PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher
Bauch. »Nein. Warum?«
Raye holte Luft. »Ich habe die Nervenverbindungen in deiner Brustwunde wieder hergestellt. Aber so umfassend sind meine Kenntnisse der Anatomie deines Volkes nicht, als dass mir kein Fehler unterlaufen sein könnte.«
»Es ist alles in Ordnung mit mir, Doktor Corona. Bis auf irgendwie gedämpfte, aber doch präsente Schmerzen im Wundbereich. Die jedoch normal sind, vermute ich.«
Raye bejahte. Sie hätte den Maahk gern auf die Geschichte mit dem vermeintlichen Lasky Baty angesprochen. Aber sie wusste nicht, ob er das schon verkraftete. Erst als ihre Finger gegen den Helm prallten, merkte sie, dass sie sich unbewusst die Haare hinter die Ohren zurückstreichen wollte.
»Doktor Corona?«
»Ja?«
»Mein Baty-Hemd. Ich habe es zerrissen?«
Ihr Herz machte einen Satz. »Ähm. Ja«, sagte sie.
»Ist es entsorgt worden? Oder kann ich es haben?«
»Kannst du, Grek. Ich habe es mitgebracht. Und eine Entsorgung wäre schön gewesen«, griff sie seine zerlegende Aussprache auf. »Aber noch dürfte es all deine Sorgen ausdrücken.« Sie öffnete die innere Schleusentür, holte das Hemd herein und hängte es an den Spind.
Der Maahk sah das Hemd an, das zerfetzt und mit seinem Blut besudelt war. Seine Augen füllten sich mit Tränen.
»Oh Jammer und Nöte«, sagte er leise. »Das arme Hemd. Das arme, arme Hemd.«
Er fing an zu lachen.
»Grek?«, fragte Raye beunruhigt. Sie vergewisserte sich kurz, dass der Medorob noch im Zimmer war.
Wo soll er denn sonst sein? , dachte sie.
»Nein, nein«, sagte der Maahk. »In mir verläuft alles in geordneten Bahnen. Es ist nur so: Arm, arm, das bin ja wohl ich und nicht irgend ein bunt gefärbtes Stück Stoff.«
Sprach's und grinste, während ihm die Augen überliefen.
»Verdammt«, sagte Raye. »Jetzt geht das schon wieder los! Medorob!«
»Nein, warte!« Grek sah sie an und rollte mit den Augen.
»Huch. Mir fliegen ein paar Verse zu. Du!«, intonierte er,
»du Menschen-Wesen
in deinem Schutz-Anzug.
Du Wesen Mensch!
Geschöpf so zart,
Geschöpf so stark.
Wie durch einen Schleier sah ich dich
mit meinen klaren,
kalten Augen der Vernunft.
Klar jedoch sehe ich dich erst
durch den Schleier meiner Tränen.«
»Fünfhundert«, sagte Raye zu dem Medorob. »Ins Lebergewebe. Schnell.«
»Nein.« Der Maahk schien sich aufsetzen zu wollen. Aber er griff sich nur an die verbundene Brust, bleckte die Fänge und fiel zurück aufs Bett.
Und dann verabreichte der Medorob ihm endlich das Beruhigungsmittel.
»Nein«, sagte der Maahk, »das ... das war nur ein Versuch in Lyrik. Ein stümperhafter, mag sein. Aber deshalb ... deshalb brauchst du mich doch nicht gleich ... Hitze in meiner Brust. Immer mehr.« Seine Tentakelhände flatterten.
»Es ist nicht so, wie du denkst, Doktor Corona«, sagte er. »Mir geht es gut. Es ist nur so ... ich fühle .«
Dann schlug das Mittel an. Er ruckte kurz, und er zuckte kurz und lag endlich, endlich still.
Raye Corona nahm den LemSim, den sie in einen Behälter mit Nährgel gegeben hatte, aus dem Laborkühlschrank und machte sich auf den Weg zur Wissenschaftlichen Abteilung der JOURNEE. Ihr war kalt vor Müdigkeit; darum hatte sie vorher rasch noch Zims dicken, giftgrünen Strickpulli aus dessen Kabine geholt.
»Syntron«, sagte sie. »Wo finde ich Bi Natham Sariocc?«
»Er befindet sich zur Zeit nicht an Bord.«
Oh , dachte Raye und ging langsamer. Aber irgendjemanden brauche ich hierfür. Ich habe zu viel Watte im Kopf, um das allein hinzukriegen.
Eigentlich war sie ganz froh, dass der terranische Hyperphysiker nicht verfügbar war. Nicht, dass sie ihn schwierig fand oder unsympathisch. Aber irgendwie konnte sie ihn nicht ganz ergründen. Diese trüben Augen, diese abgehobene Art. Seine Freundlichkeit war stets neutral und unpersönlich.
Der hat sich völlig abgekapselt , dachte sie. Wie so viele ältere Männer. Schrecklich.
Zim hatte auch diese Tendenz, alles irgendwohin wegzustecken. Aber Zim war noch jung.
Oh-oh , dachte sie. Wie er wohl später drauf sein wird, mit vierzig oder so?
»Syntron«, sagte sie. »Wer vom Personal ist in der Wissenschaftlichen Abteilung anwesend?«
»Tess Qumisha. Sie befindet sich im Leitungszimmer.«
Autsch , dachte Raye. Das würde nicht gut gehen. Die Wissenschaftliche Leiterin der JOURNEE war ihr nur ein paar Mal begegnet, und jedes Mal hatte ihr die pure Feindseligkeit in den Augen gestanden. Sie schien wirklich jeden zu hassen, der
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