PR Action 24 Kristallschmerz
Wirklichkeit mit Maximalgeschwindigkeit flog und in jeder Sekunde eine gewaltige Strecke zurücklegte, kam ihm kaum zu Bewusstsein.
Er hielt die Geschwindigkeitsanzeige ohnehin nicht im Auge, sondern verließ sich auf sein Gefühl. Die Schwärme riesiger und winziger Gesteinsbrocken, die Kaulquappe selbst, die Steuerungselemente in der kleinen Zentrale ... All das verschmolz in seinem Kopf zu einem großen Ganzen, das seine routinierten Handgriffe bestimmte.
Er wich einem Hagel von Felsbrocken aus, die nur wenige Meter durchmaßen und in seine Flugbahn rasten. Voll konzentriert suchte der Tferraner einen Weg, der die Schutzschirme des Beiboots möglichst wenig belastete.
Dass trotzdem einige gerade einmal faustgroße Steine im energetischen Feld verglühten, nahm er in Kauf. Es belastete die Schilde kaum, geschweige denn dass die Insassen der Kaulquappe etwas davon bemerkten.
Erinnerungen stiegen in ihm auf, Gedanken daran, wie er einst in der Rakete STARDUST zum irdischen Mond geflogen war. Welch ein Abenteuer in diesem inzwischen antiquierten Stück bebender und vibrierender Technologie war das gewesen, welch ein gewaltiger Fortschritt für die Menschheit ... und welch ein Katzensprung im Verhältnis zu dem kosmischen Bereich, den die Menschheit inzwischen besiedelte und bereiste.
Vielleicht würde er in weiteren zwei Jahrhunderten wiederum dasselbe denken, wenn er an diese Reise ins Desert-System zurückdachte: ein Katzensprung im Vergleich zu dem, wohin wir heute reisen.
Ein schmerzlicher Stich ging durch seinen Körper. In weiteren zwei Jahrhunderten? Würde er dann tatsächlich noch immer leben? Sein Zellaktivator ermöglichte es, aber war dieser Zeitraum nicht zu gewaltig, um ihn in Erwägung zu ziehen?
Er würde dann doppelt so alt sein wie in diesen Tagen. Welche Gefahren warteten bis dahin noch auf ihn? Würde er eines Tages vielleicht sogar - der Gedanke jagte einen Schauer über seinen Rücken - eine andere Galaxis erreichen?
»Wir sind fast da«, ertönte die tiefe Stimme des Mannes, der neben ihm auf dem Sitz des Copiloten saß. Es war Rettkal, der Gladiatorsklave, der ebenso wie die Ultima Liarr in den Strudel der Ereignisse um die Opulu und den Magadonen Lok-Aurazin gezogen worden war. Die Schläfen der silberweißen
Haare reichten bis zum Ansatz der Narbe, die sich über seine linke Wange zog.
Man sah ihm die Strapazen der langen Tage in Lok-Aurazins Gewalt noch an. Erst wenige Stunden vor dem Aufbruch in den Sternhaufen hatten sie ihn befreien können.
»Sie fragen sich, was uns erwartet, Rettkal?«
Die schwarzen Iriden, die wie viel zu groß geratene Pupillen in den türkisfar-benen Augäpfeln wirkten, richteten sich auf Rhodan. »Sie etwa nicht? Warum ist Lok-Aurazin hierher geflohen? Was zieht die Opulu an diesen Ort? Warum pulst die Sonne im selben Rhythmus wie Naral?«
Rhodan drosselte die Geschwindigkeit der Kaulquappe. »Eins wenigstens beruhigt mich, wenn ich auch keine Ihrer Fragen beantworten kann. Zumindest das Opulu-Heer ist offensichtlich noch nicht angekommen. Der Opulu über dem Planetoiden ist der einzige, den unsere Orter wahrnehmen können.«
»Aber warum können Sie ihn orten, Rhodan? Doch nur deshalb, weil der Opulu von seinen aktiven Abspaltungen umgeben ist und mit Licht und Magmaausstößen kommuniziert - oder kämpft. Wäre er inaktiv, müssten die Orter ihn für einen der Millionen Asteroiden halten. Vielleicht gibt es Zigtausende von Opulu im Desert-System, ohne dass wir es feststellen können.«
Genau darüber hatte der Terraner lange nachgedacht. »Niemand weiß, ob es so ist - aber einiges spricht dagegen. Dieser eine Opulu befindet sich offensichtlich im Krieg. Würden ihm seine Artgenossen nicht beistehen? Außerdem haben wir bislang zwar nur einen kleinen Bereich der Asteroidenscheibe durchquert, aber zu keinem Zeitpunkt die Auswirkung der Todesstrahlung verspürt. Aber je näher wir unserem Ziel kommen ... «
»Sie müssen nicht weiterreden, Rhodan. Ich spüre es auch. Und ich hatte gehofft, es nie wieder erleben zu müssen.«
Die Übelkeit begann im Magen-Darm-Bereich und zog sich von dort aus durch die Oberschenkel bis zum Knie, als flösse eine ätzende Säure durch die Adern und verwandle die Muskeln in schwammig aufgedunsene, nutzlose Biomaterie.
Im nächsten Moment explodierte ein Schmerz in Rhodans Hinterkopf und schickte pochende Feuerstrahlen über die Schläfen bis zu den Augenwurzeln.
Die Welt verschwamm. Erst ein Warnsignal riss Rhodan
Weitere Kostenlose Bücher