PR Action 26 Der Tod in Terrania
Unsere Chance. Unsere Mission. Den kriegen wir nie wieder.«
»Hektor ist bei ihm«, gab Jokwin nicht zum ersten Mal zurück.
»Ach so, und Hektor bringt uns gleich den Koffer, oder wie hast du dir das gedacht? Er ist nur ein empathischer Klecks. Was kann er schon tun?«
»Er kann mich spüren. Aber noch wichtiger; ich kann ihn spüren. Er ist irgendwo dort, da bin ich ziemlich sicher.«
»Ziemlich sicher? Das heißt gar nichts! Außerdem kann er Hektor jederzeit irgendwo entsorgt haben.«
»Sei doch nicht so negativ.« Jokwin
versuchte es weiter mit Gutmütigkeit, aber langsam kam auch ihre eigentlich sehr verlässliche Ruhe an ihre Grenzen. Jede pessimistische Bemerkung saß wie ein kleiner Nadelstich.
Sie bereute es längst, Hektor das angetan zu haben. Anai hatte recht, er war nicht gerade wehrhaft. Sie vermisste ihn. Ohne seine beruhigende Leere an ihrer Seite drangen die ungebetenen Gefühle und Emotionsfetzen der riesigen, ruhelosen Stadt viel stärker auf sie ein. Sie war jetzt schon erschöpft.
Mit Hektor war es dauerhaft erträglich gewesen. Immer wenn äußere Gefühle zu stark auf sie niedergeprasselt waren, hatte sie sich auf ihn konzentriert. Er spiegelte lediglich das vorherrschende Gefühl eines Wesens, das er berührte. Nach dieser Wahrnehmung richtete er seine Farbe aus. Das war sein einziger Verteidigungsmechanismus in der freien Wildbahn seiner Heimatwelt. So konnte er bei Feindkontakt Giftigkeit anzeigendes Violett simulieren.
Aber diese Eigenschaft, die ihn und seine Art auf der Akademie zum zuverlässigen Vergleichsobjekt gemacht hatte, war Jokwin egal. Soweit es sie anging, hätte Hektor auch grau, weiß oder schwarz sein können. Aber wenn er bei ihr war, spiegelte er sie und half ihr, sich auf ihr eigenes Innenleben zu konzentrieren. Hektor war ihr Schirm und Schutz.
Die Einzigen, die das begreifen konnten, waren andere Empathen, und selbst die hatten Jokwins Problem nicht. Sie hatte einfach eine Schwäche, was das Abschirmen betraf. Der Psychologe, der alle Rekruten während der Ausbildung regelmäßig zum Gespräch gebeten hatte, war der Meinung gewesen, dass Jokwin sich deshalb so häufig zurückzog und nie aus sich herausging.
Der Gedanke war nicht abwegig. Vielleicht lag es aber auch ganz einfach daran, dass niemand ein zu großes, zu kräftiges Mädchen mochte. Das hatte sie in mannigfacher Hinsicht ihre ganze Jugend über zu spüren bekommen.
»Na ja, wenigstens bist du so das Monstergelee losgeworden. Ich habe mich wirklich gefragt, wann du diese Marotte aufgibst. Ist ja kein Wunder, dass du keine Verabredungen hast.«
»Anai, bei allem, was mir heilig ist, wenn du noch ein Wort sagst, dann vergesse ich, dass ich keine Schwächeren verprügle.«
Etwas in Jokwins Tonfall ließ Anai verstummen. Sie schrak zusammen, musterte Jokwin, erblasste und begnügte sich für eine ganze Weile damit, Jokwins Profil mit großen Augen anzustarren. Der zehnjährige Junge an Jokwins anderer Seite blickte ebenfalls ein paarmal nervös zu ihr herüber, dann suchte er sich hastig einen neuen Platz.
Furcht kroch durch das Abteil. Doch unter Anais Haut mischte sie sich mit Sorge und ... Schuld.
Augenblicklich atmete Jokwin tief aus. Ohne es zu wollen, hatte sie die Luft angehalten. Mit dem Atem wich auch der Zorn.
»Tut mir leid.« Anai räusperte sich. »Ich weiß, das war unfair.«
»Schon gut«, brummte Jokwin.
Inzwischen hatte sie begriffen, was gerade geschehen war. Sie hatte sich mit Anais Ärger identifiziert. Darum wahrten Empathen so häufig auch Freunden gegenüber stets eine gewisse Distanz.
»Wir finden ihn schon wieder.« Versöhnlich bot Anai ihr einen Diätikus-Schokoladenkeks an. Sie schleppte immer irgendetwas von Diätikus mit sich herum.
»Meinst du?« Jokwin winkte höflich ab.
»Sicher, so ein Schleim ist schließlich nicht totzukriegen. Und für den Ferro-nen habe ich auch noch eine Idee.«
»Ach.«
*
Rhodan brütete über dem Colt Single Action Army, auch als Peacemaker bekannt. Er stammte aus Saquolas Tasche. Stumm und scheinbar harmlos lag das Relikt vor ihm auf dem Tisch. Er betrachtete es eingehend. Tatsächlich glich dieses Exemplar jener Waffe aufs Haar, die einmal Tfeil des Galaktischen Rätsels gewesen war, das Rhodan auf die Welt Wanderer und letztlich zur Unsterblichkeit geführt hatte.
Die Seriennummer, die Kratzer - alles stimmte bis ins kleinste Detail. Erlaubte sich Saquola einen schlechten Scherz? Warum tauchte ein solcher Gegenstand,
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