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PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

Titel: PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Klinikkuppeln vor der Silhouette des aufgehenden Saturn. Das Bild wirkte unscharf und verzerrt, weil ihm die Augen übergingen.
    Mehrmals schlug er mit der Stirn an die Scheibe. Doch die Erinnerung, die ihm nach all den Jahren noch zu schaffen machte, ließ sich nicht vertreiben.
    Neue Szenen tauchten in sein Bewusstsein empor. Sie nährten das beklemmende Gefühl, selbst verantwortlich zu sein. Er hatte vielesfalsch gemacht — und wenn er sich nur zur falschen Zeit am falschen Ort befunden hatte.
    Gedankenfetzen entstanden neu:
     
     
    Die STARDUST Memorial School galt als eine der führenden Ausbildungsstätten Terranias, ihre technischen und naturwissenschaftlichen Labors standen denen der Universitäten kaum nach. Entsprechend hoch wurde der hauseigene Ehrenkodex geschätzt; dass sich zwei Kollegiaten prügelten, war schlechterdings undenkbar. Dennoch begann Alaska aus eher nichtigem Anlass heraus zwei Tage nach einem Streit seiner Eltern eine Schlägerei mit einem Mitschüler. Erst eine Lehrkraft trennte die Streithähne.
    » ... säubert euch — und in zehn Minuten will ich euch friedfertig in der Vorlesung sehen. Ich hoffe, wir haben uns verstanden.«
    Alaska suchte zwar den Waschraum auf, verließ aber danach die Schule. Er benutzte die Schwebebahn, stieg einen Knotenpunkt eher als üblich aus und ließ sich von einem Antigravlift in die Höhe tragen. Von der Dachterrasse des Crest-Einkaufszentrums aus konnte er die noch kilometerweit entfernten, sternförmig angelegten Wohnsilos sehen, die ihm in dem Moment so kalt und leblos wie ineinander greifende Zahnräder erschienen, aber auch fern am Horizont die Silhouette des Lärmschutzwalls, der den Handelsraumhafen stadtwärts abgrenzte.
    Alaska wechselte in einen der transparenten Tunnel über. Sein Blick schweifte über das Gewirr von Gleitbändern, Rohrbahnen und Schwebekabinen, ohne dass er recht registrierte, was er sah.
    Erst der Schatten eines schweren Lastengleiters schreckte ihn auf. Für einen bangen Moment befürchtete er einen Aufprall, einen gewaltigen Feuerball, in dem alles explodieren und in die Tiefe stürzen würde, aber die Sicherheitssysteme lenkten den Gleiter rechtzeitig um.
    In rascher Folge wechselte er zwischen Tunneln, Gleitbändern und Schwebestraßen. Die letzten Kilometer stadtauswärts legte er sogar zu Fuß zurück. Die Peripherie von Happytown war eine gewaltige Baustelle. So, wie sich das Solare Imperium immer tiefer in die Milchstraße hinein ausdehnte, wuchs auch Terrania nach allen Richtungen. Die Metropole fraß dabei die Parks und Waldflächen aus der Gründerzeit, Flüsse wie der Sirius River wurden kurzerhand überbaut.
    Roboter zogen atemberaubende Stahlskelette in die Höhe, während ein Heer von Lastenplattformen und stationäre Transmitter den Materialnachschub besorgten. Eines Tages, hieß es, würde der Großraum Terrania über einhundert Millionen Menschen und nichtmenschlichen Intelligenzen Wohnraum, Unterhalt und vielfältigste Freizeitmöglichkeiten bieten. Dann würde die ehemalige Wüste Gobi das Zentrum einer multinationalen Gemeinschaft erster Güte sein.
    Keinen Gedanken verschwendete Alaska an den nächsten Tag, nicht einmal an die kommende Stunde. Zum ersten Mal seit langem beganner sich wirklich frei zu fühlen, weder eingeengt von den Zwängen der STARDUST Memorial School noch erdrückt von der Masse der Wohnsilos, die längst eine Stadt für sich bildeten.
    Jahrelang hatte er sich danach gesehnt, seinen Vater wiederzusehen. Aber seit Treshams Rückkehr war nichts mehr erstrebenswert. Sie provozierten sich gegenseitig.
    »Ich bin kein perfekter Sohn.« Wie eine Verwünschung zerbiss der Zwölfjährige den Satz zwischen den Zähnen. »Du verlangst das von mir, weil du selbst ganz anders bist.« Blinzelnd schaute er hinüber zu einem hohen Torbogentransmitter, der in schier endloser Folge meterdicke Träger aus Terkonitstahl ausspie, die von Robotern abtransportiert wurden.
    Das Prinzip der Ent- und Rematerialisation kannte er aus dem Physikunterricht. Trotzdem fragte sich Alaska, welche Vorgänge im übergeordneten Hyperraum abliefen — der fünfdimensionale Bereich musste weit mehr sein als nur ein Trägermedium für die Überlistung der Lichtgeschwindigkeit.
    Mit den Fingerknöcheln wischte er sich die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln. Er hasste Tränen, die ihm die eigene Hilflosigkeit aufzeigten. Wegen Tresham wollte er schon gar nicht weinen. Bring erst dein eigenes Leben in Ordnung!, dachte er

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