«, unterbrach Tekener barsch. Er hatte keine Lust, langwierige Diskussionen zu führen. »Sie gaben mir Antworten, sobald ich den Druck ein klein wenig erhöht hatte.«
»Sag schon!«
»Sie behaupten, dass sie ab und zu Organe von frisch Verstorbenen benötigen. Sie tauschen sie gegen ihre eigenen aus oder ergänzen sie, um ihr Leben zu verlängern.«
»Sind diese Auskünfte plausibel?«
»Ich habe einige Spezialisten auf das Thema angesetzt und bislang bloß ein vorsichtiges Ja erhalten. Transplantationen innerhalb einer Spezies, aber zwischen unterschiedlichen Völkern wie Akonen, Arkoniden oder Terranern und deren Kolonisten, gehören in der Milchstraße zu Standardeingriffen. Allerdings erforderten diese Eingriffe stets besondere ... hm ... Adapter und immunologische Effektoren. Ganz abgesehen davon, dass man im Regelfall auf weitaus zuverlässigere künstliche Geräte oder synthetisch gezüchtete Organe zurückgreift.«
Tekener sammelte seine Gedanken. »Man hat mir während der letzten Stunden sehr viel über die Möglichkeiten von Fremdtransplantationen erzählt, und ich habe, ehrlich gesagt, bloß den zehnten Teil verstanden. Aber man hält es immerhin für möglich, dass die Sayporaner eine Zufuhr fremdartigen Genguts unbedingt benötigen, um ihre Langlebigkeit abzusichern. Bei keinem uns bekannten Organismus würden derartige Transplantationen funktionieren, niemand würde das überstehen.«
»Ich verstehe ...«
Nein, tat er nicht. Noch nicht. »Man muss sich vorstellen: Bei den toten Sayporanern waren Teile unterschiedlichster Wesen in einem Körper vereint. Sogar völlig artfremde Hirnareale wurden gefunden.«
»Unmöglich!«
»Dieses Wort habe ich im Laufe meines Lebens viel zu oft gehört.« Tekener zwang sich zu einem Lächeln. »Meine Mediker wissen offen gestanden nicht, wen sie vor sich haben, wenn sie einen Sayporaner untersuchen. Dazu kommt, dass Organe entdeckt wurden, deren Funktionalität völlig unbekannt ist. Unsere Gesprächspartner wollten oder konnten sich nicht dazu äußern. Es scheint, als würden sie unsere Fragen nicht verstehen. Die Reaktionen sind etwa so, als würdest du einen männlichen Terraner fragen, warum er Brustwarzen hat.«
»Ich muss das erst einmal sacken lassen «, murmelte Joschannan. »Und ich werde mich über dieses Thema ausgiebig mit Chourweydes unterhalten.«
»Mach das. Und ich werde die USO-Gefangenen weiter unter Druck setzen. Diese Kerle sagen uns längst nicht die ganze Wahrheit.« Tekener überlegte sich seine Worte gut. Er wollte den Ersten Terraner nicht mit allen Einzelheiten seiner Arbeit vertraut machen. »Ich möchte ihnen verdeutlichen, dass es für uns ethisch völlig inakzeptabel ist, Teile von Intelligenzwesen in sich aufzunehmen. In welcher Form auch immer diese Aufnahme erfolgt.«
Joschannans schluckte schwer. »Halt mich bitte auf dem Laufenden, Ronald.«
»Selbstverständlich. Achte auf deine Gefangenen. Es steht zu befürchten, dass einige von ihnen ebenfalls an Eiweißmangel erkranken. Ich lasse dir regelmäßig die Arbeitsbulletins meiner Ärzte übermitteln.«
Sie verabschiedeten sich voneinander, Tekener wandte sich anderen Aufgabengebieten zu. Das Gespräch mit dem Ersten Terraner war rasch wieder vergessen – nicht jedoch, dass er während der letzten Tage zweimal versagt hatte. Auf der Theaterwelt, als er Joschannan als Lockvogel verwendete und dieser beinahe als Zombie der Badakk geendet hätte – und am vergangenen Tag auf T9.
Er musste Gespräche mit Angehörigen führen, mit den Angehörigen von toten USO-Mitarbeitern. Er hatte dieses Thema viel zu lange vor sich hergeschoben.
»Verdammt!«, sagte er und wiederholte voll Inbrunst: »Verdammter Dreck.«
7.
Methan-Extremwelt Trankun,
22. Februar 1470 NGZ
Gark da Rosen zog den Schutzanzug über, aktivierte die vielfältigen, speziell auf diesen grässlichen Planeten abgestimmten Sicherheitsmechanismen und betrat die Schutzschleuse. Nur wenige Augenblicke später geriet er ins Freie.
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