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PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen

PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen

Titel: PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Kommandoschiff von Teshales Flotte, gerichtet war. Es dauerte eine Weile, bis der Text als zugestellt markiert wurde. Tausende oder Zehntausende taten zur selben Zeit ihren Unmut kund.
    Die system- und galaxisweit ausstrahlenden Nachrichtendienste übernahmen die Ansprache Teshales, erste Kommentatoren des Boulevards gossen weiteres Öl ins Feuer.
    Cai Cheung bemühte sich in einer Stellungnahme um Souveränität. Sie tat Teshales Aussagen als »Einzelmeinung« ab, wirkte aber nicht sonderlich überzeugend.
    Dann begannen die Spekulationen. Sichu fand kaum die Muße, sich auf ihre Mission vorzubereiten. Sie hing wie gebannt vor den Bildschirmen und hörte zu, beobachtete, spürte den Stimmungen nach, die sich ihr eröffneten.
    »Wie es scheint, haben wir Terraner während der letzten Jahrzehnte kaum etwas gelernt«, sagte Wernie Babao, den sie zum Stellvertreter ihrer Mission ernannt hatte. Er setzte sich neben sie, mit einem Beutel gedörrter Schokofische in der Hand, die er sich Stück für Stück in den Mund schob.
    »Mach Jahrhunderte oder Jahrtausende draus, dann kommst du der Sache schon näher.« Sichu hörte sich die Argumentation von Wolf an, dem bekannteren der umtriebigen Faulner-Brüder, der in seinem eigenen Trivid-Kanal auftrat und sich von Stichwortgebern befragen ließ. Er polemisierte, hieß die Meinung Teshales gut, brachte das Gespräch immer wieder auf den von den Onryonen versprochenen Zellaktivator, ereiferte sich über »die alten Leute an der Macht« und grinste dumm, wenn er meinte, gerade etwas besonders Kluges abgesondert zu haben.
    Wolf Faulner war sich seiner Medienmacht sehr bewusst. In Situationen wie diesen, da Populismus besonders gut ankam, wirkten all jene Journalisten hilflos, die mit Seriosität dagegenhielten. Faulner jedoch ...
    Sichu hatte genug gesehen. Sie ließ Babao allein und zog sich in das kleine Kämmerchen zurück, das sie sich an Bord der Space-Jet ausbedungen hatte. Es dauerte eine Weile, bis ihr Zorn abgeklungen war und sie sich wieder auf die bevorstehende Aufgabe konzentrieren konnte. Leute wie Teshale und Faulner waren ihr zutiefst zuwider. Wann würde sie endlich lernen, mit den seltsamen Verhaltensweisen der Terraner umzugehen?
     
    *
     
    Das Zielgebiet war erreicht. Sie hatten sich zähneknirschend an das von den Onryonen erteilte Verbot gehalten und den Linearraum gemieden. Um die Dauer der Reise, die bei siebzig Prozent Sublichtflug zwölf Tage in Anspruch genommen hätte, auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren, waren sie mit den Nottriebwerken transitiert. Die Folgen des schockgedämpften Sprunges waren kaum wahrnehmbar.
    Babao und die Spezialistin auf dem Gebiet energetischer Vermessungsarbeiten, Ono Parese, klagten über Kopfschmerzen und Übelkeit, der Rest der siebenköpfigen Besatzung meldete sich uneingeschränkt einsatzbereit.
    Das Trümmerfeld befand sich dreihundert Milliarden Kilometer oberhalb der Systemebene. Reflexionen zeigten sich im Licht ferner Sonnen. Glänzende und glitzernde Metallteile trieben dahin. Viele von ihnen waren bis zur Unkenntlichkeit verzogen und verzerrt. Manche hatten kristalline Strukturen, andere ähnelten im Feuer geschmiedeten und anschließend ins kühle Nass geschleuderten Brocken, die ins Absurde verbogen waren. Ein riesiger Klumpen trieb nur eine Lichtsekunde voraus dahin; er bestand aus Gefrorenem und war wohl ein Teil des Trinkwasservorrats eines Schiffes. Er würde in einigen Wochen gegen einen Kometen prallen, wie die Positronik ihrer Space-Jet bekannt gab, und »beim Zerplatzen ein bezauberndes Schauspiel bieten«.
    Sichu nahm die Informationen auf, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Sonden und Bojen waren unmittelbar nach dem Auffinden des Trümmerfelds ausgesetzt worden. Ihre Messergebnisse wurden so rasch wie möglich in die Positroniken aller Space-Jets eingespeist.
    »Raumväter«, sagte sie und bemühte sich, ihre Enttäuschung zu verbergen. »Es befinden sich sechs Schiffe der Onryonen in unmittelbarer Nähe. Sie tasten das Trümmerfeld ab und kontrollieren die Raumfahrt in diesem Gebiet.«
    »Wir mussten damit rechnen, Chefin«, sagte Babao.
    »Wie sieht's mit der Blackbox aus?«, fragte Sichu ihn. Er hatte sich wie immer einen weißen Arbeitskittel übergezogen, der seinen massigen Körper wie in eine Wursthaut gequetscht wirken ließ.
    »Das Trümmerfeld ist mittlerweile zu sechzehn Prozent bekannt«, sagte Babao, der sich einen ausgezeichneten Ruf als Grundlagensystematiker erarbeitet hatte.

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