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PR 2687 – Alles gerettet auf ewig

PR 2687 – Alles gerettet auf ewig

Titel: PR 2687 – Alles gerettet auf ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Karim darauf die Eigenarten, zumal die bevorzugten Sünden seiner Handelspartner, verzeichnet. Hier und da hatte der Oheim seine Anmerkungen gemacht, und Karim hatte auf dem Papyros herumgeschabt, einige Notizen zum Verschwinden gebracht und die gesäuberten Stellen neu beschrieben.
    Ein Palimpsest hatte sein Oheim später dieses Papyros genannt, ein immer wieder bereinigtes und neu beschriftetes Dokument.
    Toufec hatte es damals für eine staunenswerte Erfindung gehalten.
    Dabei war die ganze Erde nichts anderes als ein großes, allumfassendes Palimpsest, wieder und wieder beschrieben mit Generationen von Menschen. Toufec hatte im Rahmen seiner Werbungsreisen für den Bund der Sternwürdigen gesehen, wie immer neue Schichten menschlicher Zivilisation die Erde mit ihren Zeichen versehen hatten. Jede von ihnen hatte sich für die endgültige Fassung gehalten – manchmal gegen besseres Wissen.
    Aber wo Wissen und Dafürhalten im Streit miteinander lagen, siegte meist das Dafürhalten. Menschen liebten ihre Meinungen. Oft abgöttisch.
    Delorian fiel ihm ein. Der alte Mann, in sich verrätselt. Ein Mensch, nicht auf der Erde geboren, der mit einer Stadt in den Abgründen des Universums einen Vertrag geschlossen hatte.
    Was hatte Delorian eigentlich auf der Erde zu tun? Toufec hatte ihn als Retter kennengelernt. Aber war diese Rettung nicht auch eine Indienstnahme Toufecs gewesen? Eine Verpflichtung, ebenso groß wie Toufecs Verpflichtung gegenüber Vater und Mutter gewesen wäre, gegenüber dem Oheim?
    Half Delorian vielleicht anderen, weil er sich nicht selbst helfen konnte? Weil er sich Helfer erschaffen musste für eine Tat, die er nicht aus eigener Kraft vollbringen konnte? Wie hatte die Tante gesagt: Der Schuhmacher geht barfuß, der Weber ist nackt. War Delorian nichts als ein barfüßiger Schuster, ein unbekleideter Weber?
     
    *
     
    »Rechts!«, kommandierte Pazuzu. Toufec bog ab. Nach knapp zwanzig Metern endete der Gang vor einer breiten, aber kaum brusthohen Tür. Der Eingang zu einem Schweinekoben.
    Widerwillig ging Toufec in die Hocke und berührte eine vielfach genoppte Sensortaste. Die Tür hob sich. Toufec stützte sich auf die Hände und beugte sich vor. Der Raum, der sich ihm öffnete, war eine hochgewölbte Röhre. Auf allen vieren kroch Toufec hinein und richtete sich auf. Er rückte die Phenube mit einem Griff über die Schulter zurecht. Die Tür senkte sich hinter ihm.
    In dem länglichen Raum hätten keine zwei Menschen Schulter an Schulter nebeneinander gehen können, aber die Wände ragten mindestens zehn Meter in die Höhe und trafen sich im Scheitel der gewölbten Decke.
    In regelmäßigem Abstand verbanden dünne Säulen Boden und Gewölbe. Toufec hätte sie mit einer Hand umfassen können. Die Säulen verströmten ein mildes, abendrotes Licht. Auf dem Boden lagen mal größere, mal kleinere Haufen von mechanischen Bruchstücken und biologischem Unrat. Es roch streng und beißend wie nach geschälten Zwiebeln.
    Toufec gab acht, in keinen Haufen zu treten.
    »Was mag das sein?«, murmelte Toufec.
    »Kümmern wir uns darum später«, riet Pazuzu.
    Toufec lachte leise. »Eine der Wunderkammern der Sayporaner.« Er presste kurz die Lippen aufeinander. »Wie dieses ganze Weltenkranz-System.«
    »Du hältst das System für ein Kuriositätenkabinett?«
    Toufec wich wieder einem der Techno-Kothaufen aus. »Was sonst. Ein Sammelsurium aus den Restbeständen einer Kultur, die einmal mehrere Galaxien dominiert hat. Oder das jedenfalls behauptet.« Er sog die Luft durch die Nase ein und lachte. »Eine späte Sumpfblüte ihrer Zivilisation.«
    »Und wenn der Weltenkranz eine Arche ist?«
    »Wäre es eine traurige Arche.«
    »Vielleicht fragen die, die gerettet worden sind, nicht nach Traurigkeit«, überlegte Pazuzu. »Vielleicht wollten sie nur überleben. Oder glaubst du, dass der Weltenkranz aus einem intakten, pangalaktischen Sternenreich hierhin versetzt worden ist? Vielleicht war es ein Akt von Notwehr. Oder von Verzweiflung.«
    »Hm«, machte Toufec. Sein Oheim hatte ihn gelehrt: Verständnis für den Feind sollte man besser erst nach der Schlacht aufbringen, wenn der Feind besiegt war.
    Toufec stand vor dem Ende des Schlauches. Die Wand war fugenlos eben. Von einer Tür keine Spur. Toufec bemerkte die winzigen schwarzen Punkte, die insektengleich, in unvorhersehbaren Wendungen, über die Wand krochen – Pazuzus Nanosonden.
    »Wir stehen hier an der Schachtwand der Pyramide«, erläuterte Pazuzu.

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