PR Ara-Toxin 02 - Die Medo-Nomaden
den Themenwechsel, um nicht mehr über seine Liebe zu mir nachdenken zu müssen. Sein Begehren.
»Zwei Liter hoch konzentrierte Schwefelsäure sollte auch ein Aktivatorträger nicht schlürfen«, gestand er ein, »und ein halbes Kilogramm Arsenpulver oder Plutonium wären dem Fortleben wohl ebenso wenig förderlich.«
»Wie ich es sehe, sollte die Frage eigentlich lauten: Bleibt dem Zellaktivator genügend Zeit, geschädigtes oder gar zerstörtes Gewebe zu regenerieren? Je größer die ursprünglichen Schäden ausfallen -und damit Herzstillstand, Organversagen und so weiter droht -, desto geringer sind die Eingriffsmöglichkeiten des Zellaktivators und damit die Überlebenschance des Trägers. Vergleichbares gilt bei allen anderen Verletzungen. Wirkstoffe im allgemeineren Sinn, also auch Medikamente, Hormone und so weiter, die häufig ja auch in vergleichbarer körpereigener Form vorliegen, stellen eine noch ganz andere Problematik dar, vor allem, wenn sie in geringer Dosierung verabreicht werden.«
»Du meinst zum Beispiel Endorphine als körpereigene Opiate?«
»Genau. Hier stellt sich die Frage, inwieweit der Zellaktivator erkennt, ob und was den Träger beeinflussen oder schädigen kann. Verschärft wird diese Sache noch durch die Schwierigkeit, inwieweit der Zellaktivator auf bewusste oder unbewusste Entscheidungen des Trägers reagiert.«
»Von Atlan wissen wir ja, dass er, wenn er jemandem helfen wollte, ihm den Zellaktivator kurzfristig anlegen konnte.« Tiff lachte leise. »Und wenn er wollte, konnte er sich auch betrinken.« Er grinste. »Der Vorteil dabei ist, dass man am nächsten Tag keinen dicken Kopf hat, wobei dann allerdings wiederum die Dosis eine Rolle spielt. Würde ich sechs Promille überleben oder nicht?«
»Unabhängig davon spielt als weitere Schwierigkeit hinein, wie ausgeprägt das Regenerationsvermögen des Zellaktivators nun tatsächlich ausfällt. Nicht nur, was die Geschwindigkeit betrifft, sondern auch und vor allem die Vollständigkeit. Lässt der Zellaktivator eine weitgehend zerstörte Leber nachwachsen, und wenn ja, wie schnell? Wie sieht es bei einer durchstochenen Lunge aus? Oder beim durchtrennten Rückenmark? Ganz zu schweigen bei einem abgetrennten Arm oder Fuß? Wachsen die nach?«
Tiff nickte. »Atlan hat in dieser Hinsicht durchaus einiges überstanden. Andererseits zeigen seine Bauchnarben, dass hier durchaus Grenzen gesetzt sind.«
»Eigentlich sollte bei denen doch die beschleunigte Regeneration greifen, was Narben verhindern müsste.«
»Aber er hat trotzdem welche.«
»Julian. ich verstehe ja, dass du für dich beantworten möchtest, ob deine Gefühle für mich echt oder nur manipuliert sind, aber. Für mich ist das auch nicht ganz so einfach. Du hast recht mit dem, was du vorhin gesagt hast. Es ist eine seltsame, eine unangenehme Situation.«
Sein Blick wurde wacher. Endlich hatte er damit aufgehört, sich nur mit sich selbst zu beschäftigen. »Wieso?«
»Ich bin von meinem geheimnisvollen Auftraggeber ebenso manipuliert worden wie du. Vergiss nicht, beide müssen das Songjanor verabreicht bekommen haben, sonst funktioniert es nicht.« Ich befürchtete, dass aus meiner Stimme die Verbitterung deutlich herauszuhören war. »Und ich kann mich nicht daran erinnern, ob ich das freiwillig hingenommen habe oder nicht.«
Er stutzte. »Aber du hast mir doch selbst gesagt, dass wir beide Songjanor bekommen haben.«
»Ich. habe gewisse Schwierigkeiten mit meinen Erinnerungen.« Mehr durfte ich ihm nicht verraten. »Als die Wirkung des Aphrodisiakums einsetzte, habe ich mir nichts dabei gedacht, ebenfalls damit geimpft worden zu sein. Wenn es zu meinem Auftrag gehört. nun gut. Einem Job ordne ich alles unter. Aber die Wirkung scheint nachzulassen, oder meine Gedanken scheinen klarer zu werden, oder was weiß ich. Jetzt muss ich auf jeden Fall damit klarkommen, dass ich eine seltsame Affinität zu einem Terraner habe, den ich eigentlich für schrecklich hässlich halte.«
»Wieso sollte die Wirkung des Songjanors bei dir schon nachlassen und bei mir nicht? Schließlich bin ich Aktivatorträger!«
Ich seufzte leise. Er hatte gar nicht verstanden, was ich ihm sagen wollte.
Sofort verspürte ich Mitgefühl für ihn. Zuerst die Manipulationen beim Transmitterdurchgang, dann das Songjanor. Er hatte in den letzten Tagen viel durchgemacht. Kein Wunder, dass er da noch nicht so klar denken konnte wie sonst.
Ich wollte wieder seine Hand streicheln, tat es aber nicht.
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