PR Action 34 Kind Des Asteroiden
seinem Kopf kletterten mehrere Wartungsroboter an den Streben der Kuppel entlang. Eine Woche zuvor hatte es ein Unglück mit einem Transportgleiter gegeben, der nach einer Fehlfunktion des Triebwerks auf die Kuppel abgestürzt war.
Dies hatte kurzzeitig zu Aufregung geführt. Da der Asteroid aber eine schwache Atmosphäre besaß, die durch Schirme und künstliche Schwerkraft am Entweichen gehindert wurde, hatten die Schäden in der Kuppel keinen dramatischen Luft- und Temperaturverlust bewirkt.
Unfälle und Schäden gab es immer irgendwo auf dem Asteroiden; sie wurden als Teil des täglichen Lebens empfunden. Unter den Schürfern herrschte deshalb eine klare »Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker«-Philosophie.
Die Heizung in seinem Overall hatte inzwischen die gewünschte Temperatur hergestellt, und Saq setzte seinen Weg fort. Auf halber Distanz zur Ostschleuse warteten die Zwillinge auf ihn. Sie hatten ihre Atemgeräte wie unförmige Ketten um den Hals gehängt.
Borram und Naalone waren einen Kopf kleiner als Saq, was aber nicht verwunderte: Er hatte den beiden Knaben nicht nur zwei Jahre voraus, sondern galt auch für sein Alter als ungewöhnlich groß.
Äußerlich glichen sich die Zwillinge fast bis aufs Haar. Unterscheiden konnte man die Brüder nur aufgrund ihrer Halsketten.
Borrams Kette war aus Metall und hielt eine Raubvogelkralle, während Naalones Kette aus zusammengeknüpften, verschiedenfarbigen Basaltsteinen bestand. Da die beiden aber jede Menge Schabernack anstellten, hatte ihre Mutter bereits mehrmals gedroht, sie künftig durch Ohrstecker zu markieren
- und zwar beim einen an der linken und beim anderen an der rechten Ohrmuschel.
Das war eine wirkungsvolle Drohung, da die Ohren der Zwillinge durch eine Laune der Natur klein und verkümmert geblieben waren und deshalb meist durch kupferrote Haarlocken schamhaft verdeckt wurden.
»Hallo, Borram«, sagte Saq und hob seine rechte Faust. »Hallo, Naalone.«
Die Zwillinge hoben ebenfalls ihre rechten Fäuste und stießen sie mit seiner zusammen.
Borram fasste sich an den Kragen des Overalls, der seine Kette verdeckte, und sah Saq argwöhnisch an. »Wie schaffst du es immer wieder, uns auseinanderzuhalten? Sogar Mutter gibt uns meist die falschen Namen!«
Saq lächelte und breitete die Arme aus. »Keine Ahnung. Für mich gleicht ihr euch überhaupt nicht. Ich könnte euch auch mit geschlossenen Augen unterscheiden.«
»Du bist ein Angeber, Saq«, sagte Naalone abschätzig.
»Nur weil ich nicht so doof bin wie alle anderen?«, fragte Saq. »Weil ihr mich nicht täuschen könnt?«
»Jetzt streitet ihr euch aber nicht schon, bevor wir das Wohnareal verlassen haben«, murmelte Borram und zupfte sich am linken Ohr, was er immer dann tat, wenn ihm etwas unangenehm war.
»Borram hat recht«, sagte Saq. »Wir können uns auch noch draußen streiten.«
»So hab ich es nicht gemeint!«
»Egal«, warf sein Bruder ein. »Kommt, wir gehen zur Kristallhalde.«
Saq und Borram stimmten zu, und die drei Knaben machten sich auf den Weg. Der redselige Naalone erzählte Saq stolz, dass seine Eltern nun auch ein eigenes POVILS anschaffen würden und sie deshalb nicht mehr ins Lemzentrum gehen mussten, um ihre Lektionen absolvieren zu können.
Saq beschloss, darauf nichts zu erwidern. Seine Eltern besaßen das POVILS seit vielen Jahren. Die Lerneinheiten für Achtjährige bestanden aus einfachen Re-chen- und Sprachaufgaben, während er längst komplizierte finanzmathematische Operationen bewältigte und nebenher Arkonidisch lernte.
Sie erreichten die Ostschleuse, die aus einem zehn Meter hohen, zwanzig Meter breiten und dreißig Meter langen Glas-korridor bestand, in dem die Gesell-schaftsgleiter Platz fanden, die zwischen den beiden Wohnbereichen an den Längsenden des Asteroiden verkehrten. Daneben war eine kleine Personenschleuse installiert.
»Wir gehen zuerst«, bestimmte Naalone.
Ohne eine Antwort abzuwarten, befestigte er die Atemmaske vor dem Gesicht und zog die Kapuze über den Kopf, wo sie sich mit der Maske verband. Sie blähte sich leicht auf, als sie mit warmer Luft aus dem Anzug versorgt wurde.
Theoretisch wäre es möglich gewesen, ohne Kapuze und sogar ohne Atemgerät der dünnen Atmosphäre des Asteroiden ausgesetzt zu sein. Doch bei eiskalten fünfzehn Grad Celsius hätten die Ferronen über kurz oder lang mit ernsthaften Kreislaufproblemen zu kämpfen.
Saq schloss seinerseits den Overall und wartete geduldig, bis die
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