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PR 2668 – Neuntau

PR 2668 – Neuntau

Titel: PR 2668 – Neuntau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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kann ich dir leicht antworten. Er war mein Herr, und ich möchte sehen, was aus ihm geworden ist.«
    »Das ist alles?«
    Nikomus Neuntau schwieg.
     
    *
     
    »Neuntau?«
    Es war völlig dunkel in dem Quartier. Der Zwergandroide lag auf dem riesigen Bett und imitierte damit das Verhalten der meisten rein biologischen Wesen, wie er es auch schon in der Stadt Sholoukanora beobachtet hatte. Er brauchte nichts zu sehen, um zu wissen, wer seine Räumlichkeiten ohne Aufforderung betreten hatte. »Was willst du, Bruder Eroin Blitzer?«
    »Wieso nennst du mich so?«
    »Wir sind Brüder.«
    »Wir beide sind Zwergandroiden. Mehr nicht. Es gab viele von uns an Bord der LEUCHTKRAFT. Sie hätten mir also noch näherstehen müssen als du, aber das taten sie nicht.«
    »Warum bist du gekommen?«, fragte Neuntau in die Dunkelheit. Er hörte das Geräusch eines vorsichtigen, langsamen Schrittes, seiner Einschätzung nach mindestens drei Meter vom Bett entfernt.
    Sein Gehör und die damit verbundene Ortung funktionierten erstaunlicherweise noch sehr gut. Kein anderer seiner Sinne war weniger in Mitleidenschaft gezogen worden in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden. Sehen konnte er nicht mehr so gut, und er roch überhaupt nichts mehr. Manchmal fehlte ihm das.
    »Warum zerfällt dein Körper?«, fragte Blitzer.
    »Ich werde vergehen.«
    »Du meinst, du wirst sterben?«
    »Ich sterbe bereits. Nur dauert es leider sehr lange. Fast so lange wie mein Leben zuvor. Es lässt sich nicht aufhalten und schon gar nicht von einer Insektoiden-Medikerin, die nichts über solche wie uns weiß.«
    »Willst du deshalb den Konstrukteur wiederfinden? Damit er dein Sterben beendet? Und werde ich ebenfalls sterben?« Eroin Blitzers Stimme klang ängstlich.
    Neuntau hätte nicht gedacht, dass andere Zwergandroiden dieses Gefühl ebenfalls kannten.
    Neuntau antwortete nicht, weil er darauf keine Antwort geben konnte. Es blieb sekundenlang still. »Wie bist du in mein Quartier gekommen?«, fragte er schließlich, obwohl er es bereits wusste: Eroin Blitzer hatte ein UHF-Fenster geschaltet.
    Als es immer noch still blieb, befahl er der Positronik, das Zimmer zu erhellen.
    Es war leer. Eroin Blitzer war verschwunden.
    Und Neuntau fragte sich, ob er überhaupt jemals an diesem Ort gewesen war.
    Ihn fröstelte.

5.
    Wo dein Schatz ist,
    da liegt dein Herz
     
    An Bord der SHEYAR schrieb man den 3AB-016-EB00 Adoc-Lian, als das Nahroin-System in Sichtweite kam. Das Schiff ging wenige Lichtstunden außerhalb auf eine Beobachtungsposition und ortete.
    Der markante Unterschied zu den Erwartungen fiel sofort auf, als sich die ersten Realbild-Holos aufbauten. Verzeichnete die Sternkarte des Reiches der Harmonie acht Planeten, gab es aktuell nur fünf. Das gesamte Sonnensystem glich einem chaotischen Trümmerhaufen.
    Eine der Welten, die dritte von der Sonne her gezählt, lag unter einem ständigen Bombardement von Asteroiden. Fast im Sekundentakt schmetterten winzige Gesteinsbrocken auf die Oberfläche; und wie es aussah, rasten mehrmals täglich auch größere Meteoriten heran.
    Eine gigantische Halbwelt trudelte auf chaotischer Bahn um die Sonne – die Hälfte einer Planetenkugel, deren glutflüssiges Inneres längst zu bizarren Formationen in der eisigen Weltraumkälte erstarrt war.
    Es sah aus, als habe eine unfassbare Gewalt diese Welt mitten entzweigerissen. Die andere Hälfte existierte nicht mehr oder nur noch in Form riesiger Asteroidengürtel, die die zerfetzten Überreste sammelten.
    Es konnte wohl keinen Zweifel geben, woher die Asteroiden stammten, die vor allem den dritten Planeten unter Beschuss nahmen. Auch sie stellten die kläglichen Reste einer vernichteten Welt dar – die Trümmer der Nachbarwelten stürzten auf ihn herab.
    Alaska Saedelaere kam eine Äußerung des Zwergandroiden Nikomus Neuntau in den Sinn. Falls Sholoubwa das System mit seinen Experimenten und Forschungen inzwischen nicht längst zerstört hat, hatte er gesagt, um irgendein neues Projekt voranzutreiben.
    Ob der Kleine wohl gewusst hatte, wie geradezu prophetisch genau seine Worte zutrafen?
    Die Bordpositronik wertete die eingehenden Ortungsdaten aus und erstellte eine Analyse. Es nahm erstaunlich viel Zeit in Anspruch, aus den chaotischen Bewegungsrichtungen und Trümmern einen Urzustand zurückzurechnen.
    Währenddessen nahm Saedelaere die Holos genauer in Augenschein.
    Quer über das gesamte Nahroin-System verteilten sich in einem wirren Muster insgesamt 21

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