Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere

Titel: PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
verfliegenden Wärme zu spüren.
    Seine Unruhe wuchs. Mit einem knappen Befehl verdunkelte Alaska Saedelaere die Panoramascheibe. Er wollte nichts mehr von der begrenzten Weite des Saturnmondes Mimas sehen, nicht die baugleichen Kuppeln, in denen Kranke betreut wurden, die in anderen Kliniken bereits aufgegeben worden waren, und schon gar nicht das hauchdünne Band der Atmosphäre, das die ferne Sonne klein und unbedeutend erscheinen ließ. Dass er Liv fortgeschickt hatte, war ein Fehler gewesen. Er verstand sich selbst nicht. Deshalb griff er nach einer der Folien und dem Laserschreiber.
    Du weißt, Liv, ich eigne mich nicht für große Worte. Es fällt mir schwer, meine Gefühle auszudrücken. Er überlegte eine Weile und massierte seine Finger. Jedes knackende Gelenk ließ ihn zusammenzucken. Ich mag dich; ich kann es dir nur nicht so direkt sagen, wie ich das gerne tun würde. Was immer geschehen ist, ich habe versucht, mich zu erinnern. Ich habe es wirklich versucht. Aber bis auf einige vermeintliche Erinnerungsfetzen ist da nichts. Nur Leere. Und die Einbildung, dass etwas in mir wächst, was nicht in unsere Welt gehört.
    Ob ich mit dem Wissen leben kann, dass ich Menschen getötet habe?
    Verzeih mir, Liv!
    Er faltete das Blatt zusammen, die Folie verschmolz an den Rändern, und schrieb mit großen Buchstaben auf die Vorderseite FÜR LIV ANDAMAN .
    Den Brief legte er auf die Tischplatte und beschwerte ihn mit dem Schreibstift. Sein Blick streifte die Gläser, die Liv abgestellt hatte. Eines war noch halb mit Vurguzz gefüllt, er nahm es auf, drehte es unschlüssig und kippte dann den Inhalt in einem Zug. Wie Feuer fräste sich das grüne Zeug durch seine Kehle und breitete sich brennend im Magen aus.
    Hart stellte Saedelaere das Glas zurück und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Ein jäher Schmerz zerriss sein Gesicht und entlockte ihm ein gequältes Stöhnen. Da war es wieder, jenes unkontrollierbare Zucken, als wehre sich das Fremde gegen die aufgezwungene Verbindung.
    Saedelaere presste beide Hände aufs Fleisch, um die aufgewühlten Muskeln zu beruhigen. Ein anhaltendes Gurgeln drang aus seiner Kehle ... und dann stand er wieder in der Nasszelle und starrte auf die Spiegelfolie, als könne sie allein Wunder wirken. Sein Puls raste und ließ das Pochen in den Schläfen zum Gewitter anschwellen, während ihm die Augen übergingen und bunte Schlieren auf den Spiegel zauberten. Ein Meer von Farben schien im Rhythmus seines Herzschlags aufzubrechen.
    Endlich fanden Alaskas Finger den kleinen Projektor. Der Schalter rastete deutlich wahrnehmbar neu ein.
    Diesmal schloss er die Augen nicht. Von der ersten Sekunde an wollte er sehen, was Menschen in den Wahnsinn trieb oder in den Tod.
    Seine Anspannung löste sich in einem unkontrollierbaren Zittern. Heiß und kalt wogte es seine Wirbelsäule hinab, während ihm der Schweiß aus allen Poren brach. Innerhalb weniger Atemzüge klebte seine Kleidung klatschnass am Körper.
    Alaska Saedelaere starrte auf den Spiegel, auf dem er nur vage die Konturen seines Schädels wahrnahm und auf dem weiterhin bunte Schlieren einen sinnverwirrenden Reigen tanzten. Er blinzelte — erst verwirrt, dann hektisch. Aus den Augenwinkeln heraus begann sich dasFlirren allmählich aufzulösen.
    Was blieb, war ein menschlich-unmenschliches Gesicht — für das Saedelaere keine treffendere Bezeichnung hatte. Erschrecken lag ebenso in seinem Blick wie Verständnislosigkeit und Furcht. Zu verstehen, was er sah, fiel schwer.
    Alaska Saedelaere streckte den rechten Arm aus und berührte mit den Fingerspitzen die Folie. Zaghaft tastete er über die Stirn seines Abbilds, über die klatschnassen Haarsträhnen. Mit der linken Hand fuhr er sich ins Haar und glitt dann abwärts ...
    ... bis er entschlossen mitten in das strahlende, bebende Etwas hineinfasste, dessen Farbnuancen unaufhörlich ineinander verliefen und sich wie ein Feuerrad von außen nach innen bewegten, als strebten sie einem gemeinsamen Mittelpunkt zu. Vergeblich versuchte Saedelaere, einer dieser Kontraktionen mit dem Finger zu folgen, sie nachzuzeichnen, um vielleicht zu erkennen, was sich da bewegte. Er fand nicht einmal das Zentrum der Farberuptionen, die ihn an brodelnde Protuberanzen erinnerten.
    Vom Haaransatz bis zum Kinn hatte die zähe Masse sein Gesicht gefressen, selbst die Lippen glühten in feurigem Widerschein. Die Frage stellte sich, was geschehen würde, falls die brodelnde Masse wie ein Geschwür

Weitere Kostenlose Bücher