PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
sie. »Was hast du vor? Warum hast du mich hierher geschickt? Lass mich zurückkehren.«
Sie hörte keine Worte, nahm nur zufriedene Entschlossenheit wahr.
Und dann fühlte sie etwas anderes und blieb stehen, denn sie wusste: Sie war nicht mehr allein im Nebel. Langsam drehte sie sich um die eigene Achse und versuchte, in dem trägen grauen Wogen etwas zu erkennen.
»Wer bist du?«, fragte sie. »Wo bist du?«
»Ich bin hier«, ertönte eine Stimme, die die kleine Aiahandra zum ersten Mal hörte. Es war eine Stimme, die von außerhalb kam.
Vor der kleinen Aiahandra teilten sich die Schlieren, und die Gestalt eines zart gebauten Knaben kam aus dem Nebel. Die großen Augen in dem schmalen Gesicht blickten neugierig und verwundert.
»Wer bist du?«, fragte die kleine Alahandra noch einmal.
»Ich bin... Jorgaldarhelmemerek«, antwortete der Junge. Er sah an sich herab. »Und ich bin anders. Das dritte Bein ist fort, ebenso die Ungewissheiten.« Er hob den Kopf. »Was ist das für ein Ort?«
»Wir sind beim Kastell«, sagte das Mädchen, als ergäbe dies einen Sinn für den Knaben mit dem seltsamen Namen. »Die große Alahandra stellt irgendetwas an. Sie ist krank. Wir müssen sie daran hindern, Leben zu zerstören.«
Der Junge begann mit einem sonderbaren Selbstgespräch, bei dem drei verschiedene Stimmen erklangen.
»Wir befinden uns in den energetischen Strömen der Station, Jor-gal. Die Roboter haben auf uns geschossen und unsere Körper getötet, aber du hast im Augenblick des Todes unser Bewusstsein zu dir geholt in die... Maschinenwelt.«
»Memerek?«
»Ja, ich bin ebenfalls hier, Jorgal. Du hast uns gerettet!«
»Hört ihr die Lieder? Hört ihr, wie die Maschinen singen?«
»Ich habe eine... Stimme gehört. Du hast mit jemandem gesprochen.«
»Wir sind nicht allein hier. Es gibt mindestens eine andere Bewusstseinssphäre in den Systemen der Station.«
Die kleine Alahandra hörte verwirrt zu. »Kannst du helfen?«, fragte sie schließlich. »Kannst du mir dabei helfen, die große Ala-handra gesund zu machen? Sie will Leben auslöschen, und das ist nicht richtig.«
»Das Chaoslied«, sagte der Knabe mit einer Stimme, die alle drei Stimmen enthielt. »Ich... verstehe. Die falschen Melodien in dem großen Lied, die verdrehten Formen... Ich kann krumme Linien gerade werden lassen und Dissonanzen durch neue Harmonien ersetzen. Ich kann die Lücken in der großen Symphonie schließen.«
»Etwas ist geschehen«, sagte die kleine Alahandra voller Sorge. »Wir müssen zurück, aber der Nebel gibt mich nicht frei. Irgendwie ist es der großen Alahandra gelungen, mich hier festzuhalten.«
Der Junge trat näher und ergriff ihre Hand. »Ich höre ihr Lied. Komm.«
Seite an Seite gingen die kleine Alahandra und der Knabe durch den Nebel, der sich schon nach kurzer Zeit lichtete, und weiter vorn ragten die Mauern des dunklen Kastells auf. Die große Alahandra stand im Tor, und ihr Haar wogte hin und her, obwohl gar kein Wind wehte.
»Ich wusste, du würdest zurückkehren«, sagte sie. »Aber du kommst zu spät. Es ist bereits geschehen.« Sie presste beide Hände an die Schläfen. »Es schmerzt hier drin.« Dann fiel ihr Blick auf den Jungen. »Wer ist das? Wen hast du mitgebracht?«
»Du bist die Maschinenmutter«, sagte Jorgaldarhelmemerek. »Endlich habe ich dich gefunden.«
Die kleine Alahandra sah Ehrfurcht in seinen Augen, und Glück. »Das ist die große Alahandra. Vor langer Zeit hat sie mich zu sich geholt, um wieder vollständig und damit gesund zu werden. Aber es hat nicht funktioniert. Sie ist noch immer krank.«
Die große Alahandra drehte sich abrupt um und verschwand im Kastell. Das Mädchen sah nach oben - Rauch kräuselte über den hohen Zinnen.
»Ein Feuer«, sagte es. »Sie hat etwas angezündet.«
Die kleine Alahandra und der Junge eilten ins dunkle Kastell, durch Flure und Räume, die das Mädchen gut kannte, obwohl sie ihre Form immer wieder veränderten. Während sie nach der großen Alahandra suchten, kam es erneut zu einem seltsamen Selbstgespräch.
»Memerek, Jorgal, es ist mir gelungen, Datenspeicher zu finden und darauf zuzugreifen«, sagte der Junge mit veränderter Stimme, während er an der Seite der kleinen Alahandra lief. »Ein Teil von mir kann... reisen, in den Systemen und Subsystemen.«
»Verstehst du, was das alles bedeutet?« Diese Stimme hatte einen weiblichen Klang, fand die kleine Alahandra.
»Ich beginne zu verstehen. Die große Alahandra... Offenbar ist sie
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