PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
Säulen?
»Ich rufe einen Medoroboter«, drang Livs Stimme in sein Bewusstsein vor.
»Nein«, hörte Saedelaere sich keuchen. »Ich will nicht, dass sie mich wieder untersuchen. Sie finden nichts.«
»Du bist krank, Alaska.« Liv nahm ihm den verbliebenen Vurguzz ab. Sie trat so dicht an ihn heran, dass er schon fürchtete, der Deflektorschutz würde nicht mehr ausreichen.
»Das weiß ich selbst.« Mit einer unkontrollierten, heftigen Bewegung schlug er Liv die Gläser aus den Händen, sie zerbrachen nicht, aber der Vurguzz hinterließ ein abstraktes grünes Muster auf dem Boden.
»Du hast eben phantasiert«, fuhr Liv unbeeindruckt fort.
Alaska wollte heftig widersprechen, besann sich aber und schob die Frau nur ein Stück weiter von sich. Ein bitterer Zug hatte sich um Livs Mundwinkel eingegraben, und wenn er sich nicht irrte, schimmerten ihre Augenwinkel feucht.
»Was habe ich gesagt?«, wollte er wissen.
Liv riss sich los, holte ein neues Glas aus dem Barfach und schenkte selbst ein. Sie trank in einem Zug. »Das brennt bis in den Magen«, ächzte sie.
»Ich muss wissen, was ich eben gesagt habe«, drängte Saedelaere. »Das ist wichtig für mich.«
Sie zögerte. »Schatten, warum gibt es keinen Schatten? — Das war alles.«
Saedelaere schüttelte den Kopf. Liv starrte ihn eine Weile an — oder sie starrte ins Leere, so genau war das nicht zu erkennen —, presste in stummer Verzweiflung die Lippen aufeinander und schenkte sich erneut das Glas voll. Erst in dem Moment verstand Alaska, dass sie auf seine Reaktion gewartet hatte.
»Ich kann nichts damit anfangen«, sagte er hart. »Noch nicht. — Aber ich frage mich inzwischen, ob du Alkohol brauchst, um meine Nähe zu ertragen.«
Liv wirkte irritiert. »Ist das alles, was du zu sagen hast?«
»Warum bist du gekommen?«
Sie lehnte sich an die Barwand, verschränkte die Hände im Nacken und schloss die Augen. »Weil ich dich liebe, Alaska. Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Und weil ich dir helfen will.«
Saedelaere schwieg lange. »Ich werde weggehen«, sagte er dann. »Irgendwohin, wo es weder Menschen noch andere Intelligenzen gibt, die ich gefährden kann. Ich fürchte die Einsamkeit nicht.«
»Ich begleite dich.«
»Also gibst du es zu?«, fragte Saedelaere bedrückt.
»Was? Was soll ich zugeben?«
»Dass die Ärzte keine Heilungschance sehen! Haben sie dich geschickt, um mir das schonend beizubringen? Ich kann sehr gut eins und eins zusammenzählen.«
»Niemand hat mich geschickt«, widersprach die Frau. »Allerdings soll ich dir etwas geben. Dr. Bishar ... «
» ... er will mit meinem Fall goldene Lorbeeren verdienen.«
»Er sagte mir, dass Galbraith Deighton ihm die Leitung der Untersuchungen übertragen hat. Also muss er gut sein.«
» Objektstudie Transmittergeschädigter nennt sich das«, schnaufte Saedelaere. »So viel habe ich schon mitbekommen. Kein Name, nichts — ich bin für die Quacksalber nur ein Objekt. Sie studieren mich, Liv. Deshalb weder Operation noch genetische Therapie.« Er stockte und unterbrach sich endgültig, als Liv mit spitzen Fingern in ihren Ausschnitt fasste und eine graue, eine Handspanne messende und etwa zwei Zentimeter dicke Rolle zum Vorschein brachte. »Was ist das?«, wollte er wissen.
Liv verzog die Mundwinkel zu einem bedauernden Lächeln. »Ich hatte gehofft, du würdest es von selbst finden. Aber vielleicht hast du sogar Recht mit deiner Zurückhaltung.« Sie drückte dem verdutzten Alaska die Rolle in die Hand. »Mit einer Empfehlung von Dr. Bishar«, setzte sie hinzu. »Er meinte, darauf wartest du seit Tagen. Vor allem sieht er keinen Grund mehr, dir das vorzuenthalten.«
Saedelaeres Finger zitterten, als er die Rolle öffnete. Es war eine dünne, mehrfach gefaltete Folie, deren dunklere Seite einen aufgerauten Eindruck vermittelte: Mikrokügelchen mit variabler Molekularstruktur, die unter exakt definierten Bedingungen die Mnemo-Eigenschaften des polymorphen Materials aktivierten. Folien dieser und ähnlicher Art wurden vor allem für Reparaturzwecke eingesetzt, speziell für rasche Abdichtungen, die später durch dauerhafte Lösungen ersetzt wurden. Integrierbare optische Trägerschichten ließen heute schon die Entwicklung optischer Systeme für die unterschiedlichsten Verwendungen voraussehen. Kleinformatige Folien wurden bereits mit Bildsequenzen von bis zu neunzig Sekunden Dauer beschickt, die eingespeicherte Energie erschöpfte sich aber je nach Datenfülle innerhalb weniger
Weitere Kostenlose Bücher