PR Ara Toxin 6 Der Unlichtplanet
Sonst wäre mir das heutige. Missgeschick nicht passiert.«
»Ehrliche Worte.« Sie lehnte sich zurück.
Er empfand ihren makellosen Körper, ihre Nacktheit, als zusätzlichen Hohn. Mirona Thetin machte ihm deutlich, dass sie sich ihrer Sache sicher war.
»Nur ein starker Mann gibt seine Schwächen offen zu.« Abrupt wechselte sie das Thema. »Wie bist du mir auf die Schliche gekommen? Ich lege Wert auf bestmögliche Tarnung. Meine Scheinidentitäten sind dicht gestrickt. Im Gegensatz zu dir verzichte ich darauf, einen Namen öfter zu verwenden. Ein Lemurer-Leben lang trete ich in der Öffentlichkeit auf; dann wieder agiere ich über Jahrzehnte hinweg im Verborgenen. Ich vermeide Regelmäßigkeiten in meinem Verhalten. Ich fälsche meine DNA. Ich verberge meinen Zellaktivator, wo und wann es nur geht. Bei besonderen Gelegenheiten, so wie heute zum Beispiel, verzichte ich sogar vollends darauf.«
Aset-Radol nickte. Auch er hatte das lebenserhaltende Gerät gleich nach seiner Ankunft auf Tefrod abgelegt. Erst morgen in der Frühe, so hatte er es geplant, würde er den stabförmigen Aktivator wieder umhängen. So, wie es derzeit aussah, würde es nicht mehr dazu kommen.
»Mnemotechnik hat mir geholfen«, sagte er knapp. »Ich habe mir diese Begabung angeeignet, um mir deine Worte während all der Sitzungen zu merken, da du lediglich durch deine Stimme und die-ses lächerliche Symbolbild vertreten warst. Mit all den Längen, Betonungen, Seufzern, Zwischenlauten, künstlichen Pausen und so weiter. Aufzeichnungen oder Protokolle hattest du ja aus gutem Grund verboten.« Er lächelte, stolz auf seine bislang größte Leistung. »Wusstest du, dass Sprache und Wortmelodien ebenso unverkennbar sein können wie ein genetischer Fingerabdruck? Man benötigt lediglich die notwendige technische Ausrüstung, einen analytischen Verstand und ausreichend Vergleichsmaterial, um Übereinstimmungen zu finden.« Aset-Radol deutete, mutig geworden, mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf sein Gegenüber. »Mir war von vorneherein klar, dass Faktor I eine Frau sein musste. Ich fand ausreichend Hinweise. Hier hintergründige Raffinesse, da Spitzfindigkeiten, über die sich kein Mann jemals Gedanken machen würde. Geringste Anzeichen von Eitelkeit. Ansichten, die mir seltsam erschienen.«
»Ich ahnte es«, sagte Mirona Thetin nachdenklich. »Ich hätte meinem Instinkt folgen und einen maschinellen Zerhacker und Interpre-tor Zwischenschalten sollen, der auch auf diese Aspekte Rücksicht nimmt.«
»Während der letzten eintausendfünfhundert Jahre gab es immer wieder herausragende Frauenpersönlichkeiten, die einem gewissen Typus entsprachen und in der Öffentlichkeit unseres wachsenden Imperiums Aufsehen erregten. Ich entdeckte Gemeinsamkeiten. Rhythmische Verhaltensmuster. Da hilft kein noch so guter Deckname; du kannst ebenso wenig aus deiner Haut wie ich aus meiner. Nur mit einem Unterschied: Ich hatte einen guten Grund, nach einer Unsterblichen zu suchen. Niemand in der tefrodischen Öffentlichkeit hingegen sähe einen Anlass, an einen Mythos wie den der Unsterblichkeit zu glauben und nach einem wie mir oder einem unserer gemeinsamen Freunde zu fahnden.«
»Du hast dein Geheimnis über meine Identität keinem anderen Meister der Insel verraten?« Mirona Thetins Stimme klang lauernd.
»Nein«, antwortete Aset-Radol, wohl wissend, dass er mit dieser
Auskunft möglicherweise sein Todesurteil unterschrieb. »Ich vertraue niemandem in dieser trauten Runde. Wie du sicherlich weißt.«
»Gut.« Faktor I stand auf. Sie deaktivierte die Holo-Zuspielung des wogenden Wassers und streckte ihren schlanken, perfekt geformten Körper.
»Was geschieht nun mit mir?« Aset-Radol wartete die Urteilsverkündung mit geschlossenen Augen ab.
»Ich habe lange über dieses. Problem nachgedacht.« Mirona Thetin lachte. »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass du mir lebend mehr nützt als tot.«
»Ich verstehe nicht.«
»Im Grunde genommen muss ich dir dankbar sein. Du hast eine Schwäche in meiner Deckung entdeckt, die es auszumerzen gilt.«
»Mit Verlaub: Ich habe mich lange genug mit dir beschäftigt, um zu wissen, dass Dankbarkeit ein Fremdwort für dich ist. Also: Was hast du mit mir vor?«
»Du darfst weiterleben. Ich bin bereit, ein gewisses Risiko einzugehen und deiner Loyalität mir gegenüber zu vertrauen. Du wirst mir von nun an Bericht erstatten. Ich möchte wissen, was im erlauchten Kreis der Meister der Insel vor sich geht. Du wirst dich
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