PR Andromeda 03 - Der schwerelose Zug
in Andromeda eine fremde Wesenheit aufgetaucht, deren Macht die des Nukleus weit überstieg.
Die Monochrom-Mutanten waren von der ersten Sekunde an gezwungen gewesen, sich zurückzuziehen und zu verbergen. Als Versteck wählten sie den Planeten Attorua, wegen der außergewöhnlichen ultrahochfrequenten Ausstrahlung seiner Bewohner, der Gestaltwandler.
Die Handlungsmöglichkeiten waren an diesem Ort freilich sehr begrenzt. Das Kollektiv der 34000 musste sich darauf beschränken, den Planeten und seine Umgebung, also den Sektor Jessytop, aus dem geistigen Lageplan der fremden Wesenheit »auszublenden«.
Für Menschen, selbst für eine Hyperphysikerin wie Tess, war das schwierig zu verstehen. Dieser Vorgang spielte sich in einer Sphäre ab, die den Höheren Mächten vorbehalten blieb. Eines war aber auch ihr klar geworden: Beim Gegner handelte es sich mit Sicherheit nicht um ein gewöhnliches Wesen mit gewöhnlicher Wahrnehmung oder gewöhnlicher Logik.
Noch war der Nukleus stark genug, Jessytop vor dem erbarmungslosen Invasor zu verbergen. Noch.
Aber nicht mehr lange.
Stunde um Stunde wurde das dunkle, unheimliche Netz dichter gesponnen. Der Zeitpunkt ließ sich absehen, da das Kollektiv der Monochrom-Mutanten auch mit seinen übermenschlichen, kaum nachvollziehbaren Kräften die Vollendung dieses Netzes nicht mehr verhindern würde können.
Und dann..
… erwachte er.
Und sah die Welt mit anderen Augen. Schärfer. Klarer. Härter. Und… heißer.
»Ich habe mir erlaubt, noch eine kleine Speichererweiterung hinzuzufügen«, erläuterte AMBULANZ. »Du kannst jetzt jede Form von Sinneseindrücken aufzeichnen und per Funk weiterleiten. An Takegath, an den Rechner der KHOME TAZ, oder auch an mich. Empfehlen würde ich Letzteres, weil ich über die höchste Feinauflösung verfüge. Ach ja, und ich habe dich von deiner Nikotinsucht befreit.«
Aldus war noch zu benommen, um gegen diese Eigenmächtigkeit der Klinik zu protestieren. Außerdem war er vollauf damit beschäftigt, seine neue Optik zu verarbeiten.
Er verfügte nicht nur über stark erhöhte Tiefenschärfe; auch sein Farbspektrum hatte sich verändert. Er nahm nun zusätzlich Infrarot wahr, also Wärmestrahlung, und zwar permanent. Anfangs wirkte das sehr verwirrend auf Aldus, weil er das Gefühl hatte, zwei Bilder übereinander zu sehen, wie bei einer Doppelbelichtung. »Ich kriege Kopfschmerzen«, lallte er mit von den Betäubungsmitteln noch schwerer Zunge.
»Das ist normal«, beruhigte AMBULANZ. »Und wird bald wieder vergehen, wenn sich dein Sehzentrum auf die erweiterte Wahrnehmung eingestellt hat. Ich habe es vorsorglich mit einem Beschleuniger-Chip geboostet.«
Die Stimme der Cyberklinik klang nicht mehr, wie zuvor, unangenehm hoch und schrillein Beweis dafür, dass die Modifikationen von Aldus’ Gehör gleichfalls erfolgreich verlaufen waren.
Aus dem Gestank ist Rosenduft geworden…
Dafür vernahm er nun zahlreiche Geräusche, die ihm vor der Operation verborgen gewesen waren: das tiefe Wummern der Aggregate, das hohe Sirren der Luftumwälzung… Auch daran würde er sich gewöhnen müssen.
»Kann ich aufstehen?«, fragte er, als nach einiger Zeit die Irritationen allmählich nachließen. Seine eigene Stimme erschien ihm seltsam fremd, fremder noch als die der AMBULANZ.
»Nur zu!«
Aldus schwang sich vom Operationstisch. Sofort drehte sich alles um ihn. Er verlor die Orientierung, wusste nicht mehr unten von oben zu unterscheiden. Hart knallte er mit dem Gesicht auf den Boden. Halb betäubt blieb er liegen.
AMBULANZ lachte boshaft. »Da wird jemand noch ganz schön seinen Gleichgewichtssinn trainieren müssen, wenn er wirklich demnächst mit Takegath in den Einsatz gehen will…«
Aldus biss die Zähne zusammen; die waren vorläufig noch die alten geblieben. Er griff nach dem OP-Tisch und wollte sich daran hochziehen, doch stattdessen riss er ein faustgroßes Stück der Liegefläche heraus, so mühelos, als bestünde sie aus Schaumstoff und nicht aus Leichtmetall.
»Ruinier mir vor lauter Kraft nicht die Einrichtung, Supermensch!«
Beim zweiten Mal fasste Aldus viel vorsichtiger zu, so zart, als wolle er ein rohes Ei ergreifen. Dennoch gruben sich seine Finger in den Metallrahmen des Tisches wie in Knetmasse. Diesmal gelang es ihm, sich aufzurichten.
Das Geräusch klatschender Hände erklang, das sich zu einem frenetischen Applaus steigerte.
»Du kannst mich ruhig verhöhnen, AMBULANZ«, keuchte Aldus. Immer noch fühlte er
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