PR 2674 – Das Reich der Angst
eine Ewigkeit zu dauern.
Schließlich öffnete ich die Augen wieder. Pazuzu hatte sein Werk mittlerweile vollendet. Der SERUN lag ausgebreitet auf dem Boden, eine leere Hülle. Toufec kniete neben ihm. »Wir haben Odos sterbliche Überreste in eine Urne gegeben. Pazuzu hat sie hergestellt, und Stan wird sie aufbewahren.«
Ich nickte stumm. Es war ja nicht so, dass terranische Erkundungstrupps mit Urnen auf den Weg geschickt wurden, nur für den Fall, dass unterwegs Bedarf entstand. Ein schlichter Plastikbeutel, etwa für Bodenproben, hätte auch genügt. Doch so hatten wir uns einen letzten Rest von Würde erhalten.
Zumindest hatten wir Odo nicht einfach liegen gelassen oder notdürftig verscharrt.
»Und der SERUN?«, fragte ich.
»Wir nehmen ihn mit. Immerhin hat er zusätzliche Feuerkraft und kann allein agieren.«
Ich warf einen letzten Blick auf Odos Anzug und stieg dann in das Fluggerät. Toufec und Daniil folgten mir. Der vierte Platz blieb leer, und Toufec war aufmerksam genug, ihn nicht aufzulösen, obwohl wir dann mehr Platz gehabt hätten.
Wir starteten wieder.
Draußen wurde es schnell dunkel. Beim Briefing hatte ich erfahren, dass jeder Planet des Weltenkranz-Systems einen Mond hatte, und nun sah ich ihn mit eigenen Augen aufgehen.
Druhs Mond hieß Cholas und leuchtete schwach rötlich, ein matter Ball am Himmel, über den sich immer wieder Wolken schoben.
Wie der Mars, dachte ich, aber ich fühlte mich trotzdem nicht heimischer.
*
Toufec flog ohne Scheinwerfer, nur nach Nahortung.
Wir begegneten immer wieder Mechanopoden, die ihrem unbekannten Ziel entgegenstrebten, hielten uns aber von ihnen fern. Odos Schicksal steckte uns noch in den Knochen, und Toufec mahnte noch aus einem anderen Grund zur Vorsicht. »Es ist möglich«, sagte er, »dass jede weitere Auseinandersetzung mit Waffengewalt die Aufmerksamkeit von Überwachungseinheiten auf uns lenken wird.«
»Und warum ist das nicht bei unserer ersten Begegnung passiert?«, fragte Daniil.
Toufec zuckte die Achseln. »Vielleicht war die Burg beschädigt. Vielleicht war der Funkkontakt gestört. Ich weiß es nicht. Aber wenn der Wind weht, löscht er die Kerze aus und facht das Feuer an.«
Ich hörte die Worte – und konnte sie kaum glauben. Das war eine unterschwellige Kritik an meiner Entscheidung, Odo den Mechanopoden untersuchen zu lassen. Toufec missbilligte sie.
Als würde ich mir nicht schon so genug Vorwürfe machen! Ich gab mir die Schuld an Odos Tod, und nun bestätigte der Araber mir, dass ich damit recht hatte.
»Du hättest Einspruch erheben können«, sagte ich leise.
Toufec hob den Blick nicht von den Instrumenten. »Wenn du redest, muss deine Rede besser sein, als es dein Schweigen gewesen wäre.«
Den Rest der Strecke legten wir still zurück.
6.
Die Stadt
Kurz darauf erreichten wir unser Ziel.
Auch ohne die Koordinaten hätten wir gewusst, dass wir hier richtig waren.
Vor uns lag ein riesiges, unglaubliches Gebilde. So weit das Auge reichte, dehnte sich in der Ortung eine ganze Stadt von Mechanopoden aus, eine unübersehbare Anhäufung aus Maschinen und Türmen, Gebäuden und Gestalten in Rüstungen. Alles wanderte, wandelte, verschob sich zueinander. Da schritt ein Ritter auf eine Burg zu, wie sie Ollowa das Leben gekostet hatte, dort trampelte ein rostendes Flusspferd auf einen Turm mit Aufbauten zu, die wiederum eine Miniatur-Stadt bildeten.
Immer, wenn eine Gestalt einem Gebäude zu nahe kam oder ein Gebäude einem anderen, änderten beide ihre Richtung. So herrschte ein permanentes Durcheinander, ein Gewirr offensichtlich ungesteuerter Bewegungen.
Aber auch die Stadt selbst war in Bewegung. Wie eine überlebensgroße Urzeit-Schildkröte wälzte sich der Komplex langsam über die sumpfige Ebene.
»Was ist das?«, murmelte ich. »Welchem kranken Geist ist das entsprungen?«
Ich wusste, aus mir sprachen Vorurteile, und das war nie gut. Was auf den menschlichen Geist unverständlich oder vielleicht sogar pervers wirkte, war in den Augen anderer Völker vielleicht völlig normal. Ich hatte nicht das Recht, hier von krank zu sprechen.
Ich war schockiert und verstand das Fremde nicht, das ich vor mir sah, das war alles.
Weder Toufec noch Veriaso antworteten.
Ich esperte kurz. Ich traute mich nicht, Toufecs Geist zu streifen, doch bei Daniil nahm ich sie sofort wahr, die Angst, die hier allgegenwärtig zu sein schien. Er fühlte sich genauso erschöpft wie ich, war fahrig und unkonzentriert.
Und
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