PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
Ziel, mit ihm zu schlafen, erst erreicht, als Carmen ihm untreu geworden war.
Oder waren das nur Hirngespinste, wilde Fantasien unter dem Einfluss von Rum, Voodoo, Sex und Colocados von der besten Schicht? Vielleicht tat er ihr wirklich Unrecht, und sie war selbst ein Opfer der Umstände.
Irgendwann im Lauf der Nacht, als Rumela tief und fest schlief, zog Marco sich an, verließ leise das Zimmer, stieg die Treppe hinab und orderte bei einer mürrischen Angestellten in der Rezeption ein Gleitertaxi.
Die Hacienda Extebosch lag wie ausgestorben da, als er um drei Uhr nachts dort eintraf. Eigentlich wusste er gar nicht, was er hier wollte. Es war ihm nur ein Bedürfnis gewesen, aus diesem Albtraum auszusteigen, in dem Rumela die Hauptrolle gespielt hatte. Darüber hinaus war er einfach noch immer betrunken und traurig und tief gekränkt und verzweifelt und wusste wirklich nicht, was er tun sollte. Weg von Carmen. Auf jeden Fall. Weg von Rumela. Er wollte die Beziehung auf gar keinen Fall fortsetzen. Weg von Raol. Das war sein Freund gewesen, aber so durfte sich ein Freund nicht benehmen.
Was blieb ihm also? Die Natur. Und seine Arbeit. Er liebte beides. Ihm wurde klar, dass die Arbeit auf Extebosch für ihn beendet war.
Rumela und Raol gehörten zur Extebosch-/amilia. Sie würden niemals gehen, konnten es wohl auch nicht. Und Carmen? Das interessierte ihn nicht mehr. Auf jeden Fall musste er Abstand gewinnen, zu den dreien und zu Extebosch. Er war ein vabundé und würde weiterziehen. Aber er tat es nicht gern. Er wäre gern bei der Hacienda Extebosch geblieben. Vielleicht für immer. Vor diesen schicksalhaften puentes hatte er sich, ohne Carmen davon zu erzählen, insgeheim ausgemalt, hier in die Jahre zu kommen. Mit Carmen, mit Kindern, die sie ihm gebar, mit guten Freunden wie Raol und Rumela, in und inmitten dieser Baumhäuser auf der bizarren Konstruktion der Hacienda, inmitten der gigantes und ihrer Symbionten. Keine der Haciendas, die er bisher kennen gelernt hatte, war der Natur so nahe, war mit ihr so sehr verschmolzen wie Extebosch. Aber er musste sich das alles aus dem Herzen schneiden. Je früher, desto besser.
Am liebsten hätte er sofort seine Sachen gepackt und wäre mit dem altersschwachen Gleiter, mit dem sie gekommen waren und der immer noch in einem der Hangars parkte, irgendwohin gefahren. Aber wohin, berauscht wie er war? Und er brauchte die beglaubigten Zertifikate des gremio - und wenn nicht die, dann zumindest seinen gremio-Chip, den er bei der Ankunft im Büro des gremio abgegeben hatte - für seinen weiteren Weg als vabundé, der bei positiven Beurteilungen nach sechs Jahren der Wanderschaft den Anspruch erwarb, in den Rang eines maestro aufzusteigen. Selbst in dieser bitteren Stunde war Marco nicht bereit, alles wegzuwerfen.
Er versuchte, seine Lage zu analysieren. Rumela würde irgendwann aufwachen und feststellen, dass er verschwunden war. Sie war die Einzige, die vielleicht, mit etwas Fantasie, nachvollziehen konnte, wohin er geflüchtet war. Würde sie einen Gleiter nehmen und ihm folgen? Wohl kaum. Rumela war eine stolze Frau. Sie benutzte Voodoo, um sich Männer zu angeln - wenn diese Vermutung überhaupt zutraf -, würde sich aber niemals die Blöße geben, sie um Liebe anzubetteln. Vor ihr fühlte er sich bis zum Ende der puentes einigermaßen sicher. Aber was war mit Carmen? Vielleicht hatte sie Gewissensbisse bekommen, als die Hitze zwischen ihr und Raol sich legte. Würde sie sich um ihn Sorgen machen und ihn suchen? Dann musste sie erst einmal Rumela finden, und ob die ihr die richtigen Antworten gab, war mehr als fraglich.
Marco war sich keineswegs sicher, ob sein immer noch reichlich umnebelter Verstand ihm die richtigen Antworten gab, aber er war bereit, es darauf ankommen zu lassen. Er wollte keinen von ihnen sehen. Nicht Rumela, nicht Raol und am allerwenigsten Carmen. Aber er wollte unbedingt den Chip mit den Zertifikaten. Wenn er Glück hatte, würde das Büro des gremio auch an den puentes besetzt sein. Natürlich nicht nachts, aber vielleicht morgen, im Verlauf des Tages. Wenn er Pech hatte, war das Büro erst am nächsten Arbeitstag der Zehnerwoche geöffnet, also erst in drei Tagen. Dann musste er eben die Konfrontation mit denen hinnehmen, denen er am liebsten gar nicht mehr begegnen wollte.
Er brauchte nur seinen Chip, notfalls auch ohne Zertifikate. Dies war keine Briefbogengesellschaft. Die Zertifikate, die Benotungen -das war nachzuholen, sogar über das
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