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PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

Titel: PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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er glaubte, den Schrei eines Kondors gehört zu haben oder den fernen Ruf eines Menschen. Aber es war nur das allgegenwärtige Knistern des Sandes, das ihn täuschte.
    Er schaffte es nicht mehr, das wachsende Unbehagen zurückzudrängen. Die Erde hatte sich in den Jahren seiner Abwesenheit deutlich verändert. Wie viel Zeit mochte vergangen sein? Jahre nur, vielleicht Jahrzehnte? Oder mehr?
    Trichterförmig legte Alaska die Hände vor den Mundschlitz der Maske und brüllte aus Leibeskräften: »Hallo, ist da wer?« Der Sturm riss die Worte mit sich, brachte aber keine Antwort zurück.
    Unheimliches hatte sich ereignet.
    Endlich wuchsen neue Schatten vor Saedelaere auf. Die Häuser von Tiahuanaco, hingeduckt auf die karge Hochebene und aneinander gedrängt wie eine Herde verängstigter Schafe. Er beschleunigte seine Schritte.
    Niemand kam ihm entgegen. Roter Sand bedeckte auch die Straßen der Siedlung von Tiahuanaco. Mehrere Bodenfahrzeuge standen quer, als hätten die Fahrer sie Hals über Kopf verlassen. Auf der Ladefläche eines Wagens lagen Puyablüten aufgeschichtet. Alaska hütete sich davor, die Rosetten rasiermesserscharfer Blätter zu berühren. In einer davon hatte ein Vogel sein Nest gebaut, offensichtlich das Tier, das tot auf der Ladefläche lag. Der kleine, halb zugewehte Körper war längst mumifiziert. Alaska sah das als Hinweis darauf, dass die Bewohner ihre Stadt nicht erst vor wenigen Tagen verlassen haben konnten.
    Sich einreden zu wollen, die Bewohner des Altiplano wären nur vor dem Sandsturm geflohen, war Selbstbetrug. Alaskas Blicke wanderten die Straße entlang. Nichts bewegte sich, Tiahuanaco war zur Geisterstadt geworden.
    Er drang in ein Wohngebäude ein, dessen Eingangstür offen stand. Der Sand war längst über die unteren Treppenstufen hinweggeschwappt. Obwohl im Innenbereich der Sturm kaum noch wahrzunehmen war, zeichneten sich nirgends Spuren ab. Alaska fröstelte.
    Die Wohnung im zweiten Stock stand offen. In der Küche lagen verschimmelte Fladenbrote, Obst in einer Schale hatte sich in eine unappetitliche Masse verwandelt.
    Alaska unterzog alle Räume einer flüchtigen Überprüfung. Nichts deutete darauf hin, dass die Bewohner sich für längere Zeit entfernt hätten. Kleidung hing sorgsam geordnet in den Wandschränken, auf dem Bett lag ein hauchdünnes Nichts aus schillerndem Gewebe. Als Saedelaere den fast gewichtslosen Stoff aufhob, spürte er die auf biochemischer Basis imprägnierte erotisierende Wirkung.
    Sekundenlang schloss er die Augen, als sein Blut in Wallung geriet. Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, darüber nachzudenken, was er in den letzten Jahren als Maskenträger versäumt hatte. Achtlos ließ er den Stoff fallen und wollte gerade das Schafzimmer verlassen, als er aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung wahrnahm.
    Zögernd wandte er sich um.
    Die Frau lächelte. Sie war etwa dreißig Jahre alt, trug das dunkle Haar seitlich geflochten und in denselben schillernden Farben wie das hauchdünne Kleidungsstück, das mehr von ihren üppigen Formen offenbarte als verbarg.
    Ihr Blick ruhte auf Alaska, als sie die vollen, sinnlichen Lippen öffnete — doch was sie ihm zu sagen hatte, erfuhr der Transmittergeschädigte nicht mehr. In einer zitternden Bewegung zerfloss das holografische Bild. Was blieb, war ein schwach leuchtender Kern, der den beginnenden Energiemangel der Projektion offenbarte.
    Alaska betrat den gegenüberliegenden Wohnraum. Obwohl draußen nach wie vor nur trübes Tageslicht herrschte, war das große Panoramafenster abgedunkelt. Vermutlich hatte die Wohnungsinhaberin die Schaltung aktiviert, als das Wetter besser gewesen war. Tiahuanaco war also schon vor geraumer Zeit verlassen worden.
    Auf einem Tisch lag ein größerer Geldbetrag. Alaska zählte überschlägig dreitausend Solar in kleinen Scheinen. Es gab keine Diebe in der Stadt. Es gab überhaupt niemanden mehr und nicht einmal Anzeichen dafür, dass sich die Einwohner auf einen Exodus vorbereitet hätten. Alles wirkte so, als hätte man sich nur für einen kurzen Besuch zu Nachbarn oder ins nächste Lokal begeben.
    Mit einem knappen Befehl aktivierte Alaska den Großbildschirm, der die Stirnwand des Raumes einnahm. Die eben noch matte Fläche füllte sich mit heftigem Flimmern. Das war alles. Auch auf den anderen Kanälen ein ähnliches Bild. Die Übertragung schien völlig ausgefallen zu sein.
    Saedelaere testete einen reinen Audiokanal. Ebenfalls nichts, weder Musik noch Nachrichten, als

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