PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
blind, Inahin? Sieh mich an! Was soll ich auf Nimvua? Mein Platz ist hier.«
»Aber ... du ...«. Inahin brach ab und starrte sein Gegenüber mit offenem Mund an. Takegath hatte den Eindruck, sein Bruder nähme Kemwe-rem zum ersten Mal so wahr, wie er wirklich war.
»Ich verstehe dich«, schaltete sich Takegath ein. »Und ich wünsche dir ein langes Leben unter den Gy Enäi. Aber wieso stellst du dich uns in den Weg? Du hast deine Entscheidung getroffen - gestehe uns die unsere zu.«
»Das hätte ich vielleicht, aber dein geschwätziger Bruder hier hat es unmöglich gemacht. Denk doch nach, was hätte ich tun sollen? Als mir Ina-hin von eurem Fluchtplan erzählte, musste ich handeln. Leptir'ka wäre dahinter gekommen, dass ich davon gewusst habe. Was glaubst du, wie lange mein unsterbliches Leben noch gewährt hätte?«
Takegath spürte Inahins Sprung kommen, noch bevor die Sohlen des Bruders den Kontakt zum Boden verloren. Später, viele Jahre später, kam er darauf, was seine Ahnung ausgelöst hatte.
Inahin hatte den Atem angehalten.
»Bruder, nein!«
Sein Ruf kam zu spät. Inahin stürzte sich bereits auf Kemwerem.
Die Strahler des Kopfjägers blitzen auf, blendeten Takegath trotz der Filterautomatik seines Kampfanzugs.
Er rannte los, seine tastenden Finger fanden den Metallkörper Kemwe-rems, glitten hinauf zur ungeschützten Kehle und drückten zu.
Sie ließen nicht mehr los, auch nicht, als ein rasender Schmerz durch seine rechte Seite raste und die Dunkelheit der Bewusstlosigkeit an die Stelle der Irrlichter auf seiner Netzhaut trat.
Als Takegath in der Sektion von AMBULANZ erwachte, war der Schmerz verschwunden. Leptir'ka stand an seinem Bett. Das aufgemalte Gesicht des Kommandanten der KHOME TAZ zeigte spöttische Sorge an.
»Geht es dir jetzt besser?«, fragte Leptir'ka.
Der Fokus von Takegaths Augen veränderte sich, sah durch die Züge des Kommandanten in das polierte Metall.
Takegath blickte in sein Spiegelbild. Die eine Seite seines Gesichts war unversehrt geblieben. Die andere .
Er schrie, bis das künstliche Gehirn, das ihm AMBULANZ eingepflanzt hatte, die Herrschaft über seine Stimmbänder übernahm.
Farue Markings war überrascht, mit welcher Mühelosigkeit er seine Begleiter abschütteln konnte. Er hatte keine größeren Schwierigkeiten erwartet, schließlich war dies sein Zuhause, seine Welt, aber dennoch ... Einfach weiterzugehen, während Tess Qumisha und Benjameen da Jacinta sich stritten, er hätte es nicht für möglich gehalten.
Ihr tefroderhaftes Äußeres hatte ihn getäuscht, die Abstammung von den Lemurern, die er mit ihnen teilte. Er war davon ausgegangen, dass sie auch mental mit ihm übereinstimmten, sie die Bedeutung von Pflichten kannten, die Verantwortung, die jedes Individuum für seine Mitmenschen hatte. Ein Irrtum. Der weißhaarige Arkonide und die schwarz gekleidete Terranerin schienen nur damit beschäftigt, einander zu verletzen. Markings verstand nicht, wieso sie nicht voneinander abließen. War es nicht schon Dummheit genug, sich auf eine Zweierblüte einzulassen? Früher oder später musste eine solche Konstellation in eine Katastrophe münden. Was immer geschah, die beiden Partner wurden stets aufeinander zurückgeworfen. Der dritte, vierte oder fünfte Partner, bei dem man sich aussprechen konnte, der ausgleichende Faktor fehlte. Der bloße Gedanke an eine Zweierblüte ließ in ihm ein Gefühl der Enge aufsteigen.
Wieso gingen die beiden nicht getrennter Wege? Blüten verloren Blätter oder gewannen neue hinzu, das war von jeher der Lauf der Dinge gewesen.
Markings verließ die Empfangshalle, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er war froh, allein zu sein. Insbesondere Benjameen da Jacinta musste sein Unbehagen über das irrationale Verhalten der Galaktiker gespürt haben, anders ließen sich die misstrauischen Blicke, die er ihm zugeworfen hatte, nicht erklären. Der Arkonide konnte allerdings unmöglich seine Absicht erahnt haben.
Der Virth von Tefrod deaktivierte seine Nasenfilter und atmete tief ein, um die würzige Luft seiner Heimatwelt zu genießen. Die Luft an Bord der JOURNEE war erstaunlich erträglich gewesen, bedachte man, dass das Schiff von stumpfnasigen Roftern erbaut worden war. Markings hatte auch mit größter Anstrengung keinen anderen Duft als einen metallischen Unterton erschnüffeln können.
Die Luft strömte in seine Nase - und einen Augenblick später beugte sich Markings würgend vor. Das salzige Aroma des nahen Meeres, der
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