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PR 2668 – Neuntau

PR 2668 – Neuntau

Titel: PR 2668 – Neuntau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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Wirklichkeit vorkam.
    Saedelaere begriff. Eine winzige Raumanomalie trieb mitten durch die Zentrale und hatte den Zwergandroiden tatsächlich im Raum versetzt. Ihm war klar, was sich soeben um sie abspielte. Dies war der Ansatz einer Realitätsverschiebung gewesen.
    »Unkontrollierte Transitionseffekte im gesamten System!«, rief Kongaro. »Trümmerstücke werden durch das halbe System versetzt!«
    Eroin Blitzer wankte, stemmte sich aber in die Höhe und stand wieder auf seinen Füßen. Er eilte los, zu seinem Kästchen, und packte es. Eine unwirklich anmutende Parallele zum Verhalten des Kandran-Kommandanten, der vor wenigen Augenblicken seine Maske zurückgeholt hatte.
    Jeder sucht seinen eigenen Schatz, an dem sein Herz hängt, durchfuhr es den Terraner, und in seinen Gedanken blitzte ein Bild der Frau Samburi Yura auf.
    »Kongaro!«, schrie Saedelaere. »Wir müssen sofort hier weg! Flucht aus dem System!«
    »Kann nicht manövrieren!«, rief der Kandran. »Die Kontrollen gehorchen mir nicht!«
    Blitzer rannte mit hastigen, kleinen Schritten zu ihm. In der Hand hielt er nicht mehr das Kästchen, sondern einen äußerlich unscheinbaren Metallstab. »Das weist die Hyperraumverzerrungen ab!« Er hämmerte den Stab gegen die Steuerkonsole, wo er seitlich hängen blieb, als sei er magnetisch.
    »Was soll ...«, begann Kongaro, brach jedoch mitten im Satz ab.
    Saedelaere erkannte, wieso – der Kommandant konnte auf die Schiffssteuerung zugreifen. Da musste es gleichgültig sein, warum es mit einem Mal gelang. Er nutzte die Gelegenheit und programmierte einen Fluchtkurs.
    Die SHEYAR raste aus dem System, in dem weiterhin Hyperraumaufrisse zuckten.
    Ehe irgendjemand zu einer Reaktion fähig war, tauchte vor dem Schiff, für einen Sekundenbruchteil in den Holos deutlich sichtbar, ein gigantisches, grün schillerndes Energiefeld auf.
    Im nächsten Augenblick wurde es dunkel.
    Sämtliche Technologie fiel aus.
    Es war still wie in einem Grab, und genauso kam sich Saedelaere vor: War er tot?
    Ein Feuersturm raste durch die Zentrale, mit greller, flackernder Helligkeit. Eroin Blitzer und Kongaro vereinten sich zu einer einzigen brennenden Fackel.
    Im nächsten Augenblick umhüllten die Flammen auch Alaska Saedelaere.
     
    *
     
    Nikomus Neuntau hätte um diese Zeit die Medostation aufsuchen sollen, damit die Insektoiden-Ärztin ein weiteres Mal unnötige Untersuchungen durchführen und ihrem Bedauern Ausdruck verleihen konnte. Diesen Termin hatte er ganz bewusst versäumt und sich stattdessen unauffällig in die allgemeine Schiffskommunikation eingeklinkt.
    Er mochte alt sein, aber er war immer noch ein Zwergandroide, dem einige Möglichkeiten zur Verfügung standen. Er wollte und musste wissen, worüber in der SHEYAR geredet wurde. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten gab es andere Lebewesen um ihn, deren Gedanken und Emotionen er aufnehmen und teilen konnte.
    Alraska Saedelaere ließ ihn in diesem Quartier bewachen, als wäre es ein Gefängnis und er ein Straftäter. Den Wachtposten vor dem Eingang konnte Neuntau allerdings leicht mit einem technischen Trick ausschalten, wenn ihm der Sinn danach stand.
    »Aber wieso solltest du das tun, Nikomus?«, flüsterte er exakt in dem Moment, als die ersten Auswirkungen der beginnenden Realitätsverschiebung die Zentrale lahmlegten und bis zu ihm durchschlugen.
    Eine Schwingung völlig unbekannter Natur erfasste ihn und riss seinen gebeutelten Körper vom Bett, in dem er wieder einmal in absoluter Dunkelheit gelegen hatte. Neuntau schmetterte auf den Boden und schlitterte darüber, bis er gegen etwas stieß, was er in der Finsternis nicht sehen konnte.
    Das Phänomen schlug aus dem mehrdimensionalen Raum durch, erkannte er, und zum ungezählten Mal verfluchte Neuntau den Konstrukteur Sholoubwa, der dafür zweifellos die Verantwortung trug.
    Sein halb amputierter Fuß kribbelte und schien mit einem Mal in Flammen zu stehen, als eine Hyperamplitude, wie Neuntau das Phänomen in Gedanken bezeichnete, darüber hinwegjagte.
    Er musste sich korrigieren.
    Der Fuß schien nicht nur zu brennen, er brannte tatsächlich. Doch die Flammen loderten in völliger Kälte, und sie stellten lediglich eine Illusion dar. Sie waren das, was ein dreidimensionaler Verstand aus den höherwertigen energetischen Erscheinungen interpretierte. Man musste für sich selbst Bilder erschaffen, um hyperdimensionale Phänomene irgendwie erfassen zu können.
    Im nächsten Moment erloschen die Flammen.
    Neuntau befahl der

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