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PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

Titel: PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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verhüllte.
     

22.
     
     
    Immer noch heulte der Wind, und das Land präsentierte sich karg und hügelig. Nur der Schnee war grobkörnigem rotem Sand gewichen, der in Böen heranpeitschte.
    Alaskas Blick fiel auf verwitterte Steinskulpturen. Sie sahen aus wie die Steinfiguren rings um den Zeitbrunnen von Derogwanien, doch in einiger Distanz erkannte der Terraner das Sonnentor von Tiahuanaco.
    Terra! Er hatte die Erde erreicht, daran konnte es keinen Zweifel geben. Seine Anspannung wich einem erleichterten Aufatmen. Alles andere, dessen war er plötzlich sicher, würde sich finden. Egal, was geschehen sein mochte, es gab immer einen Weg. Er selbst war das beste Beispiel dafür. Nach dem Transmitterunfall hätte er sich am liebsten auf eine einsame Welt fernab jeder Zivilisation zurückgezogen und sein Leben in Einsamkeit und Enttäuschung beendet, heute trug er einen der wenigen Zellaktivatoren und gehörte zum Kreis der potenziell Unsterblichen, die mehr Verantwortung trugen, als er sich je erträumt hätte.
    Vergeblich suchte er nach einem großen, dunklen, unheimlichen Kreis. Der Zeitbrunnen musste sofort nach seiner Ankunft erloschen sein. Alaska drehte sich einmal um sich selbst. Dass er allein war, bedeutete in dieser Einöde wenig. Sein Ruf verhallte mit dem Wind.
    Alaskas Blick wanderte zurück zum Sonnentor. Seit vier Jahrtausenden trotzte der kolossale Block allen Widernissen, die auf dem Fries herausgemeißelte Figur schien ihn starr zu mustern. Hinter dem Tor gewahrte Alaska einen Abschnitt des einstigen Maschenzauns, der das Gelände vor langer Zeit umspannt hatte und längst nur noch rostig und verbogen dem Wind trotzte. Der Zaun erschien ihm wie das Symbol einer unwiderruflichen Abgrenzung. Die Menschen waren gegangen. Wohin?
    Die bleiche Schwärze des Himmels wich vorübergehend einer vagen Helligkeit. Ein blassrotes Auge, gut eine Handbreit unter dem Zenit, starrte durch die Wolken. Es war immer noch die Sonne Medaillon.
    Der Terraner ballte die Hände. Er erschrak über das Aufwallen seiner Gefühle und den Hass, den er dieser Sonne entgegenbrachte. Sie hatte die Menschheit entzweit und die Aphilie geboren.
    Der Wind drehte und peitschte ihm entgegen. Alaska blinzelte unter der Maske hervor. Sandkörner drangen durch Mund- und Augenschlitze, aber das Cappin-Fragment reagierte nicht darauf.
    Zur Inka-Zeit war Tiahuanaco eines der bedeutendsten Zentren des Kontinents gewesen. Diese Größe hatte es nie wiedererlangt. Rund zwanzig Kilometer nordwestlich begann der Titicacasee, eine Eisenbahnlinie führte von Guaquil bis nach La Paz, und der Bahnhof lag im Bereich des ehemaligen Stadtwalls von Tiahuanaco. Saedelaere wusste nicht, ob noch immer Züge verkehrten.
    Wesentlich näher am Sonnentor führte die Straße vorbei. Durch teilweise kniehoch angewehten Sand umrundete Alaska die Überreste des Zaunes. Die Aphiliker hatten sich nicht mehr um die historischen Stätten gekümmert, ihren Verfall eher noch beschleunigt.
    Eine Gruppe von Riesenmönchen tauchte vor ihm auf, reckte sich bis zu vier Meter hoch vor den erneut tintenschwarz werdenden Himmel. Wie stumme Wächter umringten die anspruchslosen Pflanzen eine verfallene Hütte, in der sich Sand und Unrat häuften. Alaska war nahe daran gewesen, seine Vision der menschenleeren Erde einer Täuschung zuzuschreiben; er war ein Kind der Einsamkeit, war das schon immer gewesen, doch der Gedanke, vielleicht der letzte Mensch auf der Erde zu sein, ängstigte ihn. Der Anblick der auseinander gebrochenen Bohlenwände ließ seine Fragen drängender werden als zuvor.
    Die Straße war kaum noch als solche zu erkennen, Dünen hatten das geradlinig verlaufende Band erobert und streckenweise unpassierbar gemacht. Ein ausgedienter, schrottreifer Uraltgleiter lag umgestürzt neben der Piste.
    Was immer geschehen sein mochte, die Veränderungen waren inzwischen tief greifender Natur. Von Anfang an bereitete der Sandsturm Saedelaere Kopfzerbrechen. Kleinere Stürme gehörten durchaus zum meteorologischen Programm der Klimakontrolle. Aber dass der Sand sich zu Dünen häufte und niederes Pflanzenwachstum erstickte, war nicht normal. Hatte NATHAN die Überwachung eingestellt?
    Den Kopf zwischen die Schultern gezogen, stapfte der Transmittergeschädigte weiter. In viertausend Metern Höhe war die Luft dünn und zehrte an den Kräften. Dass er dennoch gut vorwärts kam, verdankte er den belebenden Impulsen des Zellaktivators.
    Hin und wieder hielt Alaska abrupt inne, weil

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