PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
Zentrumsgebiet entfernt die Überreste einer Kaulquappe aufgespürt.«
Eines normalen Beibootes wegen hätte er mich nicht angerufen. Ich spürte meine Knie weich werden. Michael Slovan? hämmerte es unter meiner Schädeldecke.
»Red schon!«, herrschte ich Perry an. »Eine Spur der EX-411?«
»Die Kennung auf einem Wrackteil scheint eindeutig zu sein, Bully. Es kann sich wohl nur um ein Beiboot des Explorers gehandelt haben.«
»Überlebende? Ich muß das wissen, Perry, verstehst du?«
»Alles Material ist noch nicht ausgewertet, Dicker.«
»Ich komme«, platzte ich heraus. „Bin schon so gut wie auf der Erde.«
Wenn das wahr war — und welchen Grund hatte ich, daran zu zweifeln? —, hielt ich es nicht mehr im Solsystem aus, dann mußte ich mich an der Suche beteiligen. Das war ich mir selbst schuldig.
»Ich habe gewußt, daß du das sagen würdest«, vernahm ich Perrys Stimme wie aus weiter Ferne. »Gucky holt dich ab.«
Er war schon da. Der Mausbiber materialisierte keine fünf Meter entfernt. Margret Smörje riß Mund und Augen auf und starrte den Ilt an wie ein Weltwunder. Gucky winkte ihr zu.
»Deine Verehrerinnen fallen reihenweise um, sobald sie mich sehen«, quietschte er schrill » Was sagst du dazu, Dicker?«
»Ich lasse dir den Mohrrübenbezug sperren.«
»Könnte es sein, daß ich dich wahrend der Teleportation zufällig verliere?«, drohte der Ilt. Ich wollte meine Hand zurückziehen, aber er hielt mich telekinetisch fest.
Die Umgebung wechselte. Zwischenstation an Bord eines Raumschiffs, irgendwo zwischen Erde und Mond. Dann eine der Erdorbit-Stationen und schließlich Perrys geräumiges Büro. Ich sah das eingefrorene Hyperkom-Hologramm eines rotbärtigen, verwitterten Springerpatriarchen und im Hintergrund das Modell unserer guten alten STARDUST.
»Willst du wissen, was Margret gedacht hat?«, plapperte Gucky drauflos. »Sie hat gedacht, daß ich süß bin, ein Traum von einem Mausbiber. Von dir hat sie plötzlich nur noch den Bauch gesehen und sich gefragt, ob du den ganzen Tag am Futtern bist.«
Ich holte aus. Aber meine Hand zuckte ins Leere. Wo Gucky eben noch gestanden hatte, stürzte die Luft ins Vakuum.
Die Position 118 umfaßt mehrere Schaustücke, deren Zusammengehörigkeit im Ausstellungskatalog durch Unterteilung in die Buchstaben »a« bis »c« dokumentiert wird. Alle drei Objekte sind aufgrund ihrer handschriftlichen Beschaffenheit für das Psychogramm des Terraners Reginald Bull von großer Bedeutung. Graphologische Auswertungen zeigen bei jeder Position die tiefgehende Betroffenheit des damals amtierenden Solarmarschalls. Eine nachvollziehbare Zerrissenheit zwischen Pflichtgefühl und Privatsphäre ist unverkennbar.
Erläuternder Begleittext zur Person »Reginald Bull« anläßlich der geschichtlichen Wanderausstellung »Terra und das Solare Imperium im Wandel der Jahrhunderte«, die auf allen bedeutenden terranischen Siedlungsplaneten zu sehen war. Gestartet wurde die Ausstellung im Jahr 1 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung (NGZ) auf der Handelswelt Olymp, das entsprach dem Jahr 3588 n Chr.
Bei Position 118-a handelt es sich um eine der damals gebräuchlichen Hologrammkarten, die sowohl in materieller Form als auch via Hypergramm in makelloser Nachdruckqualität dem Empfänger übermittelt wurden. Die Vorderseite zeigt die Gesamtdarstellung der Milchstraße von einem fiktiven Standort aus gesehen, etwa mit Vierhunderttausend Lichtjahren Distanz oberhalb der Ekliptik, bei einem Betrachtungswinkel von 35 Grad. Das Bild lebt von seinem bestechenden Detailreichtum der Spiralnebel und peripheren Kugelsternhaufen.
Durchdrungen wird die Abbildung von einem symbolisierten Kreuz christlicher Darstellung, einer leuchtenden Aura gleich, die ihre Position bei unterschiedlichem Blickwinkel unverrückbar behält. Stets sichtbar, und zwar gleichwohl in Interkosmo wie in altterranischem Englisch, sind die Worte: »Ich bin bei Euch, vom Anfang bis zum Ende — denn die Schöpfung ist mein. Aber sucht mich nicht in dieser Welt.«
Die Rückseite trägt Reginald Bulls handschriftliche Kondolenz:
»Lieber Ladislaus Beckett, es sind wohl immer die traurigen, zum Nachdenken und zur Besinnung Anlass gebenden Ereignisse, die Menschen zusammenführen. Nur diese Momente zwingen zum Innehalten in der täglichen Pflicht, die doch nichts anderes ist als der Zwang, den wir selbst uns auferlegen. Das war im zwanzigsten Jahrhundert schon so und ist heute um keinen Deut
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