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PR 2706 – Sternengrab

PR 2706 – Sternengrab

Titel: PR 2706 – Sternengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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ihn blicklos an. Er hatte es heute bereits einmal gesehen, quengelnd und am Rocksaum seiner Mutter hängend. Es war eines von etwa dreißig Kindern an Bord.
    Die Missionstätigkeit der JULES VERNE war großteils militärisch geprägt, und Schwangerschaften wurden daher offiziell nicht gern gesehen. Doch man konnte lang dienenden Mitgliedern der Crew schwerlich verbieten, Kinderwünsche zu hegen. Also gab es eine Säuglingsstation, einen Kindergarten, schulische Einrichtungen, einen Kinderarzt und einige soziale Institutionen, die es den Eltern erlaubten, Beruf und Erziehung unter einen Hut zu bekommen.
    Hoffentlich ist dein Vater an Bord ...
    »Es gibt weitere Explosionen«, gab NEMO bekannt. »Sie betreffen alle Bereiche der Kugelzelle JV-1.«
    »Hast du weitere schlechte Nachrichten auf Lager?«, fragte Bull betroffen.
    »Ja. Es sind mittlerweile auch Krankheitsfälle in den beiden anderen Schiffsteilen bekannt geworden. Die Giftepidemie breitet sich rasant aus. Die Krise steuert auf ihren Höhepunkt zu.«
     
    *
     
    Jawna Togoya tat ihr Möglichstes, um die Ausbreitung weiterer Panik zu unterbinden. Die Besatzungsmitglieder waren Profis. Fachleute, die fast ausnahmslos militärisch geschult waren. Sie wussten mit Katastrophenszenarien umzugehen. Dennoch kam es immer wieder zu Fehlreaktionen. Nicht alle konnten mit »Falschverhalten« erklärt werden, mit diesem seltsamen Symptom der Giftepidemie. Die Leute waren höchst angespannt, zumal der Ort, an dem sich die JULES VERNE aufhielt, nicht zum Wohlfühlen beitrug.
    Bull blieb vor Ort. Wenn er sich nicht gerade an Rettungs- und Aufräumarbeiten beteiligte, sprach er Verletzten Mut zu oder koordinierte weitere Hilfsaktionen. Nebenbei sichtete er das spärliche Bildmaterial, das NEMO ihm zur Verfügung stellen konnte.
    Es bewahrheitete sich der Verdacht, dass die Kranken selbst zu Bomben umfunktioniert worden waren, ausgelöst durch eine biochemische Veränderung ihrer Körper, für die es keinerlei Erklärung gab.
    »Er lebt!«, sagte eine erleichtert klingende Stimme über Funk.
    »Wie bitte?« Bull schreckte hoch.
    Joska Oter meldete sich aufgeregt zu Wort: »Sei-bei-mir lebt! Wir haben ihn auf Deck vierzehn-drei entdeckt. Er ist in einem Schockzustand, aber er ist körperlich völlig gesund!«
    »Kümmert euch um ihn! Ich komme so rasch wie möglich zu euch.« Bull brach seine Zelte nahe der ehemaligen Medoabteilung ab.
    Snijden nickte ihm zu und machte sich dann wieder an die Arbeit. Der Unsterbliche konnte sich auf den besonnenen Militär verlassen. Er würde alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um Spuren des Verursachers dieses schrecklichen Geschehens zu finden.
    Bull eilte zur neuen Medostation. Die Abteilung war im Normalbetrieb stillgelegt und auch bei Weitem nicht so gut ausgestattet wie die Hauptstation. Sie war noch vor der Explosionsserie aktiviert und angesichts der zu befürchtenden Epidemie besetzt worden.
    »Wo ist er?«, fragte Bull, kaum in der Abteilung angekommen. Ein müde dreinblickender Tefroder zeigte ihm den Weg zu einer Kammer, vor der ein TARA-Kampfroboter Aufstellung genommen hatte. Er legitimierte sich und stürmte an dem kegelförmigen Ungetüm vorbei in den winzigen Raum, in dessen einzigem Bett einsam und verloren der Lyrianer lag.
    Sei-bei-mir hob zwei seiner Teilkörper und rieb sie schwach gegeneinander, der Translator übersetzte: »Sorg dafür, dass man mich so rasch wie möglich entlässt, Bull! Diese Banausen hier benötigen Hilfe.«
    »Du bleibst jetzt mal schön brav liegen, Sei-bei-mir, und beantwortest mir meine Fragen.«
    Der Lyrianer wollte auffahren, ließ es dann aber bleiben. Der winzige Körper war über und über mit Verbandstoff bedeckt. Deutlich waren Spuren von Verbrennungen und Abschürfungen zu erkennen.
    »Du möchtest wissen, was geschehen ist und warum ich diesem Inferno entkommen konnte?«, stellte Sei-bei-mir selbst die wichtigste Frage.
    »Hast du Antworten für mich?«
    »Nein. Vielleicht. Ich habe schattenhafte Erinnerungen, kann aber nicht sagen, ob sie wahr oder bloß geträumt sind.«
    »Erzähl!«
    »Na schön.« Die Worte des Kleinen, allesamt durch Reibetöne erzeugt, kamen nur zögernd. Immer wieder hielt er inne, als müsste er sich seiner eigenen Gedanken vergewissern.
    »Ich war eben mit einer Patientin beschäftigt. Sie war in sehr schlechtem Zustand. Sie sang ordinäre Lieder, mit voller Lautstärke, während ihre Organe nach und nach versagten. Sie war besonders wichtig für mich,

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