PR 2667 – Der Diplomat von Maharani
wäre.«
Caio log. Es war ihm an der Nasenspitze anzusehen.
Oder?
»Warum?«, fragte Joschannan. »Was habe ich ihr angetan?«
»Du hattest eine Geliebte. Solange ihr zusammen wart.«
»Das stimmt nicht!«
»Oh doch. Sie erzählte mir, dass sie gegen diese ganz besondere Nebenbuhlerin niemals eine Chance gehabt hätte. Sie hätte deine Nummer eins sein sollen, doch in Wirklichkeit musste sie stets zurückstecken. Freundlich lächeln. Geduld haben. Akzeptieren, dass es die Arbeit war, die dir wichtiger war. Die Arbeit in der Wirtschaft, die Arbeit in der Politik.«
»Ach so. Diese Art von Geliebte ...« Joschannan atmete erleichtert durch.
»Glaubst du, dass es dadurch besser wird?«, brüllte Caio unvermutet. »Du hast bereits ein Leben zerstört – das Leben meiner Mutter!«
»Es ist ein klein wenig komplizierter, als du glaubst.« Er wich einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände, erschrocken ob der heftigen Reaktion seines Sohnes.
»Es ist immer kompliziert. Das sagst du auch stets, wenn man dich zu einem heiklen Thema interviewt.« Versonnen, mit einem glücklichen Lächeln fuhr Caio fort: »Aber wenn ein Sayporaner etwas erzählt, erscheint alles ganz einfach. Dann habe ich keine Angst mehr. Vor nichts und niemandem.«
Er schwieg, und eine seltsame, schwere Stille machte sich breit.
Arun Joschannan dachte lange nach, bevor er etwas sagte. »Ich bin kein Sayporaner, und ich habe keine einfachen Antworten auf deine Fragen. Ich glaubte, stets das Richtige getan zu haben, was dich und deine Mutter betrifft ... Falsch: Ich hoffte, stets das Richtige getan zu haben. Offenbar habe ich mich geirrt.«
»Das hast du.«
»Gibt es in deinem Leben so etwas wie eine zweite Chance für jemanden, der Fehler begeht?«
»Du möchtest, dass ich dir verzeihe?«
»Nein. Ich möchte, dass wir noch mal von vorne anfangen.«
Caio schwieg. Lange. Sagte dann: »Ich werde mit Chourweydes darüber sprechen. Und jetzt geh, ich möchte dich heute nicht mehr sehen.«
Er drehte sich beiseite und starrte gegen die weiße Wand, als hätte sie etwas Besonderes zu bieten. Als wäre sie wichtiger als sein Vater.
Arun Joschannan verließ den Raum. Ihm war übel.
Immer schon hatten ihm die Leute Respekt entgegengebracht. Weil er Meinungen vertrat, die dem gesunden Menschenverstand entsprachen, und weil er in der Lage war, sich in klar verständlichen Worten zu artikulieren. Auch redete er niemals zu viel, wie es andere Politiker gern taten.
Doch sein Sohn hatte eine Art, die ihn ganz tief drin verletzte, und Caio tat sein Bestes, um diese besondere Fähigkeit gezielt einzusetzen.
*
Die Zeit wollte und wollte nicht vergehen. Der 1. März 1470 NGZ war fast zu Ende, als ihn der erlösende Anruf Faroz Khalais endlich erreichte.
»Es ist alles gut gegangen«, sagte der Arzt. Er wirkte erschöpft und ausgelaugt.
»Das heißt?«
»Ich werde nichts über das Zeremoniell selbst verraten; aber es war sehr ... respektvoll. Dem Toten wurde nichts angetan, was unseren Sitten widersprochen hätte.«
Joschannan schauderte. Bilder formten sich in seinem Kopf, die ihm ganz und gar nicht gefielen.
»Geht es den Sayporanern besser?«
»Meiner Meinung nach ja. Aber das wird dir Chourweydes in Kürze selbst mitteilen.«
»Jetzt noch?« Joschannan wunderte sich.
»Ja. Er meint, dass er ein Versprechen abgegeben hätte, das er jetzt gleich einlösen wolle.«
»Er ist jemand, den man gemeinhin als Ehrenmann bezeichnen würde, nicht wahr?«
»Ja. Du könntest dir eine Scheibe von ihm abschneiden. Gute Nacht.«
Der Arzt beendete das Gespräch abrupt.
»Du und mein Sohn – ihr könnt euch, was die Höflichkeit betrifft, die Hand reichen«, sagte Joschannan, lehnte sich zurück und wartete.
*
Der Unterschied war auf dem ersten Blick zu erkennen. Chourweydes wirkte agiler als in den Tagen zuvor, stellte mehr Körperspannung und Kraft zur Schau, seine Stimme klang optimistisch.
»Vertrauen gegen Vertrauen«, sagte er. »Du hast deinen Teil der Abmachung eingehalten. Also werde ich es auch tun.«
Der Sayporaner roch anders als zuvor. Nach erhitztem Metall, ergänzt durch eine süßliche Beinote. Die Mischung war ekelerregend.
»Also: Warum habt ihr die humanoiden Jugendlichen entführt?«, fragte Joschannan.
»Vielleicht, um die Lage in der Milchstraße zusätzlich zu destabilisieren? Vielleicht, um die Großmächte notfalls erpressen zu können?« Chourweydes überlegte eine Weile, bevor er weiterredete.
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