Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

Titel: PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
und zu täuschen.
    Du musst den Schein wahren!, hatte man ihr eingeimpft, lange bevor sie Lesen und Programmieren konnte. Wir sind die Elite, die Auserwählten. Unsere Sitten und Gebräuche stehen Lichtjahre weit über denen der Primitiven, der Barbaren, der ekligen Unmenschen.
    Ach, waren sie toll! Was für eine unvergleichlich überlegene Fähigkeit, sich verstellen, verbiegen, verschrauben zu können! Sich die Welt zurechtzulegen, wie es gerade opportun erschien. Hier wir, unschuldig und unfehlbar, dort die anderen, Dreckigen, genetisch Verseuchten.
    Herrlich!
    Und dämlich. Das Korsett der überkandidelten Etikette schuf geistige Unbeweglichkeit bis hin zur Lähmung. Die Überbetonung der Oberfläche, der Wahrung von Reputation und Prestige um jeden Preis, der Tradition, Selbstbewusstsein fast ausschließlich daraus zu ziehen, wie gut man Konventionen erfüllte, trieb bizarre Blüten. Studienkolleginnen von Aykalie arbeiteten in dubiosen Galerien, die in Wahrheit nichts anderes als verkappte Bordelle waren. Hochnäsig auf sie hinabzuschauen, stand freilich gerade ihr nicht an. Auch sie war eine Hure, auch sie hatte sich verkauft: ans Energiekommando, an den von ihrer Familie ausgesuchten, standesgemäßen Ehemann, letztlich in ähnlicher Weise an den Liebhaber, mit dem sie längst mehr Zweckbündnis als Leidenschaft verband.
    Vielleicht versetzten ja gerade die unvermittelt aufgetauchten Le-murer ihren Nachfahren einen Anstoß, verkrustete Strukturen aufzubrechen. Sehr optimistisch war Aykalie diesbezüglich nicht. Aber noch ließ sich nicht einmal ansatzweise absehen, welche Auswirkungen die Sternenarchen längerfristig für Akon mit sich brachten.
    Wer weiß, was geschieht, wenn dieser Levian Paronn tatsächlich auftaucht? Ach, wahrscheinlich wird er genauso schnell vom System geschluckt wie alle anderen auch.
    Ein akustisches Signal riss Aykalie aus ihrem melancholischen Brüten. Der Servo des Arbeitszimmers meldete eine mit höchster Dringlichkeit signierte Nachricht. Jemand wollte übers interplanetare Netzwerk mit ihr kommunizieren. Nachdem sie sich mit der Hand übers Gesicht gefahren war, im untauglichen Versuch, die trüben Gedanken wegzuwischen, aktivierte sie den Holoschirm ihres Syntrons und nahm den Anruf an.
    Das Holo zeigte eine Akonin. Aykalie erkannte die Frau mit den leicht schräg stehenden Wangenknochen, dem kupferfarbenen, im Nacken zu einem lockeren Knoten geschlungenen Haar und den matt graugrünen Augen, in deren blauschwarzen Pupillen goldfarbene Einschlüsse funkelten: Solina Tormas, Historikerin und Archäologin, derzeit wie alle Besatzungsmitglieder der LAS-TOOR im »Regenerationszentrum für Stabsoffiziere der Siebenten Flotte« auf Eis gelegt.
    Von wo aus sie eigentlich keinerlei Möglichkeit haben sollte, Netzwerk-Gespräche zuführen!
    »Überrascht?«, fragte die Historikern und hob die Hand. »Hör mir kurz zu, bevor du die Syntron-Sicherheit der Flotte verständigst. Ohne Frage kannst du mich jederzeit wieder von der Außenwelt abschotten lassen. Das wäre aber ein grober Fehler, Hochgnädige Aykalie von Taklir, den du schmerzlich bereuen würdest.«
    »Du drohst mir?«
    »Ich weise dich in quasi kollegialer Verbundenheit daraufhin, dass wir, Eniva ta Drorar und ich, mehrere umfangreiche pseudo-autarke Datei-Konstrukte ins HistNet eingeschleust haben. Zeitbomben, wenn du so willst. Unauffindbar, zumindest innerhalb der nächsten Stunden, und momentan inaktiv. Noch. Sollten wir ihnen jedoch nicht in spätestens zehn Minuten einen entsprechenden Befehl zukommen lassen, öffnen sie sich und machen mit einem syntronischen Feuerwerk auf ihre Inhalte aufmerksam, dass die Wände wackeln. Dann verfügt mit einem Schlag die gesamte Galaxie über mein umfangreiches Datenmaterial, die Archen betreffend. Die Konsequenzen kannst du dir ausrechnen.«
    Aykalie war, als hätte man ihr einen Hieb in den Magen versetzt. Sie rang nach Luft und nach Worten. Versuchte verzweifelt, Anhaltspunkte dafür zu finden, ob Tormas bluffte oder nicht.
    Das HistNet war ihr natürlich ein Begriff, obwohl sie es während der Studienzeit selten genutzt hatte. Das war an der Fakultät nicht gern gesehen worden, da man diese galaxisweite, universitäre, nicht-kommerzielle Einrichtung als eine ursprünglich terranische Erfindung automatisch für potentielle Teufelei hielt. Außerdem kannte HistNet - eine schreckliche Vorstellung für die auf Exklusivität bedachten Akonen! - keinerlei Zugangsbeschränkungen. Man war

Weitere Kostenlose Bücher