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PR 2702 – Das positronische Phantom

PR 2702 – Das positronische Phantom

Titel: PR 2702 – Das positronische Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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Erforschung des mentalen Verhaltens der Biopositronik beauftragt.
    Obwohl sie sich erst ein paar Tage mit dem Phänomen beschäftigt hat, sind ihr bereits mehrere kleine Dinge aufgefallen, die von den anderen Experten bisher übersehen wurden.
    Wie es scheint, läuft das künstliche Bewusstsein NATHANS nicht ganz rund. Bitte verzeih mir diese flapsige Ausdrucksweise, mein Kind, aber das ist genau die Aussage, die Leyla mir gegenüber gemacht hat.
    Sie behauptet, dass NATHAN auf irgendeine Art abgelenkt wird, ohne dass er es selbst registrieren kann. Anflüge von Unkonzentriert- oder Geistesabwesenheit bei einer Großpositronik – kannst du dir so etwas überhaupt vorstellen?
    »Kann es am Plasmaanteil liegen?«, habe ich sie gefragt. »Ist es womöglich krank geworden?«
    Leyla Kezziban hat nicht direkt geantwortet, mich nur aus ihren dunklen Augen vielsagend angesehen.
    Und das, mein Kind, hat mir eine Scheißangst eingejagt.
     
     
    1514 NGZ (Lunare Zeit)
     
    Ich nehme nun fast täglich an den Sitzungen des Wissenschaftsrates teil. Nachdem ich von den Aktivitäten in Iacalla gehört hatte, erließ ich den Beschluss, dass mindestens ein Mitglied der Lunaren Administration anwesend sein muss, wenn wissenschaftliche Lagebesprechungen durchgeführt werden.
    Grund dafür ist eine Entdeckung, die mich zutiefst beunruhigt: Die onryonische Stadt Iacalla breitet sich aus – aber nicht, weil immer neue Stadtteile hinzugefügt würden. Nein, Iacalla wächst sublunar weiter.
    Wie unsere Sensoren und Massetaster verraten haben, sind es irgendwelche onryonischen Maschinen, die sich sublunar wie ein gigantisches Pilzgeflecht ausbreiten.
    Unsere Wissenschaftler haben das Phänomen Techno-Rhizom genannt.
    Ich musste den Begriff erst nachschlagen, da ich mich nicht erinnern konnte, ihn je schon einmal gehört zu haben.
    Also: Ein Rhizom ist ein sogenanntes »Sprossachsensystem«.Als Teil einer Pflanze verbindet es den oberen Teil mit den Trieben und Blättern mit dem unteren Teil, der aus Wurzeln besteht.
    Obwohl der Begriff »Rhizom« wortwörtlich übersetzt »Eingewurzeltes« bedeutet, handelt es sich bei Rhizomen nicht um Wurzeln, sondern um ein Organ der Pflanze, mit dem sie sich auch fortpflanzen kann.
    Beispiele für Rhizome in der Pflanzenwelt gibt es einige: Maiglöckchen und Buschwindröschen gehören zu den Rhizompflanzen, ebenso der Schachtelhalm oder die essbaren Rhizome Ingwer, Gelbwurzel oder Lotus.
    Ich hoffe, ich langweile dich nicht allzu sehr, mein Kind?
    Nachdem die Experten keine neuen Daten über die sublunar wuchernde Onryonentechnik mehr gewinnen konnten, habe ich mich für den direkten Weg entschieden: Ich habe mit Fheyrbasd Hannacoy Kontakt aufgenommen, ihm von unserer Entdeckung erzählt und ihm befohlen, die weitere Ausbreitung des Techno-Rhizoms zu verhindern.
    Zudem habe ich ihn aufgefordert, die Technologie offenzulegen und zu erklären, was sie bezweckt.
    Wenn ich erwartete, dass Hannacoy ausweichend reagieren würde, so sah ich mich getäuscht. Er bedankte sich für meine Kontaktaufnahme und fand sogar, dass unser Begriff »Techno-Rhizom« passend gewählt sei.
    »Das Techno-Rhizom ist ein Teil des versprochenen Rettungsplans!«, hatte er ausgeführt. »Also ein Stück des Reportals, jener hochkomplexen Maschinerie, die Luna ins Standarduniversum zurückversetzen soll!«
    »Haben die sich ausbreitenden Technogeflechte etwas mit den Mondbeben zu tun?«
    Fheyrbasd Hannacoy sah mich nur einen Moment lang an, während sich das kreisrunde Emot-Organ auf seiner Stirn violett verfärbte und leicht kräuselte. Nur zu gern hätte ich in diesem Augenblick verstanden, wie die Onryonen aus diesen beiden Merkmalen auf die Gefühlslage ihrer Gesprächspartner schließen konnten.
    Ich konnte es jedenfalls nicht.
    Aber gleich darauf erhielt ich zumindest eine Ahnung davon: Hannacoy ließ eine Faust auf die Tischfläche vor ihm krachen.
    »Diese Frage werte ich als persönliche Beleidigung!«, schrie er mich an. »Wie kannst du es wagen, uns zu verdächtigen, für eine Gefahr verantwortlich zu sein, die uns genauso bedroht wie euch?«
    Einen Moment lang hatte ich den Eindruck, den intensiven Geruch von Feuer wahrzunehmen, den die Onryonen verströmten, wenn sie aggressiv wurden. Aber das war nur eine Einbildung – unsere Trividverbindung war nicht an einen olfaktorischen Simulator gekoppelt. Ich hätte mich wegen meiner törichten Frage ohrfeigen können. Das Techno-Rhizom konnte nicht die Ursache der Mondbeben

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