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PR 2695 – Totenhirn

PR 2695 – Totenhirn

Titel: PR 2695 – Totenhirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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rings um ihn vorging.«
    »Du hast danach um seine Vormundschaft gekämpft?«
    »Ja.«
    »Und du fandest einen Verbündeten. Jenen, der mir diesen Brief an dich überreichte.«
    »So ist es. Wir trafen uns zufällig; ich erklärte ihm Hilvards und meine Situation, er glaubte und vertraute mir. Er half mir, Anka aus seinem Gefängnis zu lösen und an Bord der RATBER TOSTAN zu verfrachten.«
    »Ich vermute, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist? Unser gemeinsamer Freund muss sich über einige Gesetze und Vorschriften hinweggesetzt haben.«
    »Es gibt manchmal höhere Instanzen als Rechtsbücher. Solche, die der Moral dienen.«
    »Das ist eine sehr offene Auslegung terranischen Rechtsempfindens.«
    »Du wärst nicht die Erste, die mich wegen meines Verhaltens verurteilen würde.« Ankersen verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ich verurteile weniger dich als unseren gemeinsamen Freund. Ich war immer schon der Meinung, dass er ein verkappter Anarchist ist.«
    Sie schwiegen. Lange. Viel zu lange eigentlich angesichts der Unruhe, die ringsum herrschte.
    »Warum interessiert dich das Schicksal Anka Hilvards so sehr?«, fragte er schließlich.
    »Ich bin mit einem ähnlichen Problem wie du konfrontiert.«
    Henrike Ybarri lächelte schief. Interessiert beugte er sich vor. »Und das wäre?«
    »Ich kannte mal einen Mann«, sagte sie mit verklärtem Blick. »Gut aussehend, charmant, ein toller Kerl. Nun – er konnte auch ganz anders. Doch das sollte ich erst später erfahren. Auf eine nicht so angenehme Art und Weise.« Ybarri zuckte die Achseln. »Das Leben mit ihm war nicht einfach. Irgendwann trennten wir uns ...«
    »Du sprichst von Shamsur Routh?«
    »... und gingen unserer eigenen Wege.« Sie zuckte wieder die Achseln. »Ich hatte eine Karriere im Sinn. Ich würde am Puls der Zeit und auf Augenhöhe mit den Unsterblichen agieren. Ich würde ... Nun, es ginge zu weit, Ihnen meine Beweggründe darzulegen, warum ich mich für die Politik entschied. Fakt ist, dass unsere gemeinsame Tochter, Ani, viel mehr von ihrem Vater mitbekommen hat als von mir. Sie besitzt eine gewisse Leichtigkeit, um die ich sie beneide und die mich gleichermaßen verrückt macht.«
    »Das ist alles sehr interessant, Erste Terranerin, aber ...«
    »Schon gut; ich weiß, dass die Zeit drängt.«
    Ihre Schultern fielen nach vorne. Mit einem Mal wirkte die Frau um zehn Jahre älter.
    »Das Universum kann ein paar Minuten warten, denke ich«, sagte Ankersen leise. »Erzähl bitte weiter.«
    Sie lächelte auf eine neckische, auf eine sehr intime Art und Weise.
    Ein sonderbarer Gedanke schoss ihm durch den Kopf: Sie ist eigentlich eine verflixt attraktive Frau ...
    Hastig drängte er diese Idee beiseite, setzte sich steif hin und hörte zu, was Henrike Ybarri ihm zu erzählen hatte.
     
    *
     
    Sie hatte recht. Ihre Geschichte besaß gewisse Ähnlichkeiten zu jener, die er über Anka Hilvard zu berichten wusste.
    Erst am Vorabend hatte sie sich von Shamsur Routh verabschiedet. Der Journalist war gestorben, und er hatte keinen leichten Tod gehabt.
    Konsul Chourtaird, Rouths Ziehvater, Anicee, Aiden Cranstoun und sie hatten bald darauf das Pagodenzelt am Fuß der Solaren Residenz aufgesucht.
    Wie in Trance war Henrike Ybarri den anderen gefolgt. Ein Transitparkett hatte sich in dem seltsamen Bau befunden.
    Glasdielen. Darunter wolkenartige Gebilde, die nach oben stoben. Die gegen das Glas prallten, zur Seite hin wehten und in die Tiefe gedrückt wurden, um bald darauf wieder hochzuwirbeln, in einem scheinbar endlosen Kreislauf.
    Henrike Ybarri hatte sich gefürchtet, und sie hatte selbst nicht verstanden, warum sie Chourtaird gefolgt war. Ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Ohne Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
    Sie waren versetzt worden. Zum Gegenstück des Transitparketts, begleitet von einem kurzen Aureoleneffekt, der ihr deutlich gemacht hatte, dass sie keinesfalls träumte.
    Ihr Ziel war ein Schacht gewesen, vielleicht sechzig oder siebzig Meter im Durchmesser und von einer Tiefe, die sie nicht abzuschätzen vermochte. Er war leicht erhellt gewesen. Das Licht stammte aus einer Quelle, die Ybarri nicht identifizieren konnte.
    Das Totenhirn ... das war es, kein Zweifel! Chourtaird hatte sie in die Nähe dieses seltsamen Korpus aus Denkmasse versetzt!
    Der Konsul hatte seinen Köcher vom Rücken gestreift und ihm einen etwa eineinhalb Meter langen sowie zehn Zentimeter dicken Pfahl entnommen. Details über die Funktionsweise dieses

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