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PR 2695 – Totenhirn

PR 2695 – Totenhirn

Titel: PR 2695 – Totenhirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Geräts waren nicht bekannt. Doch es stand fest, dass es sich um ein Werkzeug handelte, mit dessen Hilfe die von den polysymbiotischen Sayporanern benötigten Fremdorgane ausgetauscht und mit dem eigenen Körper verbunden wurden.
    Der Pfahl war an seinem runden Ende aufgebrochen. In den Spalten und Lücken hatte sich für Sekundenbruchteile ein violettes Leuchten gezeigt. Dann war etwas geschehen, was noch verwunderlicher als alles andere an diesem Tag gewesen war. Ein Vorgang, nicht zeitlich, nicht räumlich, den die Erste Terranerin nicht hatte erfassen können.
    Es waren Sekunden vollkommener Stille gefolgt. In dieser Pause, in der es keine Atemzüge, kein Denken, kein Leben gegeben hatte, war – wie Chourtaird sagte – Shamsur Rouths bislang entstofflichtes und mit dem Pfahl verbundenes Gehirn ins Totenhirn integriert worden.
    Es war ein Akt der Zauberei gewesen. Unverständlich und unbegreiflich. Es fanden sich keine Worte dafür.
    »Und jetzt?«, hatte Ybarri den Sayporaner gefragt, nachdem sich die Räder des Universums wieder in Bewegung gesetzt hatten und sie feststellte, dass sie noch lebte.
    »Wie ich es bereits sagte: Das Gehirn befand sich bis jetzt in Suspension. Nun kommt es darauf an, ob das Totenhirn es akzeptiert – und umgekehrt.«
    Aiden Cranstoun hatte die Augen geschlossen und nach einer Weile wieder geöffnet. Er hatte energisch den Kopf geschüttelt, die Haare des Blondschopfs waren wild hin und her geflogen. »Kein Kontakt möglich. Ich fühle nichts.«
    Aus Chourtairds linkem Auge war eine Träne getreten, zäh und dickflüssig. Sie war nicht abgetropft, sondern minutenlang auf dem Tränensack hängen geblieben. Milchig weiß war sie gewesen, und Ybarri wusste, dass sie nichts mit Trauer zu tun gehabt hatte.
    »Wir müssen es später nochmals versuchen«, hatte der Sayporaner gesagt, »es ist wichtig.« Er hatte sich umgedreht und sie zurück zum Transitparkett geführt.
    Gleich darauf waren sie vor der Solaren Residenz aus dem Pagodenzelt getreten. Wortlos, allesamt in Gedanken verhangen, hatten sie sich verabschiedet, um ihrer Wege zu gehen und sich Stunden später bei der Beerdigung von Shamsur Rouths Restkörper erneut zu treffen und auf Chourtairds Wunsch die Reise ins Next-Stop-System anzutreten.
     
    *
     
    Ankersen starrte die Erste Terranerin an. »Ich verstehe.«
    »Wirklich?«
    »Du hoffst, hier und jetzt Kontakt mit Shamsur Routh aufnehmen zu können.«
    »Unter anderem.«
    »Was empfindest du für ihn, für den Toten?«
    »Ich wüsste wirklich nicht, was dich das angeht ...«
    Sie brach ab und betrachtete ihn prüfend. Offenbar wurde sie sich bewusst, dass sie ihn vor wenigen Minuten mit ähnlich bohrenden und mitunter schmerzenden Fragen in Bedrängnis gebracht hatte.
    »Wir hatten stets eine ambivalente Beziehung. Da war viel Liebe, aber auch viel Unverständnis. Deshalb sehe ich eine gewisse Verwandtschaft zwischen dir und mir. Du und Hilvard, Shamsur und ich.«
    »Nun ist er tot, und du suchst die Gelegenheit, nochmals mit ihm zu reden. Was für ein reizvoller Gedanke.« Ankersen orderte Kaffee bei seinem kleinen Serviceroboter. »Aber du wärst nicht die Erste Terranerin, würdest du nicht auch deine Pflichten im Auge behalten.«
    »Da überschätzt du mich. Es war Chourtaird, der mich drängte, diesen Ausflug ins Next-Stop-System zu unternehmen. Er meinte, dass es extrem wichtig sei, nochmals mit Shamsur Routh Kontakt aufzunehmen.«
    »Wegen des Totenhirns ...«
    »So ist es.«
    Das alles warf Fragen auf, alte und neue. Ankersen war längst nicht klar, welche Rolle Chourtaird spielte und warum sie nicht nochmals über das Transitparkett zurück zum Totenhirn gereist waren. Warum dieser komplizierte Umweg über ein Schiff, über die RATBER TOSTAN? Was sollte Anka Hilvard zur Kontaktaufnahme mit Zachary Cranstoun und gegebenenfalls mit Shamsur Routh beitragen?
    »Er dient als Verstärker«, sagte Ybarri, als hätte sie seine Gedanken erraten. »Das Totenhirn besteht aus einer unzählbaren Menge von Gedanken unterschiedlichster Lebewesen. Viele dieser Geschöpfe sind miteinander verwachsen, und niemand könnte heutzutage sagen, wo das eine Individuum endet und das nächste beginnt. Es fällt Aiden schwer, Kontakt mit seinem Bruder aufzunehmen. Wie aber sollte er in diesem gewaltigen Denkpool meinen Exmann entdecken?«
    »Was, wenn Zachary mit Shamsur längst Kontakt aufgenommen hat?« Ankersen nahm den Kaffee entgegen, trank einen Schluck und verbrannte sich die Zunge. Er

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